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Liebesparadies im Alpenschnee

Liebesparadies im Alpenschnee

Titel: Liebesparadies im Alpenschnee
Autoren: Rebecca Winters
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Seufzer. Seit dem Tod seines Vaters vor vierzehn Monaten hatte sich das Kind besorgniserregend verändert.
    Eric Broussard, einer der besten Skifahrer Frankreichs, war zur allgemeinen Bestürzung bei einem internationalen Abfahrtsrennen in Cortina tödlich verunglückt. Für seine Familie war der Tod des erst Achtundzwanzigjährigen nicht der erste furchtbare Schicksalsschlag. Erst zwei Jahre zuvor war Suzanne gestorben, die Frau von Erics Bruder Raoul. Die Broussards waren als Bergführer seit über hundert Jahren eine Institution in den französischen Alpen. Die Brüder Eric und Raoul hatten ein sehr enges Verhältnis, vielleicht gerade deswegen, weil sie nicht in Konkurrenz zueinander standen. Raoul war Bergsteiger und Kletterer, für Eric zählte nur eins: das Skifahren.
    Während Frankreichs Skiwelt trauerte, brach für Crystal ihre Welt mit dem plötzlichen Tod ihres Mannes zusammen. Sie stand vor der herzzerreißenden Aufgabe, ihrem fünfjährigen Jungen zu erklären, dass sein Daddy nie wieder nach Hause kommen würde.
    Sie und Eric hatten sich bei einem internationalen Wettbewerb kennengelernt und waren bald darauf ein Paar geworden. Nach der Hochzeit hatten sie sich in Chamonix niedergelassen, wo Eric geboren und ebenso wie sie auf Skiern groß geworden war. Zwei Monate nach Erics Begräbnis war sie mit Philippe zu ihren Eltern nach Breckenridge zurückgezogen. Sie hoffte, dass sie und ihr Sohn hier in den Staaten den Verlust besser verkraften und irgendwann wieder optimistisch in die Zukunft blicken würden. Doch seitdem war ihr früher so lebhafter Sohn einsilbig geworden und kapselte sich immer mehr ab. Selbst ihren beiden jüngeren Schwestern, Jenny und Laura, gelang es nicht, ihn mit ihrer lebenslustigen Art aus seinem Schneckenhaus zu locken.
    Begonnen hatte sein Rückzug mit einem Anfall von Trotz und Wut, als ihr Vater versuchte, ihn zum Skilaufen mitzunehmen. Wahrscheinlich war es dafür noch zu früh. Der Tod des Vaters hatte dem Jungen möglicherweise ein für alle Mal diese Sportart verleidet. Sie selbst hatte seither nicht probiert, ihn auf die Piste zu kriegen.
    Neuerdings kam sie aus dem Grübeln über ihren Sohn gar nicht mehr heraus. Nichts schien ihn mehr zu begeistern oder ihm Spaß zu machen. Und obwohl alle in ihrer Familie ihn liebten und sich um ihn bemühten, reagierte er gleichgültig, ja fast abweisend.
    Selbst wenn sie ihn dazu ermutigte, wollte er nicht über seinen Vater sprechen. Stattdessen redete er von seinem Onkel Raoul, den er anhimmelte. Einmal im Monat rief Raoul seinen Neffen an, Philippe erzählte aber nie, worüber sie am Telefon gesprochen hatten.
    Eine Bemerkung von Molly, einer Angestellten ihres Vaters, die selbst drei Kinder hatte, ging ihr nicht aus dem Kopf. Molly hatte am Morgen die Vermutung geäußert, Philippe sei vielleicht eifersüchtig, weil er seine Mutter mit ihrer Familie teilen müsse. Dieser Gedanke verfolgte sie schon den ganzen Tag und vertiefte die Schuldgefühle, die sie ihrem Sohn gegenüber empfand.
    Crystal hatte darauf gesetzt, dass Philippe sich bei ihren Eltern und Schwestern wohl und geliebt fühlen würde. Ursprünglich hatte sie vorgehabt, für sich und Philippe eine Wohnung in der Nähe zu suchen. Aber nun war schon ein Jahr vergangen, und sie wohnten immer noch in ihrem Elternhaus, in der Hoffnung, die Nähe zu ihrer Familie würde Philippe guttun. Doch offenbar stimmte das nicht.
    Ob Molly recht hatte?
    Der Gedanke, dass der Junge sich gegenüber ihren Eltern und Schwestern zurückgesetzt fühlte, quälte sie. Brauchte er sie jetzt ganz für sich allein? Würde er seine Lebensfreude zurückgewinnen, wenn sie sich ausschließlich auf ihn konzentrierte? Sie war bereit, alles zu versuchen. Aber wenn es nicht half, durfte sie nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wahrscheinlich hatten sie die beide nötig.
    Sobald Philippe heute Abend im Bett lag, wollte sie mit ihren Eltern darüber sprechen und sich zügig auf Wohnungssuche machen. Dann konnte sie endlich die wenigen Möbel aufstellen, die sie aus Chamonix mitgebracht und im Keller ihres Elternhauses deponiert hatte.
    Vielleicht hielt Philippe sich deshalb am liebsten in seinem Kinderzimmer auf, weil sie sich bemüht hatte, es genauso einzurichten wie sein Zimmer in Chamonix. Vielleicht würde sich seine Zunge lösen, wenn ihn auch in den anderen Räumen ein paar vertraute Gegenstände umgaben. Es muss einfach klappen, dachte sie verzweifelt.
    Im Zentrum von
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