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Lilith - Wunschlos gluecklich

Lilith - Wunschlos gluecklich

Titel: Lilith - Wunschlos gluecklich
Autoren: Tine Armbruster
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nur eineinhalb Stunden Schlaf glich sie zwar eher einem Zombie als sich selbst, aber hier hielt sie es definitiv keine Minute länger aus als unbedingt nötig. Seit sie die Küche für ihr Frühstück betreten hatte, gab es kein anderes Thema für ihre Eltern als die anstehende Beerdigung. Müde oder nicht, es blieb ihr keine andere Möglichkeit, wollte sie der größten Tragödie ihres bisherigen Lebens entkommen. Sie wollte nichts mehr über den Tod ihrer Großmutter hören. Deren plötzliches und für sie immer noch unbegreifliches Dahinscheiden als unabwendbar anzunehmen, war ihr momentan einfach noch nicht möglich. Nur leider waren ihre bis aufs Blut durchorganisierten Eltern viel zu sehr mit sich beschäftigt, um diesen Umstand zu bemerken. Sie war dankbar, als sie tief grummelnde Motorengeräusche in der Auffahrt wahrnahm. Gleich darauf ertönte eine nervende Dreiklanghupe. Sie blickte auf ihre Armbanduhr. Es war genau sieben Uhr und Jordan somit wie immer überpünktlich.
    Ihre Gedanken schweiften ab. Gestern um diese Zeit war die Welt noch rosarot und völlig in Ordnung gewesen … Gestern. Ein erneutes Hupen riss Lilith zurück in die Realität.
    »Mom, Dad …«, unterbrach sie ihre Eltern, worauf sie auch sofort und irgendwie peinlich berührt verstummten. Sie hatten wohl noch gar nicht registriert, dass Lilith seit einigen Minuten ebenfalls anwesend war. »Jordan ist da. Ich muss los. Kann etwas später werden. Wir haben heute noch Theaterproben.«
    »Heute?«, fragte Mom verwundert. »Es ist Freitag, da hattest du noch nie eine Probe«, stellte sie grübelnd fest und blies dabei gedankenverloren über ihren bestimmt schon längst erkalteten Kaffee.
    »Heute schon«, log Lilith. »Wegen der Weihnachtsfeier in sechs Wochen. Die Probe will ich keinesfalls verpassen, deshalb muss ich heute auch unbedingt zur Schule, also bis später. Hab euch lieb!« Tapfer lächelnd schnappte sie sich ihre Schultasche und rauschte, seltsamerweise total erleichtert, den beiden zu entkommen, aus dem Haus.
    Eigentlich sollte es ihr nicht egal sein, wie der Sarg ihrer Granny aussah … welche Blumen ihre Eltern nehmen wollten … oder welche Musik … Todesanzeigen … Trauerreden oder Dankeskarten. Aber all diese Dinge zeigten ihr nur, dass sie in der beschissenen Realität feststeckte. Leider war es kein Traum. Es war real und sie konnte nichts daran ändern. Egal, wie sehr sie es sich auch wünschte.

Kapitel 2
    Schreckliche Tage
     
     
     
    L ilith öffnete die Wagentür, schmiss ihre Tasche in den Fußraum und stieg ein.
    »Mann , Lil, siehst du scheiße aus! Was ist los?«, kommentierte Jordan ihr Äußeres, als sie sich kraftlos neben ihn auf den Beifahrersitz gleiten ließ. Sie hätte gern gesagt: Was soll sein? Nichts, also fahr schon los, aber sie hatte Jordan, nun ja, bis auf ein einziges Mal, noch nie etwas vormachen können. Er kannte sie einfach zu gut. Kein Wunder, schließlich waren sie bis vor sechs Monaten ein Paar gewesen. Sogar ganze eineinhalb Jahre lang. Für ihn war es Liebe, für sie … tja was nur? Sie wollte damals nur auf der Welle ihrer Freundinnen mitschwimmen. Alle, von wenigen Ausnahmen abgesehen, hatten zu dieser Zeit eine feste Beziehung und sie wollte schlicht dazugehören. Vor allem aber wollte sie dem blöden Geplapper, als einsame Jungfer zu enden, aus dem Weg gehen. Außerdem musste sie zu ihrer Entschuldigung gestehen, dass sie Jordan damals mochte. Ja, das hatte sie wirklich getan und sie tat es immer noch.
    Er war eine Stufe über ihr, beliebt, sah gut aus und er vergötterte sie, das wusste sie. Seit ihrer einvernehmlichen Trennung war er ihr allerbester Freund geworden. Ihre Beziehung war seither sogar besser als zuvor, denn ab da brauchten sie keinerlei Geheimnisse mehr voreinander zu haben. Heute konnte sie sagen, dass sie sich das auch alles hätte sparen können. Außer Bethany waren ihre anderen besten Freundinnen mittlerweile nämlich auch wieder solo.
    Soviel zu ihrer Angst, als alte Jungfer zu enden. »Mir geht’s heute einfach nicht gut, okay?«, versuchte sie, seine Frage zu umschiffen und kauerte sich dabei noch tiefer in den Sitz hinein.
    »Reicht nicht«, erwiderte er, stellte den Motor ab und zog die Handbremse an. Sie spürte seinen fragenden Blick schwer und unnachgiebig auf sich ruhen. Typisch Jordan, einmal angebissen, würde er nicht mehr lockerlassen.
    »Jordan, bitte …«, meuterte sie lang gedehnt.
    »Lilith, was ist los?«
    Sie sah aus dem Fenster
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