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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten
Autoren: Ellis Peters
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zu sprechen.
    Cadfael kümmerte sich nach der Prim um seinen verbliebenen Patienten. Es war nur gut, genauso weiterzumachen wie in den vergangenen Tagen. Zwei Stunden sollten ein guter Vorsprung sein, und irgend jemand mußte als erster hinein - nein, nicht als erster, denn gewiß war Melicent vor ihm dagewesen; doch einer mußte der erste der möglichen Feinde sein - derer, die nicht eingeweiht waren.
    Er öffnete die Tür der Zelle und blieb auf der Schwelle stehen. Im düsteren Licht blickten ihm zwei bleiche Gesichter fast Wange an Wange entgegen. Melicent saß auf der Bettkante und stützte den Benutzer des Bettes mit dem Arm, denn dieser hatte sich erhoben und sich einen Mantel um die nackten Schultern gelegt, weil er diesem Augenblick aufrecht entgegensehen wollte. Unter dem Verband auf der gebrochenen Rippe mußte ein aufgeregtes, freudiges Herz schlagen, und die Augen, die Cadfael entgegenstarrten, waren nicht nußbraun, sondern fast so dunkel wie das schwarze Lockengewirr auf dem Kopf.
    »Wollt Ihr dem Herr Beringar mitteilen«, sagte Elis ap Cynan, »daß ich meinen Ziehbruder aus seinen Händen genommen habe und hiergeblieben bin, um alles anzunehmen, was gegen ihn vorgebracht werden mag? Er hat für mich den Hals in die Schlinge gesteckt, und ich tue jetzt dasselbe für ihn.
    Was immer das Gesetz gegen ihn vorbringt, soll mir an seiner Statt geschehen.«
    Es war gesagt. Er holte tief Luft und zuckte zusammen, als die Rippe stach, aber in Erwartung seines Schicksals war er nun, da der erste Schritt getan war und es nichts weiter zu verbergen gab, ganz ruhig.
    »Es tut mir leid, daß ich Mutter Mariana täuschen mußte«, erklärte er. »Sagt ihr, daß ich sie um Vergebung bitte, aber es gab keinen anderen Weg, der allen hier gerecht geworden wäre. Ich will nicht, daß irgend jemand anders das vorgeworfen wird, was ich getan habe.« Und mit einer plötzlichen impulsiven Schlichtheit fuhr er fort: »Ich bin froh, daß Ihr es wart, der kam.
    Schickt rasch nach Shrewsbury, denn ich werde froh sein, wenn dies vorbei ist. Und Eliud ist jetzt in Sicherheit.«
    »Ich werde Eure Botschaften überbringen«, entgegnete Cadfael ernst. »Beide Botschaften. Und ich werde keine Fragen stellen.« Nicht, ob Eliud in den Plan eingeweiht gewesen war, denn er kannte die Antwort bereits. Für alle, die es nötig gefunden hatten, ihre Augen zu schließen und ihre Ohren taub zu stellen, war Eliud glücklich seiner verzweifelten Lage und seiner erbärmlichen Schuld entronnen. Einer der Träger auf der Straße nach Wales würde sich einem aufgeregten, verwirrten Kranken gegenübersehen, wenn der lange, tiefe Schlaf endete.
    Aber am Ende dieser erzwungenen Flucht wartete Cristina, egal, welche Maßnahmen Owain Gwynedd ergriff.
    »Ich habe so gut wie möglich vorgesorgt«, sagte Elis ernst. »Man hat eine Botschaft vorausgeschickt, sie wird ihm entgegenkommen, um ihn zu treffen. Es wird ein schwerer Weg werden, aber er wird leben.«
    Seit jenem Überfall auf Godric's Ford schien Elis ap Cynan sehr gereift zu sein. Dies war nicht mehr der Junge, der seine nervöse Angst in der Gefangenschaft überwinden wollte, indem er seinen Häschern mit unschuldigem Gesicht walisische Beleidigungen entgegenschleuderte. So wie sie nicht mehr das Mädchen war, das ahnungslos dem Traum gehuldigt hatte, den Schleier zu nehmen, bevor sie überhaupt wußte, was Ehe oder Berufung bedeuteten.
    »Anscheinend war die Sache gut organisiert«, sagte Cadfael beifällig. »Nun denn, ich muß gehen und sie bekanntmachen - hier und in Shrewsbury.«
    Er hatte die Tür hinter sich schon halb geschlossen, als Elis ihm nachrief: »Und würdet Ihr dann zurückkommen und mir helfen, meine Kleider anzulegen? Ich möchte Hugh Beringar anständig bekleidet und auf meinen eigenen Füßen entgegentreten.«
    Und das tat er auch, als Hugh am Nachmittag mit grimmigem Gesicht und gefurchter Stirn eintraf, um den Verlust seines Übeltäters zu untersuchen. In Mutter Marianas winzigem, schlichtem, mit dunklem Holz verkleideten Sprechzimmer standen Elis und Melicent Seite an Seite und erwarteten ihn. Cadfael hatte den Jungen in Hosen und Hemd und Jacke gesteckt, und Melicent hatte sein Haargewirr für ihn durchgekämmt, da er es noch nicht ohne Schmerzen selbst tun konnte. Nach einem abschätzenden Blick auf seine ersten unsicheren Schritte hatte Schwester Magdalena ihm noch einen Stab gegeben, mit dem er sein angeschlagenes Knie stützen konnte, das ihn noch nicht ganz tragen
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