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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen
Autoren: Denise Danks
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cover me...?« — ihren Clubhit — eine Menge Material aus seinem Song »Cover me (I want your love)« gesammelt, und nachdem Carla unterschrieben hatte, setzte sie niemand mit kleinlichen Plagiatsvorwürfen unter Druck. Statt dessen fertigte Ghea ein Remix ihres Songs an und brachte es mit einem Video auf den Markt, in dem ein altes Tape mit Johnny Waits’ Performance und Carlas Hüften vorkam. Es wurde die Nummer eins. Der schlanke, wilde Waits und meine anarchische Freundin Carla waren eine verführerische Kombination, die sich S-E-X buchstabierte, und in Marketingkategorien buchstabiert man so ein Gratisticket in großen, leicht lesbaren Buchstaben.

    Sie kam zurück und hatte zwei neue dampfende Kaffeebecher in der einen und einen Teller mit frischem Toast und Ingwermarmelade in der anderen Hand. »Entschuldige, diesmal ist es Pulverkaffee«, sagte sie.
    »Ich nehme ihn trotzdem«, sagte ich. Allmählich bekam ich Kopfschmerzen. Das kam in letzter Zeit öfter vor. Daß der Kater anfing, bevor die Party vorbei war.
    Sie setzte sich neben mich auf den Boden, diesmal, und stellte den Teller vor sich. »Weißt du, daß Waits dieses Jahr Weihnachten mehr LPs verkauft hat als in den vergangenen fünf Jahren?« sagte sie.
    »Oh, das ist ein Trost, nicht?« Ich winkte ihr, sie solle mir den Toast reichen.
    »Na, bei ihm lief nicht viel, bevor >Why doncha< rauskam. Das hat zunächst mal die Verkaufszahlen für seine LP hochgehen lassen. Die Rede war sogar von einer neuen LP.«
    »Und was passiert jetzt?« fragte ich.
    »Ich nehme an, sie werden eine LP mit Studioabfall rausbringen, dazu ein paar Tracks, an denen er noch arbeitete, als er starb. Gott, besser hätte es ihm nicht mal gehen können, wenn er einen Wohltätigkeitsauftritt gemacht hätte. Ich meine, so zu sterben.«
    »Ja. Ich nehme an, in eurer Branche nennt man das den ultimativen Karrieretrick.« Carla zog den Kopf zwischen die Schultern, als sie meinen Tonfall hörte.
    »Ach, komm schon! Es ist doch nicht meine Schuld, verdammt noch mal — oder? Es ist nur zufällig wahr. Kann ich denn nicht mit dir reden?«
    Ich schnitt eine Grimasse, und draufhin schob sie den Toastteller weg, so daß ich nicht mehr herankam. Sie hatte recht. Die Morgenzeitungen hatten wahrscheinlich angefangen, ihn heiligzusprechen, und Ghea war schon dabei, neue Auflagen seiner LPs zu pressen, um die gestiegene Nachfrage zu befriedigen. Ich schaute wieder aus dem Fenster. Das Licht war jetzt sehr hell und tat mir in den Augen weh. Ich wollte sie schließen und Schlafengehen.
    Carla stand auf und legte mir die Hand auf die Schulter. »Komm. Hier ist nur ein Bett, aber wir kommen schon zurecht, was?«
    Ich glaube, wir kamen. Unter dem Kopfkissen bewahrte Carla einen Vibrator auf, und ich brachte es fertig, mir den Kopf daran zu stoßen. Als ich ihr die Trophäe wie eine olympische Fackel vors Gesicht hielt, behauptete sie, es sei ein Geschenk von St. John. Er meinte, es sei die einzige Art, heutzutage eine Tournee zu überleben, wie die Dinge nun mal lägen. Ich sagte, das sei aber eine verfluchte Methode, auf Safer Sex hinzuweisen, und das letzte, woran ich mich erinnere, war, daß Carla kicherte und mir erzählte, ich hätte hübsche kleine Titten.

Sechs Monate später war sie bei mir und stöberte auf meinem Schreibtisch herum. Mir war das egal; ich hatte ihn lange nicht benutzt.
    »Was machst du jetzt eigentlich?“
    »Nichts Besonderes.«
    »Du arbeitest also nicht für Technology Week oder sonst jemanden?«
    »Nein.«
    »Wieso nicht?«
    »Meinungsverschiedenheiten über Grundsätze.«
    Carla verzog das Gesicht ob meines moralischen Tonfalls; also erzählte ich ihr ein wenig. »Ich habe eine Story über einen internationalen Finanzskandal geschrieben und wurde übers Ohr gehauen. Es ging dabei um meinen Ex-Gatten Eddie und um einen guten Freund, weißt du, Warren Graham. Er war ein Computerfreak, wie man das so sagt. Das hier war früher seine Wohnung. Das war’s im Grunde schon. Okay?«
    »Und warum schreibst du dann nicht mehr über Computer?«
    »Manchmal tu ich’s noch... Ich habe nur gerade ein Urlaubsjahr.«
    »Ach, ich verstehe. Du weißt nicht, was du machen sollst, aber du hast genug Geld, um ein Weilchen herumzusitzen und nichts zu machen, bis dir was einfällt.«
    »Haargenau. Wie spät ist es?«
    »Acht. Willst du was essen?« Sie ging in meine kleine Küche mit der wunderbaren Aussicht auf die einförmig übereinandergestapelten Balkone der Doppelhochhäuser, die
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