Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Titel: Lila Black 01 - Willkommen in Otopia
Autoren: Justina Robson
Vom Netzwerk:
Weg
    Oder nie mehr,
    Kehre zurück bis zum längsten Tag
    Oder nie mehr,
    Dann aber sollen für immer verloren sein
    Leib, Leben und Seele dein.
     
    Das war eine ganz allgemeine magische Drohung, wie sie aus jeder der nicht-otopischen Welten kommen konnte, aber anders als die meisten magischen Botschaften wies sie keine Herkunftsspuren auf, die die ätherischen Kriminaltechniker von Incon hätten entziffern können. Da Magie durch den Geist ihres Urhebers erzeugt wurde, war spurenfreie Magie theoretisch nicht möglich. Magie trug immer die Signatur ihres Urhebers wie ein Markenzeichen. Aber dieser Brief hatte sich als absolut neutral erwiesen.
    Mit dem »Verlorenen Weg« war der nur für Elfen passierbare Übergang von Otopia nach Alfheim gemeint. Das mit dem längsten Tag war einfach: Es bezog sich auf die Sommersonnenwende in zwei Tagen. Der Rest schien eher unerfreuliche Alternativen zu benennen. Andere Incon-Agenten waren nach Alfheim entsandt worden, um herauszufinden, ob der Brief von irgendjemandem dort stammte. Lila, die zum Glück in Otopia hatte bleiben können, hatte keine Ahnung, wonach sie jetzt suchen sollte, also suchte sie einfach nach irgendetwas.
    Das Aufnahmestudio befand sich in einem schallisolierten, unterirdischen Raum. Darüber, im Erdgeschoss, lagen die Verwaltungsbüros. Fast alle waren besetzt, also nahm Lila, nachdem sie ihren Tagespass vorgezeigt hatte, den Notausgang und ein anderes Treppenhaus. Durch den Stahlbeton der Wände präzise Scans zu erhalten, war schwer, aber sie tat ihr Bestes, durchsuchte ein weiteres leeres Büro, eine Lagerkammer, einen Raum mit altem Studio-Equipment. Und hier registrierte sie unerklärliche Funksignale.
    Drinnen stapelte sich Krempel bis zur Decke. Lila hievte Kartons und Kisten und altes Verpackungsmaterial zur Seite. Es war alles furchtbar verstaubt, und sie war bald ziemlich dreckig, ließ aber nicht locker. Der Sender befand sich hinter einem Aktenschrank, der bis oben mit kaputten Mikros, alten Verstärkern und Elektronikgerätschaften vollgestopft war, die noch aus der Zeit vor Lilas Geburt stammen mussten. Sie hatte keine Lust, ihn auszuräumen, ehe sie ihn auf den Gang hinaus verfrachtete, also aktivierte sie ihre innere Hydraulik, hob das ganze Ding an und schleifte es auf einer Kante über den Teppichboden, bis es an der Schwelle hängen blieb. Sie atmete aus, zog den Bauch ein und quetschte sich an dem Schrank vorbei in die Ecke des Raums. Dabei spürte sie ein Rupfen am Bein und hörte ein Reißgeräusch.
    »Ah, Mist«, sagte sie und sah auf die aufgeplatzte Naht ihrer Hose hinab. Es war einfach ein vermurkster Tag, dachte sie.
    Sie bückte sich und riss mit mehr Kraft als nötig den Teppichboden los. In einer Wolke aus Staub und toten Fliegen langte sie darunter und legte den kleinen Finger ihrer rechten Hand an das kleine Ding, das aussah wie ein Kieselstein. Feine Rezeptoren an der Stelle, wo normalerweise das Knöchelgelenk saß, identifizierten es als ein elfisches Objekt aus Silizium und Metall. Es arbeitete mit Schallverstärkungstechniken, um einen leidlich klaren Ton aus dem Aufnahmestudio aufzufangen, und sendete auf einer verschlüsselten Frequenz an einen Empfänger irgendwo ganz in der Nähe. Es musste schon lange hier liegen, denn die Batterie war fast leer. Lila lauschte ein Weilchen über die Wanze mit.
    Sie konnte Zal und die Band hören. Die archaische Kraft der Musik drang zu ihr herauf und schlug sie in ihren Bann. Zals Stimme war ein schamanisches, dunkles Grollen – the pleasure is to play, makes no difference what you say … Sie ließ ein seltsam rauschhaftes Gefühl in ihr aufwallen, so jäh und stark, dass sie überrascht zusammenzuckte. Ihre KI fing Frequenzen auf, die für das menschliche Ohr unhörbar waren. Für einen Sekundenbruchteil fragte sie sich, ob da wohl viele Hunde und Katzen im Zielpublikum waren, aber ihre KI korrigierte sie. Diese Töne bewegten sich unterhalb der Hörschwelle, nicht in den hohen Frequenzbereichen spezieller Tierpfeifen.
    Lila speicherte die Information, um sie später ans Labor zu senden, für den Fall, dass es wichtige Daten waren, und nahm den Finger von der Wanze, weil sie beschlossen hatte, sie erst mal da liegen zu lassen. Sie brauchte ein paar Minuten, um den ganzen Krempel wieder zurückzuräumen. Als das getan war, klopfte sie sich ab und versuchte sich auf der Damentoilette zu säubern. Wasser und Seife zeitigten einigen Erfolg, aber gegen den Riss in der äußeren Naht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher