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Lockvögel

Lockvögel

Titel: Lockvögel
Autoren: A. A. Fair
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großen braunen Papiertüte voller Konserven und Gemüse heraus. Sie eilte zu ihrem Wagen, quetschte sich zwischen mein Coupé und ihre Limousine und merkte erst dann, in welcher Klemme sie sich befand. Nach kurzem Zögern ging sie auf die rechte Seite hinüber und fand sehr schnell heraus, daß sich auch diese Tür nicht weit genug öffnen ließ.
    Als sie sich daraufhin mit gerunzelter Stirn nach Hilfe umsah, war auf ihrem Gesicht abzulesen, wie wütend sie war.
    Schließlich setzte sie die Einkaufstüte zu Boden, ging zu meinem Wagen, sah ihn sich von allen Seiten an und drückte kräftig auf die Hupe.
    Ich wartete noch ein paar Minuten und schlenderte dann so langsam auf sie zu, als suchte ich jemand. Als ich dicht vor ihr stand, trat ich wie erschrocken einen großen Schritt zurück und drehte den Kopf zur anderen Seite.
    »Gehört dieser Wagen Ihnen?« fuhr sie mich an.
    »Nein, Madam«, antwortete ich.
    Sie runzelte wieder nachdenklich die Stirn.
    »Warum?« fragte ich. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
    »Und ob etwas nicht in Ordnung ist«, wetterte sie. »Sehen Sie sich doch einmal an, wie dieser Hornochse geparkt hat. Ich bekomme meine Wagentür nicht auf, und dabei habe ich es so eilig.«
    »Ja, was soll man dazu sagen?« antwortete ich naiv.
    »Was man dazu sagen soll?« ereiferte sie sich. »Nun, mein Lieber, ich wüßte dazu eine ganze Menge zu sagen. Wahrscheinlich so viel, daß Sie sich wundern würden, wie ich zu dem Wortschatz gekommen bin. Aber sagen Sie bitte: Gibt es keine Möglichkeit, die verdammte Karre zur Seite oder vielleicht zurückzuschieben?«
    »Der Besitzer ist doch sicher im Laden«, antwortete ich. »Vielleicht können wir ihn da ausfindig machen.«
    »Natürlich könnten wir das. Wir brauchen ihn nur über den Lautsprecher ausrufen zu lassen. Aber ich möchte das nicht. Es sind so viele Kunden da. Ich... am liebsten würde ich ihm die Luft aus den Reifen lassen.«
    »Ich könnte den Wagen in Gang bringen, wenn...«, sagte ich zögernd.
    »Wenn was?« fragte sie neugierig.
    »Ich möchte nur nicht dabei geschnappt werden«, antwortete ich.
    »Wobei geschnappt?«
    »Wenn ich die Zündung kurzschließe.«
    Sie musterte mich von oben bis unten und fragte:
    »Wie lange würde das dauern?«
    »Etwa zehn Sekunden.«
    Jetzt wandte sie ihren ganzen Charme an. »Das ist ja wunderbar. Warum trauen Sie sich nicht?«
    Sie entblößte perlweiße Zähne hinter üppigen roten Lippen und schaute mich mit ihren großen dunklen Augen an.
    »Ach bitte«, flehte sie. »Ich sage auch schön bitte, bitte, wenn Sie es tun.«
    Ich tat, als sei ich restlos von ihrem Charme gefangen, ging zum Wagen, sah mich scheu über die Schulter um und nahm mein Messer heraus. Damit kratzte ich die Isolierung von zwei Drähten ab, nahm ein neues Stückchen Draht aus der Hosentasche und schloß die beiden Drähte kurz. Der Motor sprang an, ich fuhr den Wagen rückwärts aus der Parklücke und lächelte sie an.
    »Sind Sie zufrieden, Madam?«
    Sie öffnete ihre Wagentür, stellte die Einkaufstüte auf den Sitz, zögerte einen Augenblick und zog dann bewußt ihren kurzen, engen Rock hoch, während sie sich hinter das Steuer setzte, wobei ich allerlei sah. Dann ließ sie den Motor an und fuhr rückwärts heraus.
    Ich selbst setzte den Leihwagen wieder an die alte Stelle, an der er vorher gestanden hatte, und stieg schnell wieder aus.
    Sie winkte mich zu sich.
    »Wie heißen Sie?« fragte sie.
    »Donald«, antwortete ich.
    Sie lächelte verführerisch. »Ich heiße Doris«, erwiderte sie, »und Sie sind ein furchtbar netter Kerl, Donald. Wo haben Sie das gelernt, einen Wagen so in Gang zu bringen?«
    »Das war eine sehr harte Lehre, Madam.«
    »Doris«, korrigierte sie meine Anrede.
    »Doris«, verbesserte ich mich.
    »Und doch haben Sie es für mich riskiert?«
    »Ja.«
    »Sie sind wirklich ein Schatz«, wiederholte sie und lächelte mich wieder an. »Was tun Sie eigentlich hier, Donald? Sie kaufen doch nicht ein. Oder warten Sie auf jemanden? Ist vielleicht Ihre Frau einkaufen?«
    »Ich bin nicht verheiratet.«
    »Vielleicht die Freundin?«
    »Ich habe keine Freundin.«
    »Warum denn nicht, Donald?«
    »Ich hatte noch keine Gelegenheit, Kontakt aufzunehmen.«
    »Was hält Sie denn davon ab?«
    »Gewisse Umstände, die ich gegenwärtig nicht ändern kann.«
    »Vielleicht kann ich Ihnen helfen, Donald. Erzählen Sie doch: Warum stehen Sie hier herum?«
    Ich ließ es mir anmerken, daß ich mit der Antwort zögerte. Dann sagte
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