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Liebesfilmriss

Liebesfilmriss

Titel: Liebesfilmriss
Autoren: Jill Mansell
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Dingen hingeben.«
    Carla zuliebe sagte Ginny: »Ist gut, ich rufe sie an. Ich wünsche dir ein schönes Wochenende. Wir sehen uns morgen Abend, wenn ich zurückkomme.«
    »Meine Wochenenden sind immer schön.« Carla tätschelte ihren flachen, braungebrannten Bauch. »Ich bin eine Frau auf dem Höhepunkt ihres Daseins!« Zufrieden fügte sie hinzu: »Außerdem wird Robbie vorbeischauen.«
    Robbie war die jüngste Eroberung in der langen Reihe austauschbarer, hübscher Jungen, die Carla wegen ihrer durchtrainierten Körper, ihrer langen Haare und ihrer … äh … ebenso langen anderen Teile bevorzugte. Das Letzte, was sie wollte, war eine feste Beziehung.
    »Na schön, dann mache ich mich jetzt auf den Weg.« Ginny umarmte sie.
    »Grüße Jem von mir. Fahr vorsichtig.«
    »Mache ich.«
    Als Ginny das Haus verließ, rief ihr Carla nach: »Und vergiss nicht, Jem vorher anzurufen. Vielleicht passt es ihr nicht, wenn du vorbeischaust.«
    Mein Gott, wie brutal beste Freundinnen sein konnten. Wäre Ginny nicht so voller Vorfreude gewesen, sie hätte sich womöglich geärgert.
    Aber so war Carla eben. Sie war keine Mutter, wie sollte sie das also verstehen können?
     
    »Mum! Ich fasse es nicht – wie toll, dass du hier bist!« Mit einem strahlenden Lächeln katapultiert sich Jem wie eine Rakete in die Arme ihrer Mutter und umarmt sie so fest, dass Ginny kaum noch Luft bekommt.
    O ja, das klang gut. Oder auch:
    »Mami, o mein Gott, das ist die schönste Überraschung meines
ganzen
Lebens … du ahnst ja nicht, wie sehr ich dich vermisst habe!«
    Hoppla, sie durfte sich jetzt nicht selbst zum Weinen bringen. Ginny blendete die glücklichen Wiedervereinigungsszenen aus, die sich ihre Phantasie ausgemalt hatte, und musste kräftig blinzeln, um sich auf die Straße zu konzentrieren. Die Fahrt von Portsilver im Norden Cornwalls nach Bristol dauerte dreieinhalb Stunden. Bislang lief alles nach Plan, und sie würden um ein Uhr ankommen. Glücklicherweise genoss Bellamy nichts mehr als eine schöne, lange Autofahrt, und so lag er mit heraushängender Zunge zufrieden eingerollt auf dem Rücksitz. Jedes Mal, wenn Ginny aufgeregt rief: »Wen werden wir gleich sehen, Bellamy? Na? Wir werden gleich
Jem
sehen!«, öffnete er ein Auge und wedelte gemächlich mit dem Schwanz.
    Drei Wochen war es nun schon her, dass Jem ausgezogen war, und Ginny vermisste sie ständig. Ihre Tochter war der wichtigste Mensch in ihrem Leben – so einfach war das.
    Während Ginny Bristol immer näher kam, schwelgte sie in glücklichen Erinnerungen.
    Als sie an ihrem achtzehnten Geburtstag Gavin Holland heiratete … na ja, es stellte sich später als Fehler heraus, aber wie konnte sie das bedauern, wo sie beide doch Jem hervorgebracht hatten?
    Die Geburt – wie sie sich durch immer entsetzlichere Wehen geschnauft und gedroht hatte, Gavin die Zähne einzuschlagen, als er wehleidig rief: »Aua, würdest du bitte meine Hand nicht so fest drücken, das tut
weh

    Wie sie Jem endlich in den Armen gehalten und haltlos geschluchzt hatte, weil die Welle der Liebe viel überwältigender war, als sie es sich vorgestellt hatte, insbesondere wenn man bedachte, dass die schreiende Kreatur, die sie in ihren Armen wiegte, voller Blut und Schleim und Schmiere war.
    Und dann später, wie die winzigen gespreizten Fingerchen in die Luft fassten … Dieses erste, magische Lächeln … Der erste Schultag (»Mami, geh niiiiicht weeeg!«) … und der Ausdruck blinder Panik in Jems Gesicht, nachdem sie ihren Brief an den Weihnachtsmann abgeschickt hatte, denn was, wenn er sie mit der anderen Jemima verwechselte, der mit den abstehenden Ohren und der Brille in der Klasse von Miss Carter?
    O ja, es hatte so viele perfekte Augenblicke gegeben. Ginny lächelte. Okay, sie und Gavin hatten sich getrennt, als Jem neun war, und das war traurig gewesen, natürlich war es das, aber es hatte ganz sicher nicht das Ende der Welt bedeutet. Gavin hatte sich als nicht ganz so familienorientierter, treuer Mann erwiesen. Trotzdem war er immer ein liebevolle Vater gewesen und hatte Jem nie enttäuscht. Und Jem hatte die Trennung ihrer Eltern und die nachfolgende Scheidung wirklich sehr gut verkraftet und die unvermeidbaren Veränderungen spielend bewältigt.
    Seit damals waren Ginny und Jem unzertrennlich gewesen, hatten einander so nahe gestanden, wie es Mutter und Tochter nur konnten. Selbst die gefürchtete Pubertät hatte ihrer Beziehung nichts anhaben können und Ginny wusste, dass sie es
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