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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer
Autoren: dtv
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dieser
     John Wäyn die armen Indianer im Fernsehen ständig einen nach dem anderen erbarmungslos abknallt. Und es ist irgendwie beruhigend
     zu wissen, dass die Amis ihr Türkenproblem schon lange vor den Deutschen hatten. Dass die Deutschen aber auch alles von den
     Amerikanern abgucken müssen!
    Lieber Onkel Ömer, zu dem ganzen Ärger mit den rotzenden Verkäufern und hustenden Köchen weigert sich |19| meine Frau Eminanim leider auch noch, das tägliche Brot selber zu backen – selbst bei minus dreißig Grad.»Wir sind doch nicht
     bei deinem Onkel Ömer in Anatolien! Hier kannst du an jeder Ecke Brot kaufen, raus mit dir«, brüllt sie und schubst mich kalt
     lächelnd hinaus in die eisige Kälte. Nicht mal einen Hund jagt man bei so einem Mistwetter auf die Straße – mich schon!
    Im Gegenzug würde ich zumindest von ihr erwarten, dass sie beim Kochen Handschuhe und einen Mundschutz trägt. Sie wehrt sich
     aber vehement dagegen, den ganzen Winter über mit Mundschutz herumzulaufen.
    »Osman, du Memme, wie kann man denn vor der Grippe nur solche Angst haben, du Weichei«, hat sie mich gestern blöd von der
     Seite angemacht.
    »Wegen der gefährlichen Männergrippe machen sich doch alle Männer unheimliche Sorgen«, verteidigte ich mich.
    »Wenn du so ein Feigling bist, dann lass dich doch impfen«, keifte sie mir ins Gesicht – und das ohne jeden Mundschutz!
    »Also gut, ich gehe sofort zum Arzt, bevor die brutalen Viren, die du mir eben ins Gesicht geschleudert hast, ihre zerstörerische
     Arbeit aufnehmen können«, antwortete ich besorgt.
    Mit meinem um den Mund gewickelten roten Schal, den mir meine liebe Tante Ülkü gestrickt hat, sprang ich in die Straßenbahn.
     Bei Allah, das war keine Straßenbahn, sondern ein mobiles Lazarett für Lungenkrankheiten. Wie ein Slalomläufer flitzte ich
     durch die Sitzreihen, wobei ich natürlich von allen Seiten mit bösartigsten Bazillen bombardiert wurde.
    |20| Lieber Onkel Ömer, warum halten sich die Idioten – wenn sie schon unbedingt in meine Richtung husten müssen – nicht ein Taschentuch
     vor ihren Mund? Jawohl, du hast recht, das ist ein Anschlag auf mich. Klarer Fall von Ausländerfeindlichkeit!
    Ich flüchtete sofort ganz nach hinten und sah erschrocken, dass bei dieser sibirischen Kälte alle Fenster offen waren. Der
     unglaublich starke Durchzug in der Bahn ließ mich auf der Stelle erzittern wie bei einem Malariaanfall. Ich zog selbstverständlich
     sofort die Notbremse, sprang hinaus und hielt ein Taxi an.
    »Haatschiiii … wohin soll ich Sie bringen?«, fragte der Taxifahrer mit triefender, knallroter Nase.
    »Fahren Sie sofort nach Hause, bevor Sie die ganze Stadt umbringen, Sie Selbstmordattentäter, Sie«, schrie ich ihn an und
     flüchtete panisch aus dem Taxi.
    Über Seitenstraßen und versteckte Geheimwege erreichte ich zu Fuß doch noch meinen Arzt.
    »Haaatschiii … was fehlt Ihnen denn?«, bibberte zu allem Überfluss auch noch die Arzthelferin.
    »Also mir fehlten bisher nur Ihre Bazillen. Aber jetzt haben Sie mich erfolgreich angesteckt, herzlichen Glückwunsch«, brüllte
     ich sie an und flüchtete umgehend ins Wartezimmer. Dort fanden bereits mehrere Wettbewerbe in verschiedenen Winter-Disziplinen
     statt: »Spuckeweitwurf«, »Virenstaffellauf« und »Bazillenmarathon«.
     
    Lieber Onkel Ömer, was sollte ich machen? Bis ich vom Arzt aufgerufen wurde, versteckte ich mich zwei Stunden in der Toilette.
     Der Doktor fand das erst mal sehr lustig. Wenig später war er nicht mehr ganz so amüsiert, als ich |21| darauf bestand, dass er mir meine Grippeimpfung selber aus dem Schrank holte. Ich weigerte mich nämlich entschieden, die Mikroben
     gespritzt zu bekommen, die die rücksichtslose Arzthelferin mit ihren keimverseuchten Fingern angeschleppt hatte.
     
    Lieber Onkel Ömer, ob Du es glaubst oder nicht, als ich dann nach einer Stunde wieder zu Hause ankam, war ich todkrank! Mir
     war elend, mir war heiß, mir war kalt, ich zitterte, ich schwitzte, ich hatte schreckliche Kopfschmerzen!
    Die Tabletten, die ich gegen Kopfschmerzen einnehmen musste, verursachten unerträgliche Magenkrämpfe – gut, dass ich vorher
     die Liste mit den Nebenwirkungen gelesen hatte.Die Tropfen, die ich gegen Magenkrämpfe schluckte, ließen meine Nieren aufheulen.
     Die Tabletten, die meine wahnsinnigen Nierenschmerzen etwas lindern sollten, sorgten dafür, dass man auf meiner Stirn Eier
     kochen konnte. Die drei großen Zäpfchen, die ich einführte,
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