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Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart
Autoren: Guttenberg Biographie
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ökonomische Ungebundenheit macht es ihm leicht zu verkünden, er könne ja
jederzeit gehen. Denn es ist einfacher, niemandes Knecht zu sein, wenn man
Millionen im Rücken hat.
    Guttenbergs eigene Prägung durch
seine Herkunft ist nur eine Seite der Adelswirkung. Die andere hat mit den
Phantasien und Sehnsüchten zu tun, die auf den Adel gerichtet sind. Für
Adelsromantiker ist schon die Vorstellung von jemandem, der auf einem Schloss
aufgewachsen ist und dort wohnt, der Pferde hält, auf die Jagd geht und
Ländereien besitzt, ein Faszinosum. Dass die Familie Guttenberg seit
Jahrhunderten an einem Ort lebt, der dazu genauso heißt wie sie, weckt Assoziationen
von Beständigkeit, Zuverlässigkeit und einer besonderen, tief reichenden
Verwurzelung in der Geschichte. Tatsächlich können die Guttenbergs sich auf 850 Jahre Geschichte
berufen.
    Adel weckt aber auch Sehnsüchte
anderer, quasipolitischer Art, nach einer Gesellschaft, in der die Führung sich
durch Tugenden wie Mut und Anständigkeit leiten lässt, sich allein dem Wohl
der ihr Anvertrauten verpflichtet fühlt, Verantwortung übernimmt, ohne dem Volk
nach dem Mund zu reden. Das trauen viele Bürger den »normalen« Politikern nicht
mehr zu, einem Adligen, der ganz anders ist, aber offensichtlich schon. Gerade
junge Leute in Deutschland können heute der Monarchie mehr abgewinnen als die
Älteren. Dahinter steht Verdruss an der Demokratie und eine Sehnsucht nach
Führungspersonen, die sich von der Mehrheit der Politiker abheben, die oft als
grau, selbstgenügsam und unehrlich empfunden werden und die an ihrem Stuhl
kleben, solange es geht.
    Guttenberg hingegen werden
Charisma, Leidenschaft und Ehrlichkeit zugeschrieben. Er scheint die Sehnsucht
nach einer Führungsfigur anderen Typs auf sich zu ziehen. Guttenbergs Erfolg
resultiert also nicht so sehr aus dem, was er getan hat, sondern aus dem, wofür
er steht und was auf ihn projiziert wird. Dafür spielt seine Herkunft eine
wichtige Rolle. »Die Leute wollen zu jemandem aufschauen können. Es gibt die
Sehnsucht nach dem guten König, nach demjenigen, der nah und doch unerreichbar
ist«, sagt einer aus der Bundesregierung.
    Die Familienhistorie der Guttenbergs
befördert, dass ein solches Aufschauen möglich ist. Mitglieder der Familie
waren im Widerstand gegen Hitler, kamen gar ums Leben, das scheint nahezulegen,
dass Adlige aufrecht und unerschütterlich für eine gute Sache kämpfen. Indem er
diese Vorfahren als seine Vorbilder bezeichnet, stellt sich Guttenberg in deren
Tradition, nimmt die gleiche Haltung für sich in Anspruch. Notfalls für eine
Sache sterben zu können, gehört dazu. Die verwandtschaftliche Beziehung zu den
Stauffenbergs verstärkt dieses Bild. Denn der Hitler-Attentäter Claus Schenk
Graf von Stauffenberg ist die Lichtgestalt der deutschen Geschichte des 20.
Jahrhunderts. Guttenberg selbst hat sich zwar zu Fragen nach solchen Vorbildern
stets, wie er selbst sagen würde, »in aller gebotenen Demut« geäußert; aber er
hat auch diejenigen kritisiert, die mit einer - seiner Ansicht nach - allzu
kritischen Herangehensweise solche Denkmäler vom Sockel stoßen wollten. Zu
Stauffenberg, dem Heros des Widerstands, gesellt sich durch Guttenbergs Frau
noch der große Deutsche des 19. Jahrhunderts, Otto von Bismarck. So stehen die
Guttenbergs in einer Reihe mit zwei großen Helden der jüngeren deutschen
Geschichte: Stauffenberg und Bismarck - mehr historischer Glanz geht nicht.
     
    Klarheit und
Wahrheit
     
    Karl-Theodor zu Guttenberg ist ein
außergewöhnlich höflicher, sogar ein freundlicher Mensch. Das hat viel mit
seiner Erziehung zu tun, ist aber wohl auch eine Charaktereigenschaft. Er
pflegt Menschen per Handschlag zu begrüßen, sofern das machbar und die Fülle
der ihm Begegnenden nicht zu groß ist. Besteigt er den Hubschrauber, der ihn so
häufig befördert, begrüßt er zuvor an der Cockpit-Tür die Piloten persönlich.
Der Flugbegleiterin nimmt er den Kaffee ab, den sie ihm gerade bringt. Er hält
Damen die Tür auf und trägt ihnen, aber auch Herren, selbstverständlich schwere
Taschen. Es sind Formen der Höflichkeit, die auch in Deutschland früher einmal
üblich waren, aber im Zeichen von Feminismus und der Verachtung von
Sekundärtugenden verdrängt wurden. Viele finden es überraschend und
beeindruckend, solche Höflichkeit von einem vergleichsweise jungen Mann zu erleben.
    Guttenberg führt sich also nicht
auf wie ein Superpromi, der seine Umwelt nur noch als Apparat
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