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Liliane Susewind – Schimpansen macht man nicht zum Affen (German Edition)

Liliane Susewind – Schimpansen macht man nicht zum Affen (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Schimpansen macht man nicht zum Affen (German Edition)
Autoren: Tanya Stewner
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ebenfalls nicht anbieten. Sie musste schnell etwas tun.

    Lilli nahm die Banane in die Hand und konzentrierte sich. Im Geiste suchte sie nach einer lustigen Begebenheit. Da fiel ihr wieder das schokoladenbesprenkelte Gesicht ihres Vaters ein, und sie musste lachen. Die Banane begann sofort, sich zu verfärben: Das helle Grün verwandelte sich innerhalb weniger Sekunden wie von Zauberhand in ein knatschiges Gelb. Die Banane war reif.
    Lilli lächelte zufrieden und war wieder einmal sehr froh darüber, dass sie Bäume, Sträucher, Blumen und Obst entweder durch ihre bloße Anwesenheit oder durch ihr Lachen zum Wachsen, Blühen und Reifen bringen konnte.
    Sie drehte sich um. Der Schimpanse hatte sie offenbar beobachtet. »Hier, eine Banane!«, sagte sie und ging zum Fenster zurück. Mit angehaltenem Atem streckte sie ihm die Frucht entgegen. Doch der Affe regte sich nicht. Misstrauisch betrachtete er zuerst das gelbe Ding, dann Lilli.
    »Du hast Angst, nicht wahr?«, fragte sie sanft. »Aber du kannst mir vertrauen.«
    Wachsam blickte der Affe ihr in die Augen. Dann kam er näher, griff nach der Banane, brach sie mittendurch, schnupperte daran und schob sich das zerquetschte Fruchtfleisch in den Mund. Mampfend beäugte er Lilli. Seine Miene hatte sich etwas entspannt.
    »Hier ist noch mehr!« Lilli hielt ihm die Äpfel hin.
    Der Schimpanse nahm sie, diesmal ohne zu zögern, und biss krachend hinein. Beide Äpfel waren innerhalb kürzester Zeit verspeist.
    »Ich weiß, wo ich noch mehr bekommen kann, warte!«, rief Lilli und hoffte, der Affe würde nicht verschwinden, während sie Nachschub holte. Auf Zehenspitzen schlich sie nach unten in die Küche und kam gleich darauf mit einer Handvoll Erdnüssen und einem Kopfsalat wieder zurück. Der kleine Affe nahm alles entgegen und stopfte es sich hungrig in den Mund. Dabei ließ er Lilli nicht aus den Augen. Sein Gesichtsausdruck war nun aufgeschlossener, doch Lilli wunderte sich darüber, dass er nichts sagte. Die Affen im Zoo gaben ständig Laute und Geräusche von sich und sprachen viel miteinander. Aber dieser Schimpanse hier war anders.
    Als er mit dem Essen fertig war, sagte Lilli: »Das ist leider alles. Aber wenn du morgen wiederkommst, habe ich mehr für dich.«
    Der Affe legte den Kopf schief, als versuche er zu begreifen, was sie sagte. Lilli runzelte die Stirn. Verstand er sie vielleicht gar nicht?
    Gleich darauf huschte er auch schon wieder davon, kletterte am Baum hinab, hastete auf allen vieren über den Rasen und verschwand im Dunkel der Nacht. Lilli sah ihm lange nach. Sie hoffte, er würde morgen wiederkommen. Vor allem hoffte sie, er würde mit ihr sprechen, damit sie erfuhr, wer er war. Irgendetwas an diesem Tier stimmte nicht, und sie musste unbedingt herausfinden, was es war, um ihm helfen zu können.

    Am folgenden Tag erzählte Lilli Jesahja, was sich in der Nacht zugetragen hatte. Jesahja hörte ihr fasziniert zu und schlug dann vor, gemeinsam zum Supermarkt zu gehen. Sie kauften von ihrem Taschengeld einen Beutel voll Obst und Gemüse. Danach liefen sie mit dem Beutel durch den Park, in der Hoffnung, der Schimpanse würde sich zeigen. Aber er war nirgendwo zu sehen.
    Den ganzen übrigen Tag lang saßen sie in Lillis Zimmer und hofften, der Affe käme zurück, aber sie wurden enttäuscht. Auf dem Apfelbaum vor dem Fenster landeten lediglich ein paar Vögel, die Lilli berichteten, dass sie den Affen einfach nicht wieder aufspüren konnten.

    Mitten in der Nacht wurde Lilli geweckt. »Lilli! Der Haarmann!«, kläffte Bonsai leise, und Lilli war mit einem Schlag hellwach. Hastig lief sie zum Fenster. Der Affe saß wieder auf dem Ast im Apfelbaum und schaute sie mit abwartendem Gesicht an.
    »Ich habe Futter für dich«, sprudelte Lilli hervor und eilte zu dem Beutel mit Obst und Gemüse. Während sie darin kramte, hörte sie ein Geräusch. Der Schimpanse hatte sich auf die Fensterbank geschwungen! Lillis Herz machte einen Sprung. Er hatte offenbar genug Vertrauen zu ihr gefasst, um ins Haus zu kommen! Vorsichtig schaute er sich im Zimmer um. Gleich darauf war er schon auf dem Fußboden und tapste zu Lillis Beutel. Als er erkannte, was darin war, klatschte er in die Hände und grinste.
    Lilli erschrak vor dieser Grimasse. Die meisten Leute fanden es putzig oder lustig, wenn Schimpansen derart menschlich grinsten, doch Lilli wusste, dass es ein Zeichen von Angst war! Sie war nun vollends verwirrt. Der Affe klatschte in die Hände und grinste sie an, als
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