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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs
Autoren: Richard Dübell
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eingepackt. Dieser hatte immerhin daran gedacht, einen zweiten Satz Satteldecken mitzunehmen, damit die Pferde sich nicht an den durchgeschwitzten Auflagen wund rieben.
    Nur eines hatten die beiden vergessen: Die Herbergspreise waren hoch jetzt in der Marktsaison, besonders da dieses Jahr der Gänsemarkt von Nottingham, der als der größte weit und breit galt, vorverlegt worden war. Außerdem war wegen der Krönung König Richards beinahe ganz England auf Reisen – ein gefundenes Fressen für alle geschäftstüchtigen Herbergsbesitzer.
    Als Robert und Edith in die Schankstube traten, musterten die anderen Gäste sie nur kurz, dann ging es sofort wieder weiter mit Zechen, Streiten und Scherzen. Der Raum war voll, es stank nach ungewaschenen Füßen, verschwitztem Leder, feuchtem Kaminholz und Bier. Die meisten Reisenden wollten wohl auch nach London und waren durch das Unwetter aufgehalten worden.
    In einer Ecke hatte sich ein leidenschaftliches Wortgefecht entzündet.
    »Und wer ist schuld?«, rief einer auf Angelsächsisch. »Die Normannen, das ist doch klar!«
    »Na, na!«, sagte ein anderer mit normannischem Akzent. Er blieb jedoch friedlich, offensichtlich, weil er der Einzige seines Volkes im Raum war.
    »Es ist König Henris Schuld. Schließlich hat er die Handelsstraßen verkommen lassen.«
    »Aber die Wege, die seine Soldaten benutzten, hat er prächtig gepflegt.«
    »König Henri ist tot. König Richard muss sich jetzt um solche Dinge kümmern.«
    »Noch ist Richard nicht König, du Trottel! Ich sag dir, die Juden sind schuld. Wenn sie König Henri mehr Kredite gegeben hätten, hätte er die Wege in Schuss halten können. Ohne gute Straßen ist kein Handel möglich.«
    »Die meisten Juden sind doch selbst Händler, Holzkopf! Denen liegt doch am meisten daran, dass der Güterverkehr funktioniert.«
    »Genau, Leute. Und deshalb sag ich euch: Schuld ist der Papst in Rom! Er will nicht, dass es uns Engländern gut geht, seit König Henri bei ihm in Verschiss geraten ist.«
    »Aber König Henri ist doch tot, Mensch!«
    Der Wirt trat mit herablassender Miene zu den Neuankömmlingen und wandte sich an Robert: »Mylord?«
    »Es ist vermutlich müßig, nach zwei Schlafkammern zu fragen?«
    Das Schweigen des Wirtes war Antwort genug.
    »Plätze im Schlaflager?«
    »Wie viele Köpfe zählt Eure Begleitung, Mylord?«
    »Wir sind zu zweit.«
    Der Wirt zog die Augenbrauen hoch und musterte Robert und Edith erneut. »Nur Ihr und Eure … äh … Braut?«
    »Meine Schwester.«
    Dieses Gespräch hatte sich überall, wo sie bisher eingekehrt waren, wiederholt. Zwei Leute allein unterwegs, das fiel sofort auf. Das einfache Volk reiste in Gruppen. Wer allein war, schloss sich schnell anderen an. So fühlte man sich besser gewappnet gegen Wegelagerer und konnte auch billiger reisen, weil man sich die Kosten für das Einstellen der Pferde, das Futter und die Herberge teilen konnte. Adelige führten einen Tross von Bediensteten mit sich; das galt selbst für die verarmten angelsächsischen Barone. Nur die misstrauisch beäugten Wandermönche gingen allein ihrer Wege.
    »Aber warum …«, begann der Wirt.
    »Wir sind zu zweit, Herr Wirt«, sagte Edith ungehalten. »Und wenn Euch das nicht passt, dann beschwert Euch beim Papst oder meinetwegen bei König Richard. Zu dem wollen wir nämlich, weil wir mit ihm verwandt sind. Und wenn Euch das auch nicht passt, Herr Wirt, dann könnt Ihr gern mitkommen und es dem König persönlich mitteilen!«
    »Oh«, sagte der Wirt und hob beide Hände, »ich wusste ja nicht, wie bedeutend Ihr seid, Mylady!«
    Dass der Wirt ihr kein Wort glaubte, zeigte sich sofort: Edith erhielt nur ein Lager unterm Dach, das sie mit Bauersfrauen, Mägden und den Töchtern der Wirtsfamilie teilen musste. Robert bekam einen Schlafplatz in der Schankstube.

6
    N achdem Edith eine ihrer Mitbewohnerinnen dazu überredet hatte, auf ihre Sachen aufzupassen, traf sie sich wieder mit Robert unten in der Schankstube. Edith trat kurz in den Innenhof, um frische Luft zu schöpfen, doch auch dort war es drückend.
    Der Herbergswirt bot einen Eintopf an für alle, die nichts dabeihatten oder zu bequem waren, sich in der Küche selbst etwas zuzubereiten. Da der Preis jedoch besser zu einem ausschweifenden Festmahl gepasst hätte, erhob sich hie und da Gemurre.
    »Für mich eine Portion ohne Knochen, Wirt!«
    »Was für Knochen, du Optimist? Glaubst du, der tut Fleisch in den Eintopf?«
    »Ich hätte meins gern in einer
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