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Lipstick

Lipstick

Titel: Lipstick
Autoren: Susanne Fuelscher
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Angebot, das ich mal eben so en passant lanciert hätte. Also war ich in der Regel auf chauvihafte Aufreißertypen fixiert, sonst passierte bei mir schlichtweg gar nichts.
    Pech gehabt. Ich griff nach Toms Zigarettenschachtel und beschloß, vorerst kein Wort mehr mit ihm zu wechseln.
    Ralf Witthusen rief bereits vier Tage später an und teilte mir mit, daß er die Outlines plus Bibel gerade kopiere, in einer Woche könne der Spaß dann losgehen, fünf Tage später müsse das fertige Probebuch auf seinem Tisch liegen, Bezahlung erfolge nur bei Abnahme.
    In einem Anflug von Panik fragte ich, ob man eventuell auch verlängern könne.
    »Fünf Tage sind fünf Tage«, herrschte Ralf mich an, und es knackte so laut in der Leitung, daß ich annahm, er knabberte gerade Termiten als Zwischendurchsnack. »Daran gibt es nichts zu rütteln.« Es war der gleiche Tonfall, in dem er früher besserwisserische Kommentare zu den Wortbeiträgen der Klassenkameraden abgegeben hatte, insbesondere zu denen der Mädchen. Ich wagte noch einzuwenden, daß es ja Menschen gebe, die auch an anderen Projekten arbeiteten, aber das überforderte Ralfs seit Ende der Schulzeit wohl lädierten Intellekt, und so legte ich auf.
    Ralf Witthusen. Manche Antipathien blieben eben ein Leben lang Antipathien. Auch gut. Vorerst würde ich meinem Jaky-Boy dazu verhelfen, sich in seine Halbschwester May zu verlieben, um fünfzehn Folgen später – dafür legte ich meine Hand ins Feuer – wieder die Trennung vorzubereiten. Das Thema Inzest eignete sich doch nicht, um Jaky sein ganzes weiteres Leben damit zu quälen. Und was das Witthusen-Teil anging: Ich würde nicht lange fackeln und die Story in einer Nacht runterreißen.
    Tom kam nur noch nach Hause, um frische Wäsche zu holen und die dreckige abzuladen, die ich selbstverständlich nicht wusch.
    Dann entschwand er wieder, weil seine Rita darauf wartete, ihn mit der A-tergo-Stellung zu beglücken. Einmal rief er aus seiner Kanzlei an und wollte ernsthaft wissen, wie es mir gehe.
    »Prima«, sagte ich. »Die Sonne scheint, ich sitze am Schreibtisch, und übermorgen darf ich auf eine Party gehen.«
    »Dir macht es doch nicht etwa was aus?« fragte er dann.
    »Es«. Er hatte »es« gesagt und meinte Coitus à la vache, prolongatus, inter femora … und wie all die netten Dinge in meinem ebenso netten blauen Duden bezeichnet wurden. Was konnte ich nur an ihnen auszusetzen haben, und so sagte ich ihm, ich hätte »es« schon immer sehr nett gefunden, warum solle »es« mir also etwas ausmachen, und wenn er mich schon so dezidiert nach meiner Meinung frage, am besten gefalle mir Cunnilingus, unterstützt durch solide Handarbeit mit anschließendem Marathon durch das Kamasutra, aber am wichtigsten sei die begleitende Sinfonie aus Küssen, die er ja nie hingekriegt habe.
    Unser Gespräch endete wie das mit Ralf Witthusen. Ich legte einfach auf. »Es« war eine Sache, die mich momentan einfach zu sehr aufregte, zumal ich mich fühlte, als hätte man kurzerhand ein paar Eifersuchtsgefühle bei mir angepiekst, die ich schon verloren geglaubt hatte. Auch wenn ich Tom nicht gerade liebte, hatte er nicht das Recht, eine andere zu lieben. Das gehörte einfach nicht in meinen Lebensplan! Wie so vieles nicht, was um mich herum geschah.
    Ich fand, ich hatte ungefähr ein Dutzend Vollkornbrötchen an meiner Seite verdient, die mich anhimmelten, mir die Füße küßten und Haus und Hof führen wollten. Statt dessen wählte nur ein jämmerliches Exemplar von Exklassenkamerad meine Telefonnummer und hielt es noch nicht mal für nötig, das richtige Maß an Contenance an den Tag zu legen.
    Ein Kind! Ich will ein Kind! flüsterte mir dann eine bisher unbekannte Stimme zu, und ich fragte mich, wie ich nur auf so eine absurde Idee kam. Keine Frau sollte sich ein Kind anschaffen, nur weil sie der Meinung ist, daß alle Männer dieser Welt nichts taugen.
    Aber da ich sowieso nicht in der Lage war, allein in irgendwelchenSpelunken oder Diskos herumzuhängen, um mir einen Mann aufzureißen, trat genau das Gegenteil vom Befruchtetwerden ein: Ich lag nachts stundenlang wach und redete mir ein, was für ein trauriges, einsames Leben ich doch führte, eine richtig zu bedauernde Person sei ich, ohne Gegenwart und ohne Zukunft, und manchmal ging mir mein eigenes Gejammer derart auf die Nerven, daß ich mir die Decke über den Kopf zog und fast keine Luft mehr bekam. Halleluja …
    Es passierte oft, daß ich nachts aufstand, zum Kühlschrank
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