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Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart
Autoren: Guttenberg Biographie
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für ihn ein.
    Die Offenheit, Klarheit und
Akkuratesse seines Benehmens findet sich zugleich in seinen politischen
Verhaltensweisen wieder. Guttenberg gewinnt dadurch, dass er Entwicklungen, die
offenbar sind und doch von niemandem angesprochen werden, geradeheraus benennt.
Wenn die führenden Politiker von SPD und Union sich einig sind, dass Opel mit
Staatsgeldern geholfen werden muss, und gar nicht mehr merken, dass die
Menschen im Land das nicht wollen, dann spricht er für eine Insolvenz des
Autobauers. Wenn alle Deutschen sehen, dass die Bundeswehr in Afghanistan an
einem Krieg teilnimmt, aber kein Politiker sich traut, das zu sagen, dann tut
Karl-Theodor zu Guttenberg das. Mit der Wehrpflicht hat er es nicht anders
gemacht: Die Tatsachen angesehen, analysiert und dann schnell gehandelt.
Guttenbergs Qualität ist es bislang nicht, eigene Ideen zu haben, politische
Projekte zu entwickeln.
    Sein Vorgänger als Verteidigungsminister,
Franz Josef Jung, hat vieles getan, um der Situation der Bundeswehrsoldaten in
Afghanistan Rechnung zu tragen und den Soldaten die ihnen zustehende
Anerkennung zukommen zu lassen. Er hat eine Tapferkeitsmedaille eingeführt, die
Toten Gefallene genannt und ihnen ein Mahnmal errichtet. Aber immer halblaut,
immer in der Sorge, es könnte Proteste geben. Was macht Guttenberg? Er nennt
die Toten die Helden eines Krieges und hält die Trauerfeiern in der Kirche ab
statt in einem Hangar. Da muss sogar die Kanzlerin hin und eine Ansprache
halten, und weitere Minister des Bundeskabinetts erscheinen in den Gotteshäusern.
Guttenberg führt sie alle vor. Jeder kann sehen: Merkel und die anderen haben
einfach nicht den Schneid, die Wirklichkeit beim Namen zu nennen. Nicht von
ungefähr taucht in den Reden des Ministers immer wieder die Formulierung auf,
etwas »müsse doch mal gesagt werden dürfen«.
    Er ist wie der Stürmer einer
Fußballmannschaft, der den Ball nicht so lange hin und her spielt, bis die
Chance zum Schuss endgültig vorbei ist, sondern die Gelegenheit riecht und
sofort nutzt. Er baut das Spiel nicht über eine lange Strecke auf, arbeitet
sich nicht mühsam nach vorne, Rück- und Umwege eingeschlossen. Er schießt.
Manche nennen so etwas einen Abstauber. Andere sagen, da hat einer Instinkt.
Jedenfalls werden diese Spieler mehr beklatscht als die im defensiven
Mittelfeld.
    Wieso darf Guttenberg all das
nicht nur, sondern erntet damit auch noch so viel Zustimmung? Es ist noch
nicht lange her, dass in Deutschland eine Regierung, die rot-grüne, daran zu
zerbrechen drohte, dass sie die Bundeswehr in Militäreinsätze auf dem Balkan
und in Afghanistan schickte. Sie musste das schwerste argumentative Geschütz
auffahren, das der deutschen Politik zur Verfügung steht, um den Kosovo-Krieg
gegen Kritik in den eigenen Reihen und der Bevölkerung durchzusetzen: Nie
wieder Auschwitz! Hätten sich Schröder, Fischer oder gar der damalige
Verteidigungsminister Rudolf Scharping nach dem Tod eines Bundeswehrsoldaten in
eine Kirche neben dessen Sarg gestellt und ihn einen Kriegshelden genannt,
wären sie in kürzester Zeit unter einer linksliberalen Empörungswelle, erzeugt
von Parteien, Öffentlichkeit, und Medien, begraben worden. Selbst die
nachfolgende große Koalition rang mit der Terminologie, scheute die Klarheit
im Umgang mit Tatsachen, die andere Länder seit jeher beim Namen nennen. In
Amerika werden gefallene Soldaten selbstverständlich als Kriegshelden
bezeichnet und auf Ehrenfriedhöfen beigesetzt, ihre Namen werden vom Pentagon
veröffentlicht, so dass jeder Amerikaner sehen kann, wer für das Land gekämpft
hat und gestorben ist.
    Es hieße, Guttenberg zu überhöhen,
wenn man es nur auf sein Charisma zurückführen würde, dass ihm so etwas gelingt.
Wichtiger dafür, dass er statt der düstersten Seite der deutschen Geschichte,
Auschwitz eben, deren hellere zitiert, also Stauffenberg, ist sein Alter. Er
gehört einer Generation an, die nicht mehr mit dem VW-Käfer groß wurde, also
einem Auto mit Wurzeln in der Hitlerzeit, sondern mit dem Golf. Guttenbergs
Vater konnte bei Tisch nicht von den eigenen Erfahrungen im Schützengraben
oder in der Kriegsgefangenschaft erzählen, sein Großvater starb zu früh, als
dass der junge Karl-Theodor von ihm Geschichten aus dem Krieg hätte hören
können.
    Guttenberg ist der erste
prominente deutsche Politiker, der die Generation Loveparade verkörpert. Wenn
er die Geschichte vom tapferen deutschen Soldaten erzählt, so hat das
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