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Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Linksaufsteher: Ein Montagsroman

Titel: Linksaufsteher: Ein Montagsroman
Autoren: Matthias Sachau
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Aufregung nur ein paar Neuronen in meinem Hirn falsch verknüpft. Muss man einfach mal im Großen und Ganzen sehen.«  
    »Wenn du meinst.«  
    »Zahlen, bitte.«  
    * War wirklich so. Siehe Kaltduscher – ein Männer-WG-Roman  

Dienstag  
     
    Heute ist zum ersten Mal T-Shirt-Wetter. Richtiges T-Shirt-Wetter. Ein Tag, an dem selbst Kältemimosen wie ich einsehen, dass alles andere zu warm wäre. Nach einem kurzen morgendlichen Treffen mit den Leuten von der Werbeagentur Lila Frosch, die mich nächste Woche für den Brambelfix-Hundefutter-Radiospot gebucht haben, hatte ich erst mal zwei Stunden Zeit. Eigentlich wollte ich eine Stunde davon mit Staubsaugen und Einkaufen verbringen und die andere rumgammeln, aber dann hat mein Agent und Freund Caio angerufen, und wir haben nach fünf kurzen geschäftlichen Sätzen eine ganze Stunde völlig sinnlos verquatscht. Danach habe ich so schnell Staub gesaugt, dass ich trotz T-Shirt ins Schwitzen geraten bin, und jetzt muss ich mich sputen, damit ich das mit den Einkäufen geregelt kriege, ohne gleich zu spät zu kommen.  
    Der Supermarkt hat natürlich noch nichts von der Wetterumstellung mitbekommen. Ich widerstehe der Versuchung, meine Arme fröstelnd um den Körper zu schlingen, obwohl ich sie im Moment eigentlich zu nichts anderem brauchen würde. Bevor ich im Angesicht des gigantischen Schokoladenangebots eine Entscheidung getroffen haben werde, wird nämlich auf jeden Fall noch eine Menge Zeit verstreichen.  
    Seit ich nur noch für mich alleine einkaufe, bringe ich es nicht mehr übers Herz, jedes Mal die gewohnten Sachen in den Wagen zu schaufeln. Mein Ehrgeiz ist inzwischen, im Laufe der Jahre jedes Produkt, das hier angeboten wird, mindestens ein Mal gekauft zu haben. Gut, bei Tierfutter und Frauenzeitschriften habe ich noch große Lücken, aber beim Schokoladenregal bin ich auf einem guten Weg. Deswegen brauche ich hier auch immer besonders lange, denn die wenigen Schokoladen, die ich noch nicht hatte, sind wirklich schwer zu finden.  
    Ha, hier, Rausch Puerto Cabello. Hatte ich noch nicht. Stolzer Preis für so eine kleine 125-Gramm-Tafel, aber ich zieh das durch. In der Spirituosenabteilung warten ohnehin noch ganz andere Preis-Kaliber auf mich, wenn ich eines Tages mit der Flasche Eierlikör fertig bin, die bei mir, schon leicht angestaubt, ganz hinten im Küchenregal steht. Es macht mir auch nichts aus, viel zu bezahlen. Die Summen, die ich für meine Sprecherjobs aufs Konto geschoben bekomme, sind mir schon fast unheimlich. Und es geht kaum was weg, obwohl ich Steuern zahle und jeden Monat Riesenbeträge in irgendwelchen Altersvorsorgemüll stecke, an dem sich meine Bank dumm und dämlich verdient.  
    So, und jetzt noch eine Schachtel Lindt Hauchdünne Täfelchen. Ist zwar auf den ersten Blick mehr was für Oma-Kaffeekränzchen, aber man muss sich auch mal für andere Dinge öffnen. Das wäre es dann mit der Schokolade. Endlich wieder Bewegung. Es sind allerdings nur ein paar Meter bis zur nächsten Station, und dann geht die Grübelei von Neuem los. Welche Säfte hatte ich noch nicht? Weia. Sieht so aus, als wäre ich hier auch schon fast durch. Leider. Das heißt nämlich, dass der Tag immer näher rückt, an dem ich Sauerkrautsaft kaufen muss. Mir graust zwar davor, aber meine Exfreundin Julia schwärmt davon und gibt keine Ruhe, bis ich ihn irgendwann probiert habe. Ich sollte aber vielleicht noch dazu sagen, dass Julia auch auf Sex in Umkleidekabinen steht.  
    Ehe ich michs versehe, stehe ich auch schon genau vor dem Grauen. Ich starre die Tetrapaks an, die Sauerkrautsaft-Schriftzüge starren zurück. Klassische Kaninchen-Schlange-Konstellation. Ich will weg, kann aber nicht. Wenn jetzt nicht gleich … oh, oh … halt! Hier, na also, Bio-Holunderbeersaft. Hatte ich noch nicht. Puh, diesmal war es wirklich sehr knapp. Ich ergänze noch ein bisschen mit Apfelsaft, und schon ist das Sauerkrautgebräu mindestens eine weitere Woche nach hinten geschoben. Ich strecke ihm im Weggehen die Zunge heraus.  
    Jetzt die Kühlregalreihen. Milch ist kein Problem. Da hab ich alle schon x-mal durch. Trotzdem überlege ich kurz, welche ich zuletzt hatte, um nicht wieder die gleiche zu nehmen. Manchmal frage ich mich, ob das noch ein harmloser Tick ist, oder ob ich, seit ich aus meiner WG ausgezogen bin, langsam komisch werde. Aber andererseits ist es doch auch komisch, wenn man dauernd das Gleiche kauft, oder? Und die Zeit, die ich vor dem Regal länger
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