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Lockvögel

Lockvögel

Titel: Lockvögel
Autoren: A. A. Fair
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wissen will, dann sagen Sie, ich sei Ihr Bruder.«
    »Nimmt man an, daß Sie bei mir wohnen?«
    »Das ist möglich.«
    »Meinen Sie nicht, es klingt etwas sonderbar, wenn ein erwachsenes Mädchen mit seinem erwachsenen Bruder in einem Einraum-Apartment wohnt?«
    »Vielleicht. Von mir aus können Sie auch sagen, ich sei Ihr Mann.«
    »Das könnte mich noch mehr in Verlegenheit bringen.«
    »Ach was«, antwortete ich ungeduldig. »Wie hätten Sie es denn lieber: >sonderbar< oder >in Verlegenheit bringen    »Wie hätten Sie es denn lieber, Donald?«
    »Dann lassen wir es bitte bei >sonderbar<«, antwortete ich. »Was auch immer Ihre persönlichen Gefühle sein mögen: Sagen Sie, ich sei Ihr Bruder.«
    »Wie Sie wollen«, antwortete sie spitz.
    »Na, dann schlafen Sie gut«, gab ich zurück und legte auf.
    Am Tage darauf ging ich wieder zu einem Wagenverleih und mietete mir einen Chevrolet. Damit fuhr ich hinaus nach Colinda.
    Soweit ich feststellen konnte, interessierte sich niemand für mich. Ich konnte keinen Verfolger entdecken.
    Als ich in Colinda ankam, kaufte ich mir eine Lokalzeitung und studierte den Anzeigenteil. Nach einem Unfallzeugen vom 13. August wurde nicht gesucht.
    Dann ging ich zur Verkehrsabteilung der Ortspolizei und sah mir die täglichen Meldungen an.
    Ich fand nur einen Routinebericht, den ein gewisser Carter Jackson Holgate am Tage nach dem Unfall geschrieben hatte. Darin sagte er aus, er sei um 15 Uhr 30 an der Kreuzung Haupt- und Siebente Straße von hinten auf einen anderen Wagen aufgefahren. Die Nummer des anderen Wagens sei TVN 626; er gehöre Vivian Deshler, die in den Miramar-Apartments wohne. Der Schaden an dem Wagen von Holgate belaufe sich auf 150 Dollar. Der Wagen von Vivian Deshler sei kaum beschädigt worden.
    Nun fuhr ich zu den Miramar-Apartments. Der Wagen von Doris stand vor dem Haus.
    Kurz nach zwei Uhr kam sie aus der Wohnung und ging mit ihren typischen Trippelschritten zum Wagen.
    Ich wartete, bis sie aus der Parklücke ausgeschert war, und folgte ihr zum Supermarkt. Nachdem ich meinen Wagen abgestellt hatte, ging ich hinter ihr her.
    Als Doris nach ihren Einkäufen die Richtung zur Kasse einschlug, trat ich an den Kassierer heran und sprach ihn mit leiser Stimme an.
    »Hör mal zu, Kumpel. Ich möchte gern etwas auf Kredit kaufen.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Wir verkaufen nur gegen bar.«
    »Aber es wäre nur ein sehr kurzfristiger Kredit. Ich möchte nur...«
    Er schüttelte erneut den Kopf.
    »Tut mir leid«, sagte er, »aber wir geben grundsätzlich keinen Kredit, niemandem. Bei uns gibt es nur Barzahlung.«
    »Nicht einmal für ganze fünf Dollar?« fragte ich.
    Er schüttelte heftig den Kopf.
    Als ich aufschaute, stand Doris Ashley da und starrte mich an, wobei sie die Sachlage sofort erfaßte. Die Unterhaltung konnte sie nicht gehört haben; sie hatte aber, gesehen, wie der Mann den Kopf schüttelte.
    »Donald«, rief sie mich an.
    »Ach, guten Tag«, antwortete ich betont niedergeschlagen.
    »Donald, bleiben Sie doch einen Augenblick. Ich habe etwas mit Ihnen zu besprechen.«
    Sie ging schnell zur Kasse und bat den Kassierer: »Bitte, schnell, die Rechnung und mein Wechselgeld.«
    Sie legte zwanzig Dollar auf den Kassentisch, überflog ihre Rechnung und nahm mich beim Arm.
    »Sagen Sie mal, Donald, warum sind Sie gestern ausgekniffen?«
    »Ich... ich hatte Angst, ich würde die Selbstbeherrschung verlieren.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Daß ich etwas sagen könnte, was ich nicht sagen wollte.«
    »Meinen Sie etwas aus Ihrer Vergangenheit? Sie haben mir doch überhaupt nichts erzählt.«
    »Das meine ich auch nicht. Es waren... es waren Ihre Beine.«
    Sie mußte lachen. »Was ist denn mit meinen Beinen los, Donald?«
    »Sie sind einfach wundervoll.«
    »Dummer Junge«, sagte sie. »Meinen Sie etwa, ich wüßte nicht, daß ich schöne Beine habe? Die sind ein Teil von mir. Darum nutze ich sie nicht nur zum Gehen, sondern auch, wenn ich auf jemanden Eindruck machen will. Als Sie dann so nett zu mir waren und den Wagen in Gang brachten, da habe ich Ihnen etwas mehr davon gezeigt. Das ist alles.«
    »Und Sie sind mir nicht böse, daß ich...«
    »Böse wäre ich gewesen, wenn Sie sie nicht beachtet hätten.«
    Der Kassierer war mit dem Abrechnen fertig.
    »Es macht drei Dollar und zwölf Cent, Madam. Und hier ist das Wechselgeld.«
    Doris griff nach der Einkaufstüte.
    Ich zögerte, dann nahm ich ihr die Tüte ab und trug sie zum Wagen.
    »Stellen Sie sie einfach
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