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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten
Autoren: Ellis Peters
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bekümmert sein, aber nicht verändert.«
    »Meine Lebenserwartung«, sagte Eliud schwach durch die Decken, die sein aufgeregtes Gesicht bedeckten, »zählt nach Wochen oder höchstens Monaten, und nicht dreißig Jahre.«
    »Gott allein bestimmt die Zeit«, sagte Cadfael, »nicht die Menschen, nicht die Könige und auch nicht die Richter. Ein Mann muß bereit sein, sich dem Leben genauso zu stellen wie dem Tod, denn beidem kann er nicht entkommen. Wer kennt schon die Länge der Strafe oder die Größe der Wiedergutmachung, die von Euch gefordert wird?«
    Dann erhob er sich von seinem Platz, weil John Miller und einige andere Nachbarn, deren kleine Kratzer aus der Schlacht schon fast verheilt waren, Elis auf der Liege aus der Nachbarzelle hereintrugen und ihn neben Eliuds Lager absetzten. Es war ein guter Augenblick, um das Gespräch abzubrechen, denn der Funke der Hoffnung glomm bereits in dem Jungen, wie sehr auch immer die Resignation verlangte, daß er ihn auslöschte; die Vereinigung mit der zweiten Hälfte seiner Seele kam also in einem sehr passenden Augenblick.
    Cadfael wartete noch einen Augenblick, bis alles eingerichtet war und John Miller Eliud die Verbände abgenommen und durch neue ersetzt hatte; mit Händen, die zart waren wie die eines Kindes und zugleich fest wie die einer Mutter. John war Elis und Melicent nahegekommen und hatte Elis als einen kühnen und vielversprechenden Jungen von seiner eigenen Art schätzen gelernt. Er war mit seiner großen und ausgeglichenen Kraft ein nützlicher Mann, der fähig war, einen schlafenden Kranken - vorausgesetzt er mochte den Mann! - aufzuheben und fortzutragen, ohne dessen Ruhe zu stören. Und er war Schwester Magdalena ergeben, deren Wort hier so viel galt wie das des Königs.
    Ja, ein nützlicher Verbündeter.
    Nun...
    Der nächste Tag verging in einer Art gespanntem Schweigen. Jeder Mann und jede Frau schien nur vorsichtig und mit angehaltenem Atem aufzutreten und dem Tagesablauf des Hauses mit besonderer Ehrfurcht und Verehrung zu folgen, als ob man dadurch alles Unglück vom Haus fernhalten könne.
    Noch nie war der Stundenplan des Ordens in Godric's Ford gewissenhafter befolgt worden. Mutter Mariana, die kleine, verwitterte alte Frau, herrschte über eine so musterhafte Schwesternschaft, daß der Himmel entzückt sein mußte. Ihre erzwungenen Gäste in der Zelle lagen still und innig beisammen, und sogar Melicent, die nun ein weltlicher Gast des Hauses und keine Postulantin mehr war, ging den Tagesgeschäften mit reinem, stillem Gesicht nach und überließ die beiden jungen Männer sich selbst.
    Bruder Cadfael besuchte die Gottesdienste, sprach einige ganz persönliche Gebete und ging dann hinaus, um Schwester Magdalena bei der Pflege der wenigen Verletzten zu helfen, die in der Umgebung versorgt werden mußten.
    »Ihr seid erschöpft«, sagte Schwester Magdalena mitfühlend, als sie zu einem späten Abendbrot und zur Abendmesse zurückkehrten. »Ihr solltet morgen bis zum Morgengebet schlafen, denn Ihr hattet seit drei Nächten keine richtige Ruhe mehr. Verabschiedet Euch heute abend von Elis, denn die Männer werden im Morgengrauen hier sein. Und nun, da ich daran denke«, sagte sie, »ich könnte noch eine Flasche von Eurem Mohnsirup gebrauchen. Meine Flasche ist leer, und ich muß morgen einen Patienten aufsuchen, der vor Schmerzen kaum Schlaf findet. Wollt Ihr mir die Flasche auffüllen, wenn ich sie Euch bringe?«
    »Aber gern«, sagte Cadfael und holte den Krug, den er nach der Schlacht von Bruder Oswin aus Shrewsbury hatte schicken lassen. Sie brachte eine große grüne Glasflasche, und er füllte sie ohne Kommentar bis zum Rand.
    Am nächsten Morgen stand er nicht früh auf, wenn er auch beizeiten aufwachte. Doch er hörte die Reiter, als sie kamen, und die Stimme der Pförtnerin und andere Stimmen, walisische und englische, und darunter plötzlich die Stimme von John Miller. Aber er ging nicht hinaus, um sich von ihnen zu verabschieden.
    Als er wirklich erst zur Prim, zum Morgengebet aufstand, waren die Reisenden schon seit zwei Stunden auf dem Weg nach Wales, gut beritten und ausgerüstet. Die Pförtnerin hatte den Begleitschutz zu der Zelle gebracht, in der ihr Schutzbefohlener Elis ap Cynan im vorderen Bett schlief, und John Miller hatte den dick eingerollten Kranken auf den Armen hinausgetragen und ihn auf die Bahre gelegt, auf der man ihn heimbringen wollte. Mutter Mariana war selbst aufgestanden, um am Abschied teilzunehmen und einen Segen
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