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Lippels Traum (German Edition)

Lippels Traum (German Edition)

Titel: Lippels Traum (German Edition)
Autoren: Paul Maar
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Tag, im hellen Sonnenlicht.
Dort steht der Wächter auf der Lauer.
Er kriegt den Lippel trotzdem nicht!«
    Der Wächter starrte ihn mit offenem Mund an und schien seinen Augen nicht zu trauen. Langsam kam er ein paar Schritte näher.
    Lippel sang die zweite Strophe:
    »Hier steht der Lippel auf der Mauer,
der Wächter steht dort doof herum.
Der kleine Lippel ist viel schlauer,
der große Wächter, der ist dumm!«
    Das schien den Wächter ganz schön in Wut zu versetzen! Jedenfalls kam er jetzt zur Mauer gerannt.
    Hinter ihm schlüpften Asslam und Hamide unbemerkt durch das Palasttor.
    »Vorsicht, Lippel! Pass auf!«, rief die Wirtin hinter der Mauer.

    Lippel lachte. »Er kriegt mich schon nicht. Er ist noch zu weit entfernt«, sagte er übermütig und dichtete schnell noch zwei neue Zeilen:
    »Jetzt rennt der Lippel durch die Gassen,
da kann der Wächter ihn nicht fassen!«
    »Lippel!«, rief die Wirtin schon wieder. Es klang sehr drängend.
    Lippel dachte: Was hat sie nur? So nahe war der Wächter ja wirklich noch nicht!
    Aber er wollte die gute Frau beruhigen, lieber zu früh springen als zu spät, und drehte sich um.
    Und ihm blieb fast das Herz stehen vor Schreck: Hinter ihm, neben der Mauer, standen die beiden anderen Wächter! Sie hatten ihn von der Stadt aus entdeckt, ihre Pferde zurückgelassen und waren herangeschlichen, während er auf der Mauer gesungen hatte.
    Einer von ihnen versuchte schon, Lippels Fuß zu fassen und Lippel von der Mauer zu ziehen.
    Lippel schrie: »Hilfe! Helft mir doch! Hilfe!«, und preschte los, oben auf der Mauer entlang.
    Auf der einen Seite verfolgte ihn der Torwächter, auf der anderen Seite die beiden anderen. Einer von ihnen blieb stehen, wandte sich um und lief zurück. Lippel ahnte, was er vorhatte: Er würde sein Pferd holen. Vom Pferd aus könnte er Lippel erreichen.
    »Hilfe!«, brüllte Lippel, drehte sich auf der Stelle um und rannte auf der Mauer zurück. »Hilfe! Hilfe!«
    Oben im Palast wurden einige Fenster aufgerissen. Die Männer der Palastwache schauten, wer da so laut um Hilfe schrie. Einige kamen neugierig aus dem Palasttor.
    »Helft mir!«, rief ihnen Lippel zu. Aber sie näherten sich ganz gemächlich und betrachteten nur neugierig das Schauspiel.
    Mit dem Mut der Verzweiflung sprang Lippel von der Mauer, auf den großen Platz.
    Er versuchte am Wächter vorbeizukommen. Aber der war schneller, packte ihn grob am Arm und hielt ihn fest. Mit der freien Hand griff er nach seinem Schwert. Lippel zappelte und wehrte sich wie wild.
    Inzwischen waren einige Palastwächter und Diener bei den beiden angelangt.
    »Du wirst doch gegen so ein Knäblein nicht dein Schwert ziehen wollen!«, sagte einer zu dem Wächter, der Lippel festhielt.
    Ein anderer rief erstaunt: »Seht mal! Das ist doch der Fremde, der mit dem Prinzen verbannt wurde! Wo kommt der denn her?« Im Nu hatten sie Lippels Hände gebunden.
    »Wir bringen ihn zum König! Nur der kann entscheiden, was mit ihm geschehen soll. Vielleicht weiß er etwas vom Tod des Prinzen«, sagten sie.
    »Los, komm mit in den Palast!«, befahl einer barsch. »Und versuch nicht zu fliehen!«
    »Da braucht ihr gar keine Angst zu haben«, sagte Lippel erleichtert. »Ich fliehe ganz bestimmt nicht. Bitte, bringt mich sofort zum König!«
    Inmitten der Wächter überquerte er den ersten Vorhof, den zweiten, dann den Hof und schließlich standen sie vor der Tür, die zu den Gemächern des Königs führte.
    Die Tür öffnete sich.
    »Nein!«, rief Lippel. »Noch nicht, bitte!«
    Frau Jakob streckte ihren Kopf durch die Tür und sagte: »Aufstehen, Philipp! Es ist sechs Uhr siebenundvierzig!«
    Lippel war wach.

Samstag

Kurzes Frühstück, langes Mittagessen
    Beim Frühstück fragte Frau Jakob: »Nun, hast du es dir überlegt?«
    »Was denn?«
    »Das mit dem Mittagessen. Du weißt schon!«
    Lippel zuckte mit den Schultern, schwieg und aß seinen Jogurt.
    Frau Jakob meinte wohl, sie müsse sich etwas deutlicher ausdrücken. »Du kommst heute zum Mittagessen und isst nicht bei dieser Frau Jeschke! Hast du verstanden?«
    »Ich esse bei Frau Jeschke!«, sagte Lippel bockig.
    »Wenn du das tust, dann brauchst du gar nicht mehr nach Hause zu kommen!«, sagte Frau Jakob zornig. »Dann …«
    »Was ist dann?«, fragte Lippel vorsichtig.
    »Du wirst es sehen. Ich warne dich!« Frau Jakob stand auf. »Du kannst allein frühstücken. Mir ist der Appetit vergangen«, sagte sie und verließ die Küche.
    Lippel hatte keine Lust, allein am
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