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Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Little Miss Undercover - Ein Familienroman

Titel: Little Miss Undercover - Ein Familienroman
Autoren: Lisa Lutz
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Klasse auf Petra Clarke stieß. Wir lernten uns beim Nachsitzen kennen und schlossen Freundschaft aufgrund unserer gemeinsamen (und fanatischen) Vorliebe für die Sixties-Sitcom Mini-Max. Ich kann gar nicht sagen, wie viele Stunden wir damit zugebracht haben, uns völlig zugedröhnt die Wiederholungen im Fernsehen anzuschauen und so heftig zu lachen, dass es weh tat. Kein Wunder, dass wir bald unzertrennlich waren. Unsere Freundschaft beruhte voll und ganzauf geteilten Interessen – Don Adams, Bier, Marihuana und Sprayfarben.
    Im Sommer 1993 wurden Petra und ich, beide fünfzehn, verdächtigt, eine Reihe von bis dato ungeklärten Vandalismusakten im Nob-Hill-Bezirk von San Francisco begangen zu haben. Ungeachtet der vielen Neighborhood-Watch -Treffen, die zu unseren Ehren veranstaltet wurden, konnte uns in keinem einzigen Fall etwas nachgewiesen werden. Damals genossen wir die Wirkung dieser Verstöße gegen geltendes Recht etwa so, wie ein Maler sein eigenes Kunstwerk bewundern mochte. Petra und ich stachelten uns gegenseitig dazu an, die Grenzen des Erlaubten immer weiter zu verschieben. Unsere Vergehen waren sicher kindisch, aber anders als dem alltäglichen Vandalismus wohnte ihnen eine geballte Ladung kreative Energie inne. Folgende Liste ist die erste, die Petra und ich zusammen erstellten. Es sollten noch viele weitere hinzukommen.
    Liste der ungesühnten Verbrechen: Sommer 1993
    25. 06. 93: Umgestaltung von Mr. Gregorys Garten 1
    07. 07. 93: Drive-by-Attacke
    13. 07. 93: Diebstahl von 5 Basketbällen, 3 Feldhockeyschlägern, 4 Basebällen und 2 Baseball-Handschuhen aus dem Sportgeräteschrank der Mission Highschool
    16. 07. 93: Mrs. Chandlers Schoßpudel kobaltblau gefärbt
    24. 07. 93: Drive-by-Attacke
    21. 07. 93: Einen Kasten Bier vor dem Treffpunkt der Anonymen Alkoholiker in der Dolores Street abgeladen 2
    30. 07. 93: Drive-by-Attacke
    10. 08. 93: Abokarten für den Playboy ausgefüllt, im Namen diverser verheirateter Männer aus der Nachbarschaft
    Unser Kerngeschäft war das, was wir »Drive-by-Attacke« nannten. Wenn gerade Inspirationsmangel herrschte, konnten wir unseren Aktionshunger immerhin in den Nächten stillen, in denen der Müll zur Abholung bereitgestellt wurde. Es war kinderleicht: Nach Mitternacht stahlen wir uns jeweils aus dem Haus. Petra holte mich mit dem (»geborgten«) Dodge Dart ihrer Mutter ab (Baujahr 1978), und dann warfen wir reihenweise die Mülltonnen um, die am Straßenrand auf ihre Leerung warteten. Petra und mir ging es dabei weniger um den Rausch der Zerstörung als um das Gefühl, mit knapper Not davonzukommen. Zum Ende des Sommers hin war es mit meiner Glückssträhne allerdings vorbei.
    Wieder saß ich im Verhörzimmer. Doch diesmal bei der echten Polizei. Mein Vater verlangte von mir, meine Quelle preiszugeben, aber ich weigerte mich.
    16. 08. 1993
    Das Vergehen: Sechs Stunden zuvor, kurz nach Mitternacht, war ich aus dem Haus geschlichen, fuhr per Anhalter zu einer Party in der Mission Street und lernte einen Typen kennen, der sich die Nase pudern wollte. Koks ist zwar nicht mein Ding, aber der Typ trug eine Lederjacke, er hatte einen Kerouac-Roman dabei – und ich habe was übrig für harte Kerle, die lesen. Also sagte ich ihm, dass ich einen Dealer kennen würde – wie es dazu kam, erzähle ich später –, und rief den an, um ihn zu fragen, ob er sich »jetzt für den Gefallen von damals revanchieren« wolle. Auf der Fahrt zu meiner Quelle fand ich heraus, dass der Lederjackentyp von der Party in Wirklichkeit undercover arbeitete, und bat ihn, mich nach Hause zu fahren. Stattdessen fuhr er mich zur Polizei. Als sich dort offenbarte, dass ich die Tochter des hochdekorierten Ex-Polizisten Albert Spellman bin, wurde Dad hinzugerufen.
    Noch ziemlich schlaftrunken betrat er den Raum.
    »Nenn mir einen Namen, Izzy«, sagte er, »dann fahren wir nach Hause, und du bekommst die gerechte Strafe.«
    »Egal welcher Name?«, fragte ich neckend.
    »Isabel, du hast einem verdeckten Ermittler angeboten, ihm eine Prise Koks zu organisieren. Dann hast du einen Mann angerufen, der angeblich Dealer ist, und ihn gefragt, ob er sich für einen Gefallen revanchieren mag, den du ihm getan hast. Das macht keinen guten Eindruck.«
    »Meinetwegen. Mehr als einen Verstoß gegen die Ausgangssperre kannst du mir aber nicht nachweisen.«
    Dad beglückte mich mit seinem drohendsten Drohblick und sagte ein letztes Mal: »Nenn mir seinen Namen!«
    Der Name, den die Cops hören wollten, war
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