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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna
Autoren: Jérômel Savary
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Dollarbündel, das er stets bei sich hatte, einen Umschlag des Hotels Riviera. Also schrieb er eine Nachricht für seinen Vater und legte sie auf das Kopfkissen.
    Dann nahm er das Fahrrad des alten Fidel und ging, nachdem er sich noch schnell einen Strohhut und eine Plastiktüte für seine Papiere und seine Dollar geschnappt hatte, nach draußen.
    Er fuhr den Hafen entlang und steuerte den hintersten Schuppen an. Jo wusste, dass es nun um alles oder nichts ging.
    Wenn die Bullen noch da waren, war er verloren.
    Aber der Schuppen war leer.
    Lediglich ein Polier saß an einem alten Tisch, hörte Radio Reloj und döste vor sich hin.
    Das war Roberto, Jos Kontaktmann.
    Er öffnete ein Auge und rief beunruhigt: »Was hast du hier zu suchen, du Idiot!«
    »Keine Fragen, Roberto! Ich stecke in der Scheiße, genauso wie du, wenn du mich nicht sofort hier wegbringst.«
    Roberto steckte seine Puro wieder an und erhob sich dann schweigend. Er nahm eine Flasche Wasser aus dem Fischkühlschrank, ein Netz, zwei Angeln und eine Packung frische Sardinen als Köder.
    »Komm, Francés! … Wir beide gehen fischen … Du hast Glück, heute um zwei hab ich eine Lieferung …«
     
    ––– ¤ –––
     
    Jo ruderte, während Roberto das Netz auswarf, und ironischerweise war es ein ausgezeichneter Fang.
    »Willst du ein bisschen Fisch mit nach Miami nehmen?« Roberto holte unter der Vorderbank einen Schwimmreifen hervor und gab ihn Jo.
    »Gut, Gringo, ich weiß, das sieht nicht sehr elegant aus, aber du musst ihn anziehen, denn ich muss dich hier jetzt rauslassen. Ich muss zurück sein, bevor die lancha kommt … Wenn sie in zwei Stunden noch nicht da war, komme ich dich wieder holen.«
    Sie warfen den Reifen ins Wasser und Jo setzte sich hinein wie ein Opa.
    Roberto zog ein Handy aus seiner Unterhose, wählte eine Nummer, sagte nach kurzem Warten einfach nur »Si!« und warf das Gerät ins Meer.
    »Leb wohl, Francés, komm mich irgendwann mal besuchen und bring mir Zigaretten mit«, sagte er und hielt Jo die Wasserflasche hin. »Und vergiss die Lieferung nicht, die am Reifen hängt, es ist nicht viel, aber es ist guter Stoff, das bringt einen Haufen Geld ein! Wenn du einen Unfall hast oder wenn die Küstenwache kommt, wirf die Lieferung ab und ruf um Hilfe, wie ein turista in Seenot.«
    Mit kräftigen Ruderzügen entfernte er sich, und bald war Jo allein und schaukelte in seinem Reifen hin und her, wie irgendein Landei in Palavasles-Flots.
    Das Salzwasser brannte in seiner Wunde, die sich wieder geöffnet hatte und blutete. Er dachte an den alten Fischer von Hemingway, an die Haie, die vom Blut angelockt wurden und Kreise um das Boot zogen, ehe sie angriffen.
    »Das wäre ein lustiges Ende für dich, alter Jo! Vor der Küste von Puerto Esperanza von den Haien gefressen!«
    Die Sonne stand nun hoch oben am Himmel und knallte gnadenlos herab.
    Jo sagte sich, wenn er schon in einem Reifen sterben müsse, dann wenigstens gut gelaunt. Er legte die Kokstüte auf seine Knie und versuchte, sie zu öffnen. Aber da er abgekaute Nägel und keinerlei Schneidewerkzeug hatte, schaffte er es nicht, die Tüte aus dickem Plastik zu öffnen.
    »Was soll’s … Dann kriegen’s eben die Haie!«
    Er malte sich aus, was zehn Kilo Koks wohl im Magen eines Hais anstellen würden.
    Solchen Überlegungen gab er sich hin, als in einem Strudel weißen Schaums plötzlich wie eine Fata Morgana das Schnellboot auftauchte. Jo schwenkte seinen Hut.
    Zwei kräftige Kubaner hievten ihn an Bord. Ihn und seine Lieferung.
    Auf der lancha waren bereits fünf Kunden, die wie die Post in den kleinen Buchten eingesammelt worden waren.
    »Los, beeil dich! Volldampf voraus!«, brüllte einer der Männer dem anderen zu. »Ich glaube, sie haben Alarm ausgelöst.«
    In der Tat kam, kaum dass das Schnellboot seine volle Geschwindigkeit erreicht hatte, dicht über den Wellen eine MiG auf sie zugeflogen.
    »Zieht die Rettungswesten an und haltet euch fest!«, schrie der Mann, der am Steuer stand. »Und alle runter in die Kabine!«
    Das Flugzeug zog so dicht an ihnen vorbei, dass Jo das Gesicht des Piloten erkennen konnte. Er schien zu lachen.
    Der Luftsog des Flugzeugs erschütterte die lancha, die sich aufbäumte, um ein Haar umkippte, doch stattdessen nur heftig gegen die Wellen schlug und ihren Kurs wieder aufnahm.
    »Runter mit euch! Er kommt zurück!«, brüllte der Mann.
    Jo, der sich ganz hinten in die Kabine gelegt hatte, hörte, wie das Dröhnen des Motors immer näher
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