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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs
Autoren: Richard Dübell
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keuchte, die Arme taten ihm weh, das Schwert wog mit jedem Streich schwe-rer – obwohl dies nur ein Übungskampf war. Der Knappe des verhassten Victor d’Aspel machte ihm zu schaffen. Der Kerl nahm keinerlei Rücksicht darauf, dass Robert noch ein halbes Kind war. Beinahe kam es ihm so vor, als wollte der junge Mann ihn ernsthaft verletzen.
    Robert duckte sich unter einem Schwerthieb und wich einem zweiten aus, da glaubte er, eine Lücke in der Deckung des Normannen erspäht zu haben. Doch als er zustieß, schrammte seine Klinge nur über die seines Gegners und wurde abgelenkt. Keuchend fixierten sich die Kämpfenden und fuhren fort, einander zu umkreisen.
    »Schon erschöpft vom Kampf mit einem echten Schwert, Mylord?«, stieß der Knappe hervor.
    Der Spott verfehlte seine Wirkung nicht. Robert griff an, ohne nachzudenken.
    Sein Gegner nutzte die Chance sofort: Schlag von oben, Schlag von der Seite, Schlag von oben!
    Robert stolperte. Zwar gelang es ihm, den nächsten Streich abzublocken, doch dieser war so wuchtig geführt, dass ihm das Schwert aus der Hand geprellt wurde. Sein ganzer rechter Arm fühlte sich taub an. Angst ergriff ihn.
    Victor und Lady Diane waren ausgeritten, der Verwalter Sir Harold war auf den Ländereien Kymes unterwegs. Und Edith war ebenfalls ausgeritten. Damit war Robert seinem Gegner schutzlos ausgeliefert. Das Gesinde würde ihm kaum zu Hilfe kommen. Bedienstete mischten sich schließlich nie in die Angelegenheiten ihrer Herrschaft ein.
    Der Knappe richtete sich auf und wies auf Roberts am Boden liegendes Schwert. »Hebt es auf, Mylord!«
    »Nein«, sagte Robert.
    Der Knappe grinste hämisch.
    »Ich hab die Nase voll«, sagte Robert. »Es sollte ein Übungskampf sein, aber Ihr haut drauf wie ein Verrückter. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich niemals damit einverstanden gewesen, das Holzschwert gegen die Klinge zu tauschen!«
    »Bei uns Normannen spielen die Mädchen mit Holzschwertern. Kein Wunder, dass ihr Angelsachsen gegen uns verloren habt!«
    »Seid ihr deshalb zu uns nach England gekommen, weil euch die Mädchen zu Hause mit Holzschwertern verdroschen haben?«, fragte Robert, der vor Wut die Fäuste ballte, obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug.
    Der Knappe lachte zornig. »Kommt schon, Mylord! Hebt Eure Waffe auf! Hier – ich helfe Euch.« Herablassend hob er die Klinge mit dem Fuß an und katapultierte sie mit Schwung in die Luft. Im Reflex fing Robert sie auf. Trotzdem war es schon zu spät: Die Klinge des Gegners traf ihn in die Seite, er knickte ein, fiel auf die Knie und krümmte sich vor Schmerz. Ungläubig blickte er zu seinem Peiniger auf.
    »Pardon!«, rief der Knappe in gespieltem Entsetzen. »Ihr seid doch nicht etwa verletzt?«
    Vergeblich versuchte Robert aufzustehen.
    »Na los, Mylord. So schlimm ist das doch nicht. Aber wenn Ihr noch ein bisschen hier liegen bleiben und flennen wollt …«
    »Was ist denn hier los?«
    Robert war froh, die vertraute Stimme zu hören. Sie gab ihm genug Kraft, dass er sich halb aufrichten konnte. Edith war zurückgekommen!
    »Was fällt euch beiden ein, mit echten Waffen zu üben! Seid ihr wahnsinnig geworden?« Edith beugte sich zu ihrem Bruder herab. »Beim heiligen Andreas! Bist du verletzt?«
    »Nein«, ächzte Robert.
    »Die Klingen sind noch stumpf, Mylady«, sagte der Knappe. »Wir haben die halb fertigen Waffen aus der Schmiede geholt.«
    Robert blickte beschämt zu Boden.
    »Wir haben nur ein wenig geübt«, sagte der Knappe. »Ganz harmlos.«
    »Harmlos?«, keuchte Robert. »Wenn die Klinge scharf gewesen wäre, hättet Ihr mich in zwei Hälften gespalten!«
    »Lord Wilfrid hätte so etwas nie geduldet«, sagte Edith. »Mit einem Schwert kämpft man auf dem Schlachtfeld und nicht gegen unerfahrene Knaben.«
    »Im Heiligen Land hätte Lord Wilfrid sicher ausreichend Gelegenheit gehabt, sein Schwert zu benutzen – wenn er es jemals bis dorthin geschafft hätte«, erwiderte der Knappe boshaft.
    Stille senkte sich über den Burghof. Dass das Schiff Lord de Kymes gesunken war, bevor er das Heilige Land hatte erreichen können, wusste jeder. Die Worte des Knappen bedeuteten nichts anderes als dies: Wilfrid hatte in seiner Eigenschaft als Ritter versagt. Er hatte keine Gelegenheit gehabt, sein Schwert in der Schlacht zu gebrauchen.
    »Ihr könnt ihn ja fragen, wenn er zurückkommt!«, flüsterte Edith.
    »Ich werde ihn fragen, falls er zurückkommt, Mylady«, erwiderte der Knappe. Dann wandte er sich wieder an Robert,
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