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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs
Autoren: Richard Dübell
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nicht angemessen!«
    Edith warf Victor einen Seitenblick zu. »Sagt er das?«
    »Wenn du es genau wissen willst, junge Dame: Ja, so hält man es in den guten Familien in meiner Heimat.«
    »Woher sollte Victor wissen, wie es in guten Familien zugeht?«
    Lady Diane blinzelte. Als sie merkte, was Edith da gerade rausgerutscht war, zischte sie: »Eine Unverschämtheit! Und das ausgerechnet gegenüber dem Mann, der nun deine Heimat beschützt.«
    »Kyme hat einen Beschützer: Euren Gatten, Mylady«, rief Edith hitzig. »Es braucht keinen Ehebrecher als Hüter!«
    »Was fällt dir ein!?«, schrie Diane. Sie schlug mit der Faust auf das Schreibpult. Brion griff hastig nach dem Tintenfässchen, aber es war zu spät. Das Fässchen fiel um und kullerte quer über den Bogen, bis es auf den Boden fiel, von dem Brion es aufhob. Über Pergament und Fußboden zog sich eine glänzende schwarze Spur. Das kostbare Schreibmaterial war ruiniert. Diane starrte verbissen auf die Bescherung.
    »Das war deine Schuld, Edith!«, fauchte sie.
    Edith wollte auffahren. Da trat plötzlich Brion wie zufällig zwischen sie und Lady Diane und stellte das Tintenfässchen zurück auf das Schreibpult. Unter gesenkten Brauen hervor warf er ihr einen drängenden Blick zu, der nichts anderes heißen konnte als: Halt dich zurück!
    Victor betrachtete den Schaden. »Das war sehr gutes Pergament«, sagte er auf Normannisch, »und sehr teuer.« Er deutete auf die silberne Bügelfibel, eine Spange, die Ediths Gewand am Hals zusammenhielt. »Mindestens der Gegenwert dieses Schmuckstücks. Ich fürchte, Lady Diane, Eure Tochter muss sich davon trennen, um den Schaden zu ersetzen.«
    »Das fürchte ich auch!«, sagte Diane.
    Auch Bruder Brion konnte Edith jetzt nicht mehr zur Mäßigung bewegen. Der Gedanke, dass dieser unverschämte Normanne so tat, als hätte er bereits das Sagen auf Kyme, brachte sie zur Weißglut. »Was mischt Ihr euch ein, Victor? Was Euch betrifft, bin ich die Herrin von Kyme!«
    Victors Miene verfinsterte sich.
    »Wer ist hier die Herrin von Kyme?«, kreischte Diane. »Du vielleicht, du aufgeblasenes Küken? Was für eine Frechheit! Ich sollte dir das Fell gerben lassen. Die Herrin von Kyme! Dass ich nicht lache! Du bist noch nicht trocken hinter den Ohren und reißt den Schnabel auf. Hast noch nichts geleistet und tust so, als gehöre dir die Welt. Barfuß sollte ich dich mit den Gänsemägden auf die Weide schicken, damit du weißt, was dein Besitz ist!«
    »Aber, aber, meine Liebe«, sagte Victor sanft. »Reg dich nicht auf. Sie ist doch noch ein Kind, das nicht weiß, wo sein Platz ist.«
    »Ich weiß genau, wo mein Platz ist!«, schrie Edith. »Und ich weiß auch, wo Eurer ist!«
    »Ach, du weißt, wo dein Platz ist?«, sagte Diane in eisigem Ton. »Na gut. Ich wollte es zwar erst in den nächsten Tagen verkünden, in feierlichem Rahmen, aber da du es nicht anders willst …«
    Victor grinste Edith selbstgefällig an. Ihr Zorn verrauchte und eine böse Vorahnung ließ sie erschauern.
    »Du wirst heiraten!«, sagte Diane.
    »Ich werde … was?«, stotterte Edith.
    »Du bist fünfzehn, Edith! In deinem Alter saßen Königinnen schon auf dem Thron, ein Kind im Arm und ein weiteres in ihrem Leib.«
    »Aber ich bin keine Königin!«, brachte Edith hervor. Eine eisige Kälte breitete sich in ihrem Körper aus, Hände und Füße fühlten sich taub an.
    »Nein, aber du bist die junge Lady de Kyme, wie du nicht müde wirst herauszukehren. Es ist höchste Zeit für dich zu lernen, dass mit der Würde auch Verantwortung einhergeht.«
    »Aber … aber …«
    »Dein zukünftiger Ehemann«, fuhr Diane fort, »ist Ebratz d’Aspel.«
    »Mein Cousin sechsten Grades«, fügte Victor hinzu. »Ihr werdet ihn schon bald persönlich kennenlernen.«
    Edith starrte ihre Mutter an. Gerade eben hatte sie noch einwerfen wollen, dass für eine Heirat erst die Zustimmung ihres Vaters eingeholt werden müsse, und da das bei einem Verschollenen ja wohl kaum möglich sei, sei Dianes Plan damit null und nichtig. Doch da war ihr bereits klar, wie der Hase lief.
    »Wenn Vater erst für tot erklärt ist«, sagte sie, »und Ihr Victor geheiratet habt …«
    »Messire Victor für dich, junge Dame!«
    »… dann werft Ihr mich seinem lausigen Cousin sechsten Grades vor, damit ich aus dem Weg bin!«
    »Du hast deine Pflicht als Tochter zu tun.«
    »Papa wird das nie zulassen! Er kann jeden Tag zurückkehren. Es gibt keinen Beweis, dass er tot ist. Vielleicht ist er
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