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Lilith - Wunschlos gluecklich

Lilith - Wunschlos gluecklich

Titel: Lilith - Wunschlos gluecklich
Autoren: Tine Armbruster
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Bethany war spät dran, denn Lilith sah sie gerade von der anderen Seite des Ganges laut fluchend auf die Gruppe zuflitzen, als sie bei den Mädchen ankam.
    »Hi, Feige. Spät dran heute, was?«, begrüßte Camille Bethany lautstark, bevor diese sie erreichte.
    »Wieso? Lil ist doch auch gerade erst eingetrudelt«, prustete Bethany nach Atem ringend, öffnete ihren Spind und schmiss ihre nicht benötigten Bücher und Hefte hinein, ehe sie das Schloss mit einem lauten Knall wieder einschnappen ließ. Den Spitznamen Feige hatte Camille Bethany von der ersten Sekunde an in der Oberstufe verpasst. Die zweite Hälfte von Bethanys Namen bedeutete im Hebräischen Feige und da Beth, wie Lilith sie nannte, auch ihre Haare so lila wie eine reife Feige färbte, hatte sie den Spitznamen bei Camille gleich nach ihrem ersten Zusammentreffen weggehabt.
    »Was ist los, Süße?«, fragte Mercedes. »Kam dein Loverboy heute Morgen nicht aus den Federn?« Mercedes lachte und die anderen stimmten wie von selbst mit ein. Selbst Lilith, ein wenig zumindest. Es war ein offenes Geheimnis, dass Beths Freund, Damian Porter, seit Monaten bei ihr wohnte. Also so ganz, mit allem Drum und Dran. Ihre Eltern waren sehr liberal eingestellt und erfüllten ihrem einzigen Kind jeden, wirklich jeden Wunsch. Und war er auch noch so absurd, unnötig oder teuer.
    »Ach halt’s Maul, Sternchen«, fauchte Beth gekünstelt sauer. Wieder fingen alle an, zu lachen und Mercedes verdrehte genervt die Augen. Sie hasste es, mit dieser gewissen Automarke verglichen zu werden, die mit dem großen Stern mitten auf der Haube. Auch wenn nur sie vier wussten, dass sie diesen Namen einzig aus einem ganz speziellen Grund von ihren Eltern verpasst bekommen hatte, so war es ihr trotzdem immer noch peinlich, dass es überhaupt jemand außerhalb ihrer Familie wusste. Ihr Daddy hatte ihnen nämlich an dem feuchtfröhlichen Abend von Mercedes’ sechzehntem Geburtstag verraten, dass ihre allerbeste Freundin in genau so einem Auto gezeugt worden war, und deshalb diesen Namen trug. Seither nannte Beth sie immer Sternchen, wenn sie sie wegen irgendetwas aufziehen wollte.
    Nach einer kurzen, kollektiven Make-up Kontrolle in Camilles Spiegel rauschten sie Richtung Klassenzimmer.
    Normalerweise zog sich der Unterricht so zäh wie Kaugummi durch die Morgenstunden. Heute nicht. Die Zeiger aller Uhren schienen an diesem Tag einen Sprint hinlegen zu wollen und selbst der Minutenzeiger raste so schnell über das Ziffernblatt hinweg, als wolle er den Sekundenzeiger jeden Moment überrunden. Dabei wollte Lilith heute nicht so schnell wieder nach Hause.
    In der Mittagspause stieß sie Camilles Arm während des Essens in der Mensa an.
    »Was ist?«, nuschelte diese ihr unverständlich zu. Camilles Mund war randvoll gestopft mit Pommes. Lilith wunderte sich, dass Camille überhaupt noch Luft bekam, aber schon schob sie die nächste goldbraune Fritte nach, während Liliths Bagel immer noch unberührt auf ihrem Tablett lag.
    »Später schon was vor?«, erkundigte sie sich.
    »Bäter? Wam Bäter?«, brachte Camille nun unverständlich hervor.
    »Bäh, Camille, mach den Mund leer, das ist ja ekelhaft.«
    Camille kaute ein paar Mal, verzichtete auf weiteren Nachschub und fragte erneut: »Wann später?«
    »Ich dachte, vielleicht gleich nach der Schule?«
    Camille sah Lilith fragend an. Normalerweise ging Lilith freitags immer gleich nach Hause, um ihre Arbeiten im Haushalt zu erledigen. Denn ohne die Pflicht, so ermahnte Mom sie stets, würde sie ihre Kür an den Wochenenden ins Wasser fallen lassen. Camille schob ihre Pommes ein Stück von sich. »Ist etwas passiert?«
    Lilith wurde heiß. Sie spürte, wie sich Tränen ganz tief in ihr sammelten, aber sie presste sie zurück in den Abgrund, schloss sie weg und zuckte nur nichtssagend mit den Schultern. »So etwas in der Art«, bestätigte sie, ohne die geringste Gefühlsregung preiszugeben.
    »Okay, verstehe – streng geheim. Dann eben später.« Dabei schielte sie auf Liliths Tablett und deutete vielsagend auf ihren Bagel. »Sag mal, isst du den noch?« Als sie den Kopf schüttelte, griff Camille danach und biss herzhaft hinein.
    Lilith lachte. »Mülleimer!« Sie sah zu, wie der Frischkäse zu beiden Seiten herausquoll und die perfekt geschminkten Lippen ihrer Freundin verunzierte.
    »Wer kann, der kann«, hauchte sie und biss erneut zu.
    Lilith seufzte. Es war wirklich gemein, denn Cam konnte essen, was sie wollte, ohne dass sich auch nur ein
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