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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2
Autoren: Michelle Zink
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in der Welt nicht verpassen wollen!« Sonias Wangen glühen rosa über dem Tiefrot ihres Abendkleides. Nachdem sie jahrelang zurückgezogen unter den Fittichen von Mrs Millburn in New York gelebt hat, erblüht Sonia förmlich unter der herzlichen Zuneigung anderer Menschen, die ihre Gabe und ihre Fähigkeiten teilen – und noch über viele andere verfügen.
    »Das möchte ich aber auch hoffen!«, sagt Elspeth. »Ich kann kaum glauben, dass es erst acht Monate her ist, da ihr mit Virginias Brief in den Händen vor unserer Tür standet. Und jetzt wären unsere Versammlungen ohne eure Gegenwart einfach nicht mehr dasselbe, obwohl eure Tante vermutlich erwartet, dass ich euch besser beaufsichtige.« Sie zwinkert schelmisch und Sonia und ich lachen laut auf. Elspeth führt bei der Organisation von Abendgesellschaften und Zusammenkünften der Society ein strenges Regiment, aber Sonia und mir gestattet sie alle erdenklichen Freiheiten. »Ich muss die anderen begrüßen. Wir sehen uns beim Essen.«
    Sie steuert auf einen Gentleman zu, den ich erkenne, obwohl er im Augenblick versucht, seine Fähigkeit in Unsichtbarkeit unter Beweis zu stellen. Es ist der alte Arthur Frobisher, von dem man in den heiligen Hallen der Society behauptet, er stamme von einer langen Reihe hochgestellter Druiden ab. Aber das Alter lässt seinen Zauber schwächlich erscheinen, und sein grauer Bart und die zerknautschte Weste sind als dünne Kontur in einer Art Nebel zu sehen. Er unterhält sich mit einem jüngeren Mitglied der Society.
    »Dir ist doch klar, dass deine Tante einen Herzanfall bekäme, wenn sie wüsste, wie wenig uns Elspeth beaufsichtigt, nicht wahr?« Sonias Stimme klingt schelmisch.
    »Aber sicher. Doch wir haben immerhin 1891. Wir leben nicht mehr im Mittelalter. Außerdem … wie sollte Tante Virginia jemals davon erfahren?« Ich grinse Sonia an.
    »Ich werde es nicht verraten, wenn du versprichst, auch nichts zu sagen.« Sie lacht laut und deutet mit einem Kopfnicken in die Menge. »Begrüßen wir die anderen, ja?«
    Ich schaue mich um, ob ich jemanden sehe, den wir kennen. Meine Augen bleiben an einem jungen Mann in der Nähe der reich mit Schnitzereien verzierten Treppe hängen. »Schau mal, da ist Byron.«
    Wir schlängeln uns durch die Menge. Gesprächsfetzen gleiten auf Wolken aus Zigarrenrauch und Parfüm zu mir hin, schwängern die Luft. Als wir Byron schließlich erreichen, sehen wir fünf Äpfel vor ihm durch die Luft kreiseln. Er steht bloß da, mit geschlossenen Augen und die Arme schlaff an den Seiten herabhängend.
    »Guten Abend, Lia. Guten Abend, Sonia.« Byron öffnet nicht seine Augen und die Äpfel fahren ungebremst mit ihrem luftigen Reigen fort. Ich habe schon lange aufgehört, mich zu fragen, woher Byron weiß, dass wir vor ihm stehen, obwohl seine Augen bei seinen kleinen Tricks immer fest geschlossen sind.
    »Guten Abend, Byron. Du wirst immer besser, wie ich sehe.« Ich nicke zu den Äpfeln hin, obwohl ich mir sicher bin, dass er die Geste nicht wahrnehmen kann.
    »Tja, nun, es amüsiert die Kinder und – natürlich – die Damen.« Er schlägt die Augen auf und schaut geradewegs in Sonias Gesicht, während die Früchte eine nach der anderen in seine Hand fallen. Mit einer eleganten Verbeugung reicht er ihr einen der glänzend roten Äpfel.
    Ich wende mich zu Sonia. »Hör mal, bleib doch und versuche, Byron das Geheimnis seines höchst … amüsanten Talents zu entlocken, während ich uns ein Glas Punsch hole. Einverstanden?« Sonias strahlende Augen verraten deutlich, dass sie gern in Byrons Nähe ist. Und dem Ausdruck in seinen nach zu urteilen, beruht diese Neigung auf Gegenseitigkeit.
    Sonia lächelt schüchtern. »Soll ich dich nicht doch lieber begleiten?«
    »Aber nein. Ich bin gleich wieder da.« Und schon habe ich mich der Punschschale aus funkelndem Kristallglas am anderen Ende des Raums zugewandt.
    Ich gehe am Klavier vorbei, das eine leichte Melodie spielt, obwohl niemand an den Tasten sitzt, und versuche herauszufinden, wer unter all den Gästen im Raum der Spieler ist. Eine durchsichtige Welle aus Energie verbindet eine junge Frau auf dem Sofa mit dem Instrument und verrät sie als die virtuose Pianistin. Ich lächle vor mich hin, zufrieden mit meiner Scharfsichtigkeit. Die Society bietet mir unendlich viele Gelegenheiten, meine Fähigkeiten zu verfeinern.
    Vor der Punschschale drehe ich mich um und schaue zu Sonia und Byron hinüber. Wie ich erwartet habe, befinden sie sich bereits ins
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