Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen
Autoren: Denise Danks
Vom Netzwerk:
Stroboskope zerlegten die Bewegungen ihrer Arme und Köpfe in Einzelbilder zum schnellen Beat, und der Baß dröhnte laut. Er vibrierte durch den schwarzweiß-karierten Fußboden heran und hallte von der unterirdisch niedrigen Decke herunter. Man fühlte, wie er einem durch den Arm herunterkribbelte und das Dosenbier in der Hand zum Schäumen brachte. Aber diese Kids hatten wilde Augen vom Orangensaft, und ihre feuchten Locken waren mit »Sag nicht’s — , das ist Springsteen«-Tüchern zurückgebunden. In übergroßen, ausgebeulten, grellbunten T-Shirts und schreienden Shorts sprangen sie auf und ab. Ihre Füße in den ladenneuen High-Tech-Laufschuhen stampften pumpenartig auf und ab. Es war wie beim Training im Aerobic-Kurs: biegen und biegen und strecken und strecken. Ihre Körper verrenkten sich so schnell, daß es manchmal so aussah, als wären die Beine verkehrt herum befestigt. Ich kam mir vor wie eine Außenseiterin, zahm und verkommen zugleich mit meinem Alkohol, meinem kleinen schwarzen Kleid und den großen schwarzen Doc-Martens-Schuhen.
    Wenn ich es mir recht überlege, waren nur zwei andere Leute in dem Lokal, die genauso zahm aussahen: der große blonde Christian Dexter und sein Trinkpartner John St. John, ein stämmiger, aschblonder Army-Typ, der in seinem teuren, weiten, hellen Anzug vor sich hin schwitzte. Dexter sah wenigstens cool aus mit seinem kleinen Pferdeschwanz, seiner ausgeblichenen Levi’s 501 und dem Polohemd mit dem Alligator drauf. Aber sie hatten keinen Grund, sich wegen irgend etwas den Kopf zu zerbrechen. Sie hatten Macht. Dexter war der Chef von Ghea Records, und St. John war Carlas Manager, und wir alle drei waren an der Bar in Deckung gegangen und sahen uns die Show an. St. John stieß Dexter in die Seite. Carla baute sich zu ihrem gewaltigen Schrei am Anfang ihres von Waits übernommenen Clubhits »Why doncha cover me (I want your love)?« auf. Es sah aus, als ob ihre Hüften die Füße in den Boden schrauben wollten. Ich schaute hinüber zu dem Ghea-Mann, aber der rührte keinen Muskel. Er blickte einfach starr geradeaus. St. John sah aus, als würde er gleich in Flammen aufgehen, und dann rastete das Publikum aus. Keith trieb Carla voran, daß es eine Art hatte. Mick stopfte Teig in sein Keyboard. Es war so wild, daß sie die lange Remix-Version spielten, und zwar zweimal.
    Ja, das war der Abend, als Christian Dexter hinter die Bühne ging und ihnen sagte, Ghea Records wollten Carla haben; und John St. John sagte Mick und Keith, daß sie draußen waren. Die Jungs waren verständlicherweise aufgebracht.
    »Verpißt euch bloß!« sagte Mick und riß eine Bierdose auf, so daß alle Anwesenden von dem angenehm kühlen Sprühstrahl benetzt wurden.
    Carla, Keith und ich hockten zusammengedrängt an einem Tisch vor einem mit Stickern übersäten Spiegel, und Mick, Dexter und St. John standen. Für einen rechten oder linken Schwinger war nicht genug Platz, und so wurde die Ausdrucksweise zunehmend übel.
    Carla sagte nicht viel, und Mick wirkte viel wütender als Keith. Keith saß zurückgelehnt da, den verschwitzten Kopf an den Spiegel gelehnt, und starrte an die Decke, während Mick und St. John die Brüllerei übernahmen. Dexter hielt sich ebenfalls zurück, und St. John, kompakt, muskulös und unverrückbar wie ein Pitbull-Terrier, verbiß sich fest in seine zehn, fünfzehn oder zwanzig Prozent von Was-weiß-Ich.
    Es erforderte ungefähr eine Viertelstunde gegenseitiger Beschimpfungen, bis Dexter seine tiefe Stimme erhob und alles im Raum zum Schweigen brachte. »Hört mal zu, vergeßt es, Boys, okay? Es ist vorbei. Carla, paß auf. Du hast eine großartige Zukunft. Du wirst ein Star werden. Du hast es in dir. Aber nur du, nicht die beiden.« Er sah sie geradewegs an, sah ihr in die Augen, und er sprach langsam und bedeutsam, als wollte er ihr sagen, daß er sie liebe. Es war eine schöne Hypnosenummer, und Carla sog es gierig auf. Mick zerquetschte die Bierdose in der Hand und stöhnte angewidert, aber sonst tat niemand etwas. Das ist der Stoff, aus dem Rockträume gemacht werden in Räumen, die nach frischem Schweiß und heißen Füßen riechen und drei Quadratmeter groß sind, wie die Garderobe der legendären »Sweat Box«.
    Das war es. Carla unterschrieb und Big nicht. Aber Big machte etwas daraus. Na ja, zumindest aus dem ersten Hit. Ghea Records hatten ein paar große Namen in ihren Büchern, und Johnny Waits war einer der größten. Carla und Big hatten für »Why doncha
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher