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Liebe unter Fischen

Liebe unter Fischen

Titel: Liebe unter Fischen
Autoren: Rene Freund
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systolische Pumpfunktion und keine Klappendysfunktion. Von der Stoffwechselfunktion her besteht eine Euthyreose .«
    » Eiterrose«, murmelte Fred erschrocken. » Kann man daran sterben ?«
    Wieder musste die Ärztin lachen. » Euthyreose bedeutet, dass Ihre Schilddrüse vollkommen normal funktioniert. Herr Firneis, Sie sind gesund .«
    » Das hat sich aber nicht so angefühlt .«
    » Sollten Sie in nächster Zeit noch mal dieses Herzrasen bekommen: Es ist ungefährlich, machen Sie sich das klar. Es kann Ihnen nichts passieren. Ich geb Ihnen ’nen Tipp – halten Sie Ihren Kopf unter kaltes Wasser, das hilft oft. Und rauchen Sie nicht so viel, Mann !«
    » Bekomme ich gar keine Medikamente ?« , fragte Fred enttäuscht.
    » Ich kann Ihnen ein Rezept für ’nen Betablocker ausstellen, das sorgt mal für Ruhe .« Mit leiser Stimme fügte sie hinzu: » Es gibt Kollegen, die würden Ihnen das Zeug vorsorglich lebenslang verschreiben. Ich rate Ihnen, nehmen Sie die Tabletten eine Woche lang, und dann werfen Sie die Packung weg. Das haben Sie aber nich’ von mir !«
    » Ich versteh nicht ganz … «
    » Ich bin ein Fan von Ihnen, Herr Firneis. Nicht jeder bekommt hier ein Einzelzimmer, wissen Sie? Ich dachte, nach Hölderlin und Klopstock in der Schule würde ich nie wieder Lyrik lesen. Ich … ich liebe Ihre Gedichte. Vor allem die Liebesgedichte !«
    » Und deshalb soll ich die Mittel nicht nehmen .«
    » Sie sind ein junger Mann … «
    Fred setzte sich im Bett auf: » Das hat schon lange niemand mehr zu mir gesagt. Schwester! Champagner für die Dame, bitte !«
    » Im Ernst, Herr Firneis. Betablocker haben Nebenwirkungen, was die erektile Funktion betrifft. Das wäre doch schade, nicht ?«
    Fred zuckte mit den Schultern. Momentan war ihm das egal, aber er brachte es doch nicht übers Herz, das zu sagen.
    » Außerdem sind Sie nicht krank«, insistierte die Ärztin.
    » Das sagen Sie !«
    » Das sagen unsere Geräte … «
    » … Aber … «
    » Reden Sie mir nicht drein, wenn ich Sie unterbreche! Ich weiß, Ihr persönliches Empfinden mag ein anderes sein als die beschränkte Weisheit unserer Computer. Ich kann Sie allerdings beruhigen, Sie sind hier nicht in irgendeiner Klinik, Sie sind in der Charité .«
    » Ich bin wahnsinnig stolz drauf«, ächzte Fred.
    » Wenn Sie diese Rhythmusstörungen endgültig loswerden wollen, kann ich Ihnen aus meiner Erfahrung nur drei mögliche Therapien empfehlen: Erstens, eine Psychotherapie .«
    » Abgelehnt .«
    » Zweitens: Meditation .«
    » Das ist noch schlimmer. Meditation treibt mich in den Wahnsinn !«
    » Drittens – ziehen Sie sich eine Zeitlang zurück, in die Ruhe. Gehen Sie in die Stille. In eine Berghütte zum Beispiel .«
    Fred sprang mit einem Satz auf, lief zum Fenster und drehte sich theatralisch um: » Das ist ein Komplott! Geben Sie es zu, Sie stecken unter einer Decke !« Die Sache mit der Berghütte konnte kein Zufall sein. Seien Sie in meiner Hütte kreativ oder so ähnlich hatte Susanne gesagt. Hütte – Berghütte – das war zu viel des Guten!
    » Was genau meinen Sie mit Komplott, Herr Firneis ?«
    » Hütte – Hütte! Das ist das Hüttenkomplott !«
    Fred ging zum Schrank und begann, sich hastig anzukleiden.
    Die Ärztin schien nun doch ein wenig irritiert: » Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Aber gewisse zwanghafte Vorstellungen passen absolut zu Ihrem Störungsbild. Wollen Sie nicht noch zu Mittag essen ?«
    » Nein, danke .«
    » Na dann. Tschüss, Herr Firneis. Auf Wiedersehen sag ich mal lieber nich’ .«
    In der Tür drehte sich die Ärztin noch einmal um. Sanftmütig sagte sie: » Meine Enkeltochter hat gerade die Schule gewechselt. Sie hatte große Ängste vor der neuen Schule, aber sie hat mir verraten, wie sie diese Ängste in den Griff bekommt: Oma, immer, wenn ich nicht weiß, was ich tun soll, rede ich mit der kleinen Fee, die in meinem Herzen wohnt. Da bekomme ich eine Antwort .«
    Fred hatte nicht wirklich zugehört und sah die Ärztin ratlos an – gehörte diese Fee auch zum Komplott?
    » Denken Sie dran, Herr Firneis«, sagte die Ärztin, ging hinaus und schloss die Tür.

27 . Juni

    Seit Fred Firneis bei Passau über die Donau gefahren war, regnete es. Das Wasser floss sturzbachartig über die Windschutzscheibe, obwohl der Scheibenwischer auf der höchsten Stufe lief. Immerhin konnte Fred nun fahren, nachdem er auf der Autobahn A 9 kurz vor der rettenden Abzweigung bei Hof in einem 25 Kilometer langen Stau gestanden war.
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