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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord
Autoren: Daniel Imran
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sollen wir jetzt tun?“
    Er ließ seine Hände fallen, seine blutunterlaufenen Augen wurden noch rötlicher.
    „Ich muss das ganze Dorf zusammenrufen. Kommt mit!“
     
    Der Köter knurrte, Meridschan blieb erstarrt stehen.
    „ Ibi sta!“, rief Matthias dem Hund entgegen. Der Hund senkte seine Schnauze. „Er tut dir nichts. Er ist mein Freund. Ich nenne ihn Cäsar. Er versteht Latein.“
    Der kleine Mann lachte wie ein gerissener Gauner mit einem gut durchdachten Plan im Kopf. Das hübsche Mädchen entspannte sich. „Du kannst Latein sprechen?“
    Es kamen von Zeit zu Zeit immer wieder europäische Missionare ins Dorf. Sie übernachteten im Kloster d'Ghsale auf der Ostseite des Dorfes. Sie hinterließen als Geschenke viele Schriften aus ihrer Heimat. Einer der aramäischen Mönche namens Petrus schenkte Matthias viele dieser Schriften, darunter waren auch einige über römische Geschichte. Matthias studierte eifrig diese Bücher.
    Sie betraten das Dorf von der Südseite. Sie schlenderten über den Kirchhof. Dort begutachteten zwei Jugendliche Meridschan mit wolllüstigen Augen.
    Sie kamen beim Haus des Abunas an. Der Arzt und der Abuna traten gerade heraus aus dem Haus. Der Priester starrte Matthias grimmig an. „Matthias, wo bist du gewesen?“
    „ Abuna, ich muss Euch alles erzählen.“
    „ Warum ist dieses Mädchen in deiner Begleitung?“
    „ Abuna, Ihr müsst mich anhören.“
    In all der Aufregung und der Überstürzung hatte Matthias nicht bedacht, in welch sittenwidrige Situation er sich gebracht hatte.
    Matthias starrte den Abuna an wie ein verzweifeltes Kind, welches sich in

 
    die Sicherheit der Arme des Vaters wiegen möchte, der Abuna seinerseits starrte den jungen Mann an wie ein enttäuschter Vater, welcher sich von ihm abwandte.
    „Er hat sich oben in der Anhöhe versteckt, auf der Südseite. Dort habe ich ihn eben entdeckt“, sagte Meridschan und schaute beschämt.
    „ Wer hat dir erlaubt, allein durch die Hügel zu streifen? Verzeiht Ihr, Abuna, sie ist noch ein halbes Kind!“, brüllte ihr Bruder sie an.
    Der Priester schüttelte enttäuscht den Kopf wie ein schizophrener Mann. Er eilte davon. Matthias entschied sich, dem Priester lieber kein Wort mehr hinterher zu rufen.
    Abdullah packte seine Schwester am rechten Arm und schleifte sie mit sich.
    Hatten alle Bewohner des Dorfes nicht viel für ihn übrig, wie dem Kleinwüchsigen bewusst war, so war der Dorfpfarrer seine einzige Hoffnung. Nun stand er allein da, verzweifelt und den Tränen nahe.     
    „Onkel!“
    Wie ein Funke inmitten der dunkelsten Finsternis tauchte dieser Ruf auf. Er drehte sich um. Er sah den kleinen Aziz, den jüngsten von fünf Kindern seines ältesten Bruders Isa.
    „Onkel, ich muss dir etwas erzählen.“
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

 
    Wesir Muhammad Ali
     
     
    Er knallte die Tür hinter sich zu wie ein wild gewordener Liebhaber. Seine Frau Aische stand auf der rechten Seite des Innenhofes und blieb erschrocken stehen. „Was ist mit dir geschehen? Du blutest.“
    Der Wesir taumelte zur linken Seite des Hofes, riss die Tür des Schlafgemaches auf und ließ sich wie ein Tuch aus Seide in der Luft langsam aufs Ehebett fallen.
    Seine Ehefrau stand in der Tür.
    Muhammad lag mit der rechten Gesichtshälfte auf dem Kopfkissen auf der rechten Seite des Bettes. Zwei nebeneinander gelegte doppellagige Matratzen bildeten das Bett.
    Er sah erschöpft aus, jedoch drehte er seinen Körper mit einem Schlag um und lag nun mit dem Nacken auf dem Kissen.
    „ Diese Aramäer, ...  ich habe sie in der Falle“, sagte er und keuchte danach. „Besser konnte es nicht kommen.“
    Seine Frau blickte nur sprachlos. Er erzählte ihr vom Vorfall in Badibe.
    „Ich hole dir heißes Wasser vom Hinterhof. Bade und schlafe dich danach aus.“
    „ Nein! Gehe und hol dieses Parfüm, das so gut riecht wie Jasmin, das uns unser Agha zu deinem Geburtstag geschenkt hat.“
    Sie nickte und holte das Parfüm. Er sprühte etwas davon auf seinen Oberkörper. „Komm zu mir.“
    Aische war schon mit zwölf Jahren von ihren Eltern dem Wesir in die Ehe gegeben worden. Damals verstand sie nicht, warum sie das Haus ihrer Eltern verlassen musste. Muhammad Ali war überglücklich dieses zarte Geschöpf gegen die vielen anderen Freier für sich gewonnen zu haben. Er erkannte, was für eine sinnlich reizvolle Frau mit den Jahren aus ihr werden würde. Keine andere Frau konnte sein
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