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Liebesbisse

Liebesbisse

Titel: Liebesbisse
Autoren: Claire Castillon
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immer gesagt? – Deine Freunde werden den Männern der Familie nie das Wasser reichen können. Ich muss zugeben, dass uns dieser Schwarm Trottel immer sehr amüsiert hat, und wir verdanken Dir unzählige Lachanfälle. Wie gern denke ich an die Sonntage zurück, wenn wir alle beim Tee zusammensaßen und auf den neuen Esel warteten, der rot wurde und sich zu unser aller Vergnügen auf den Teller Makronen stürzte, die Maman gemacht hatte. Und Du hast jedes Mal gestrahlt, als wäre es der Mann fürs Leben. Deine Schminke war zu dick aufgetragen, schon damals warst Du hässlich! Egal, jetzt ist es raus. Mehr konnte man nicht erhoffen. Du bist eine alte Kuh geworden. Dein Mann war vielleicht noch der Beste von allen und wahrscheinlich nicht mal der Dümmste, deshalb ist er auch abgehauen.
    Du bist abscheulich. Du bist ja krank vor Eifersucht! Wenn mir etwas zustößt, bist Du schuld, das kann ich Dir sagen. Doch bis es so weit ist, gib mir meine Kommode zurück.
     
    Erpressung! Darauf haben wir ja nur gewartet! Madame stirbt! Das sollen wir jetzt wohl auch noch glauben! Aber das läuft nicht mehr. Wenn Madame sich den Kopf wegpusten will, bitte; das interessiert niemanden, Du hast den Teufel schon zu oft an die Wand gemalt. Zu oft hast Du uns genötigt, völlig aufgelöst in Deine Bude zu stürmen, wo Du im triefenden Morgenrock rumgeflennt hast. Wir hatten Angst, Du bringst Dich um. Unsere arme Mutter kam fast um vor Sorge. Sei jetzt still und lass uns in Frieden. Und sieh Dir die Fotos an, die wir Dir geschickt haben. Vielleicht findest Du eines von Dir aus jener Zeit, und wenn Du Deine Visage siehst, verstehst Du sicher, warum wir die Nase voll haben.
     
    Schreib bitte nicht »wir«, wenn Du »ich« meinst. Du verwechselst immer alles. Wir hatten geglaubt, Deine Legasthenie sei geheilt, aber man hat vergessen, Dein Gehirn zu heilen. Es ist so hohl wie eine Suppenschüssel. Das hat Papa doch immer gesagt, nicht wahr? Er war geduldig mit Dir, nie hat er seine Enttäuschung gezeigt, doch mir hat er seine Zweifel über Deine Zukunftsaussichten und Deine Erfolgschancen anvertraut. Heute weiß ich, dass Du auch noch an Gedächtnisschwund leidest, sonst würdest Du Dich erinnern, wie oft ich Dir geholfen und Dich gedeckt habe, und Du würdest Dich erkenntlich zeigen, wie es zwischen normalen Menschen üblich ist. Ja, ich habe Dich gedeckt. Bei Solange, bei anderen. Aus Rücksicht sage ich nicht noch mehr, denn ich kann mir denken, dass sie diesen Brief laut liest, direkt hinter Deiner Schulter, auf die sie sich stützt, damit Du ihr Schecks ausstellst. Gib mir meine Kommode zurück, und wir reden nicht mehr darüber.
     
    Sinnlos, die Sache weiterzuverfolgen. Ich habe die Füße Deiner Kommode abgesägt und mir Stelzen gebaut, damit ich würdevoll auf Dich herabsehen kann. Aber ich habe Dir eine Schublade übrig gelassen, die sollst Du unbedingt bekommen. Wenn Du ein Brett über die Öffnung nagelst und an beiden Seiten Griffe anbringst, wirst Du leicht herausfinden, was Du damit anfangen kannst. Meine Solange kümmert sich um die Kränze.
     
    Dein großer Bruder
     
    PS:
    Ich füge diesem Schreiben eine Mitteilung bei, die Dir von Rechts wegen zusteht. Als ich die Kommode zersägt habe, habe ich ein Geheimfach entdeckt, ein Brief ist herausgefallen. Er ist von Maman und an mich adressiert. Ich hatte ja versprochen, Dir Einsicht in die Papiere zu gewähren. Dieses Dokument stelle ich Dir nun mit Freude zu.
     
     
    Gérard, mein Schatz,
    ich weiß, dass Du informiert bist. Danke, dass Du mir keine Vorwürfe machst. Deine Schwester hat mich nie wegen ihrer blauen Augen gefragt. Diese Augen, die mir den Kopf verdreht haben, während Dein Vater auf Dienstreise war. Du warst wunderbar, Ihr wart wunderbar. Dein Vater hat sie behandelt wie seine eigene Tochter, und Du sollst sein Andenken ehren, indem Du schweigst. Sag Deiner Schwester nichts, sie hat schon genügend Sorgen mit ihren Männergeschichten.
    Ich küsse Dich, mein Schatz, und von dort, wo ich nun bin, sehe ich Dich und liebe Dich,
     
    Deine Maman

Tod der Ratte!
    Manchmal stelle ich eine Frage, und anstatt mir zu antworten, wiederholt mein Mann in einem idiotischen Tonfall, was ich gerade gefragt habe. Zu wichtigen Anlässen gibt es Gänseleberpastete mit Portweingelee, und vor den Gästen sagt er dann immer voller Genugtuung: Hast du das gemacht, Mutti, dieses leckere Gallert auf der Pastete? Ich weiß nicht, warum er das Bedürfnis hat, mich herabzuwürdigen.
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