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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna
Autoren: Jérômel Savary
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algenbedeckten, hölzernen Hafenmole endet.
    »Wartet da auf mich, ich fahre nur eben zum Hafen rüber und komme sofort zurück«, sagte Jo, nachdem er Pedro und José abgesetzt hatte.
    Der Hafen bestand aus zwei Schuppen und ein paar verrosteten Fischdampfern. Mit ausgeschalteten Scheinwerfern verschwand der Mercedes langsam zwischen den Gebäuden.
    Es folgte eine lange Stille, die lediglich vom Wind durchbrochen wurde, der durch die Kokospalmen strich, und ab und zu ertönte in der Ferne Hundegebell.
    Plötzlich wurde ein Motor gestartet und Reifen quietschten. Dann hallten zwei dumpfe Pistolenschüsse durch die Nacht.
    »Beeilt euch, steigt ein!«, brüllte Jo und öffnete die Hecktür des Mercedes.
    Wie ein geölter Blitz sausten sie davon, gefolgt von einem Lada, der hinter der nächsten Straßenbiegung die Verfolgung aufgab.
    »Ich hab’s euch ja gesagt«, versuchte Jo zu scherzen. »Das ist hier nicht wie bei James Bond! Es ist ein ungleicher Kampf! Nur das Dope hab ich jetzt erst mal nicht! Pech für sie, denn so kriegen die mich nicht.«
    »Du Idiot, du hast mir Angst gemacht!«, sagte Pedro und schlang von hinten die Arme um seinen Sohn.
    Als er sich so nach vorn beugte, entdeckte Pedro auf Jos Oberschenkel einen Blutfleck.
    »Scheiße! Du bist ja verletzt!«
    »Das ist nichts, bloß ein kleiner Kratzer.«
    Pedro kletterte nach vorn und band sein T-Shirt um den Oberschenkel seines Sohnes. Es war tatsächlich nicht so schlimm, nur eine hässliche Schnittwunde.
    »Ich muss den Wagen stehen lassen und untertauchen. Ich will euch nicht mit reinziehen, sie werden sicher Straßensperren errichten.«
    »Ich hab eine Idee«, sagte José. »Fahr hier rechts!«
     
    ––– ¤ –––
     
    Fidels Schuppen hatte sich nicht verändert, nur dass es dort keinen Lastwagen mehr gab. Aber das Schlafzimmer war genauso wieder aufgebaut, wie es vorher gewesen war.
    Pedro und José legten Jo in das Kolonialbett und ließen ihm die Flasche Rum da, damit er seine Wunde desinfizieren und zugleich etwas für seine Aufmunterung tun konnte.
    »Rühr dich nicht hier weg, Söhnchen! Wir kommen dich morgen mit dem Lastwagen abholen!«
    »Stürzt den Mercedes in eine Schlucht! Vergesst aber nicht, vorher mit Benzin das Lenkrad abzuwischen, wegen der Fingerabdrücke. Aber steckt ihn nicht in Brand. Das wäre zu auffällig.«
    »Wiedersehen, Jo.« Pedro küsste seinen Sohn. »Du bist verrückt, aber ich hab dich sehr lieb! Bis morgen, versuch zu schlafen!«
    »Wiedersehen, Papa, ich hab dich auch lieb und ich freu mich, dich so glücklich zu sehen. Los, bring deine Hochzeitsnacht in deinem Paradies zu Ende, deine Schöne wartet auf dich!«
    Es war gut, dass José mitgekommen war, denn er kannte die Gegend wie seine Westentasche.
    »Drei Kilometer vom Haus gibt es einen See. Da können wir die Karre versenken. Das ist viel sicherer als die Schlucht. Ich kenne eine Stelle, an der er mindestens vier Meter tief ist. Der Wagen wird für immer verschwinden, aber nicht allzu tief, sodass wir beide, du und ich, eines Tages runtertauchen und Ersatzteile raufholen können.«
    »Ich werde aus Paris eine Taucherausrüstung kommen lassen«, meinte Pedro, während sie zusahen, wie der Wagen im See langsam unterging.
    »Wenn das einer sehen würde, dass ich einem gemieteten Mercedes seelenruhig dabei zusehe, wie er im See versinkt … Der würde mich glatt für einen Verbrecher halten«, sagte José, der seinen Hut abgenommen hatte, um dem Wagen die letzte Ehre zu erweisen. »Aber weißt du, Porthos, ich sage mir einfach, dass ich mir das erlauben kann, denn dieses verfluchte Land hat sich einen Dreck um mich gekümmert! Und es schuldet mir mindestens einen Mercedes.«
    »Wie meinst du das, Alter?«, fragte Pedro und steckte sich den Stummel seiner Puro wieder an.
    »Weißt du, Francés, du siehst in mir einen Bauern, der abgeschieden auf seinem Hügel lebt. Aber ich bin auch gereist, ich war im Krieg, in Angola, gegen die Portugiesen … Und ich glaube, dass es ein guter Krieg war, der sich auf eine Utopie gründete. Wir lebten im Busch, wo wir die Kinder in Schulen aus Zweigen und Palmblättern unterrichteten, mit denen wir während der Kampfhandlungen umzogen. Wir waren zu Tausenden Kubanern dort, Ärzte, Lehrer, Ingenieure, und auch Soldaten. Und wir glaubten an diesen Krieg. Wir dachten, wir könnten die Welt ändern. Doch dann hat man uns eines Tages wieder nach Hause geschickt, und da gab es nicht ein Wort des Dankes für uns … Vergessen
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