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Lisa geht zum Teufel (German Edition)

Lisa geht zum Teufel (German Edition)

Titel: Lisa geht zum Teufel (German Edition)
Autoren: Tessa Hennig
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Hauptstraße bis zum rund hundert Meter entfernten Strand zogen. Sie hatte in den letzten Jahren schon ein paarmal darüber nachgedacht, sich dort einzumieten. Man sparte sich den ganzen Aufwand der Selbstversorgung und hatte Zimmermädchen, die die Räume sauber hielten. Es gab Schlimmeres als Massentourismus in einer der besten Gegenden Marbellas. Sie könnte Menschen aus aller Herren Länder kennenlernen. Wahrscheinlich jedoch überwiegend Engländer und viele Deutsche. Für einen Single, der die Hoffnung auf den »Richtigen« noch nicht aufgegeben hatte, bestimmt nicht die schlechteste Option. Kaum hatte das Taxi die Abzweigung zu ihrem Viertel erreicht, verflogen aber alle Überlegungen in diese Richtung. Zu groß war die Freude auf ihr Haus, zu schön das vor ihr liegende Wohngebiet, durch das sich das Taxi auf steil den Hang hinaufführenden Serpentinen mühte, vorbei an herrschaftlichen Anwesen, deren Palmengärten von hohen Mauern und Eisengittern geschützt waren – ein Tribut an die schlimme Zeit in den achtziger Jahren, in der keine Nacht verging, ohne dass hier irgendwo eingebrochen wurde. Lisa hatte sich stets standhaft geweigert, eine teure Alarmanlage anbringen zu lassen. In ihrem Haus war sowieso nichts zu holen. Außerdem war Marbella in den letzten Jahren sicherer geworden. Die Stadt hatte sich von den Auswüchsen des Massentourismus und der damit einhergehenden Drogen- und Kleinkriminalität erholt. Der Service in den Restaurants war freundlicher, die Stadt sauberer. Die Costa del Sol hatte ihren alten Charme zurückerobert, und diesen gedachte Lisa in den nächsten Wochen voll auszukosten.
    »A la derecha«, gab sie dem Taxifahrer zu verstehen. Hinter der nächsten Biegung lag ihr Haus, und auf Lisa warteten vier Wochen himmlische Ruhe.
    Wie jedes Jahr fragte sich Lisa beim Aufschließen des massiven Holztores, ob sich der Garten wohl verändert hatte. Würden die verschiedenen Rosenarten schon in voller Blüte stehen? Was wohl aus ihren Oleanderstecklingen geworden war, die sie letzten Sommer gepflanzt hatte? Bestimmt hatte sich ihre Nachbarin Yolanda gut darum gekümmert. Lisa freute sich auf die prächtigen violetten Bougainvilleastauden, die am Haus rankten, auf die Kakteen hinter dem Zaun, die orangefarbenen Blüten eines Granatapfelbaums und das erfrischende Gelb des Ginsters, in dessen Feld sich jedes Jahr ein paar rote Mohnblumen verirrten. Ganz besonders aber fieberte sie der blauen Pracht von Yolandas Jacaranda entgegen, deren Äste bis zu ihrem Grundstück reichten und ihr gemeinsam mit den beiden Zitronenbäumen, einer Zypresse und der Palme, die das Grundstück überragte, Schatten an heißen Junitagen spendete.
    Genug geträumt. Lisa öffnete das Tor zum Paradies, dessen Frieden jedoch von einem Eindringling gestört wurde.
    Was hatte der kleine Junge im Garten ihres Grundstücks zu suchen? Und wieso reparierte er sein Fahrrad ausgerechnet vor ihrer Terrasse, wobei er auch noch lautstark fluchte, als ihm der Fahrradschlauch erneut vom Rad rutschte.
    »¡Joder!«, was auf Neudeutsch so viel wie »Fuck!« hieß, stieß er wütend aus und kickte mit dem Fuß gegen das Fahrrad, das daraufhin scheppernd zu Boden fiel und sich zu allerlei Werkzeug sowie einer mit Wasser gefüllten Wanne gesellte.
    Der höchstens sieben Jahre alte Stöpsel hat eine ziemlich deftige Sprache für sein Alter, dachte Lisa schmunzelnd und beobachtete ihn weiterhin von der Einfahrt ihres Hauses aus. Er war so damit beschäftigt, seinen Drahtesel wieder aufzurichten, dass er sie immer noch nicht bemerkte. Nun war auch noch das Vorderrad verbogen.
    » ¡Joder, joder!«, fluchte er noch lauter als zuvor.
    »No se dice. ¡Coño!«, kam es nun mahnend und schrill vom Nachbargrundstück, zu dem eine offenstehende Tür führte.
    Lisa erkannte Yolandas Stimme und konnte nicht umhin loszuprusten. Dass die Siebzigjährige dem Kleinen die derbe Sprache verbot und dabei selbst fluchte, war göttlich mit anzuhören.
    Schon schoss Yolanda aus dem Nachbargarten und ging im Stechschritt zu dem Jungen.
    Lisa beschloss, sich zu erkennen zu geben, und räusperte sich laut.
    »¡Luke, ven!« Yolanda winkte Luke herbei, bevor sie zu Lisa eilte. »Es Lisa de Alemania«, erklärte sie ihm.
    »¡Yolanda! ¿Qué tal?«, begrüßte Lisa ihre Nachbarin, deren Lächeln mit jedem Schritt breiter wurde. Luke musterte sie hingegen eher desinteressiert. Bei näherem Hinsehen ein richtig süßer Fratz: riesengroße braune Kulleraugen, lockiger
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