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Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart
Autoren: Guttenberg Biographie
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nichts
Revanchistisches, sondern beschreibt die Wirklichkeit des endenden ersten
Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts. Die Geschwindigkeit
und Selbstverständlichkeit, mit der andere, ältere Politiker ihm folgen, hat
noch einen anderen Grund als die Sorge, der populäre Guttenberg könnte ihnen
vollends davoneilen. Es scheint, als seien sie erleichtert, dass ein unverdächtiger
junger Politiker diese Restlast der deutschen Geschichte auf politisch völlig
korrekte Weise aus dem Weg räumt. Da riecht nichts streng, diesen Weg kann
jeder Demokrat mitgehen, ohne in den Verdacht zu kommen, etwas verdrängen zu
wollen.
    Seinen Erfolg hat Guttenberg also
nicht in der eigentlichen Außen- und Sicherheitspolitik. Den Einsatz der
Bundeswehr in Afghanistan beeinflusst sein Handeln ja nicht wirklich. Er
gewinnt nicht den Krieg in Afghanistan, indem er die Truppenzahl verdreifacht
oder die Strategie ändert, er beendet ihn nicht, indem er die Bundeswehr
abzieht. Er führt eine innenpolitische Debatte über außen- und
sicherheitspolitische Vorgänge. Der Verteidigungsminister verändert die
Wirklichkeit in Deutschland, nicht die in der Welt.
    Hätte er auch auf anderen Feldern
so wirken können oder könnte es in Zukunft? Das ist eine theoretische Frage.
Zweifellos lässt sich Wucht besonders gut entwickeln, wenn es um Krieg und
Frieden, Leben und Tod, Vergangenheit und Zukunft des Landes geht. Aber das
seinem Handeln innewohnende Versprechen, die Wirklichkeit des Landes zu
verändern, mindestens mal auf den Stand der Zeit zu bringen, wie bei der
Wehrpflicht, ließe sich auch auf andere politische Felder sinnvoll anwenden.
Seit acht Jahren gibt es eine Hartz-Debatte über den Sozialstaat, die
günstigstenfalls nach der Devise zwei Schritte vor, einen zurück verläuft. Da
mag mancher an die sieben Monate denken, die zwischen der ersten Ankündigung
des Verzichts auf die Wehrpflicht bis zum Einziehen der letzten Rekruten
vergingen. Der Bildungsföderalismus, das Gesundheitswesen, das Steuersystem -
gordische Knoten gibt es in Hülle und Fülle für jemanden, der sie zerschlagen
kann.
    Guttenberg nennt sich einen modernen
Konservativen. Stimmt das? Nur weil er mit einer adligen Frau verheiratet ist
und zwei Kinder hat, macht ihn das noch nicht konservativ. Zur katholischen
Kirche hat er kein übertrieben inniges Verhältnis, dem katholischen
Mystizismus und Fundamentalismus, den Teile seiner Verwandtschaft
praktizierten oder praktizieren, ist der Mann einer protestantischen Ehefrau anscheinend
folgenlos entkommen. Und zu anderen Themen, an denen gemeinhin eine
konservative Gesinnung abgelesen wird - Familienpolitik, Abtreibung oder
Genforschung -, äußert er sich kaum. Altgriechisch im Original lesen und
Klavier spielen mag konservativ sein, AC/DC-Hardrock hören nicht. Karl-Theodor
Freiherr von und zu Guttenberg kommt von Herkunft und Habitus her als
Konservativer durch, gleichzeitig aber als weltoffener, gesellschaftspolitisch
moderner Politiker. Kein Label bleibt wirklich an ihm hängen. Diese Beliebigkeit
macht es schwer, ihn anzugreifen. Noch ist er zu beliebt, als dass jemand offen
von Prinzipienlosigkeit sprechen würde.
    Die Botschaft Klarheit und
Wahrheit versucht Guttenberg auch in seinen Reden zu verkörpern. Viele halten
ihn für einen brillanten Redner. Das kann im Ernst aber nur sagen, wer ihm
ein-, höchstens zweimal zugehört hat - also die meisten derjenigen, die bei den
Umfragen seine Beliebtheitskurve nach oben steigen lassen.
    Guttenberg hält seine Reden in der
Regel frei. Damit kokettiert er gern, indem er von seinem Redemanuskript
spricht, das sich aber, als er es hochhebt, bloß als eine weiße Serviette
entpuppt, die neben dem Wasserglas lag. Ich brauche so etwas nicht, soll das
heißen. Schon das ist ein Hinweis, dass es nicht etwa mühsam ist, dem
Verteidigungsminister zuzuhören. Im Gegenteil. Der Schwung, mit dem er die
Podien seiner Auftritte zu betreten pflegt, setzt sich während der Rede fort.
Körperhaltung, Gestik und Mimik passen perfekt zueinander und zu den Inhalten.
Er hält Augenkontakt mit dem Publikum, er artikuliert sehr genau, spricht klar
und akzentuiert. Empört er sich darüber, dass dieses oder jenes doch nun wirklich
mal gesagt werden müsse, ruft er sein »Ja, wo kommen wir denn da hin!« in den
Saal, so strahlen Körperhaltung und Mimik die Entrüstung ebenso aus wie die
mitschwingende Ankündigung einer klaren Richtungsbestimmung. Karl-Theodor zu
Guttenberg sagt, wo es
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