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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna
Autoren: Jérômel Savary
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die Utopie! Platz für den Pragmatismus! Also ich finde, das, was ich dort unten geleistet habe, ist durchaus einen Mercedes auf dem Grund eines Sees wert.«
    Als wollte er auf Josés Worte antworten, ging auf einmal — während der Wagen im brackigen Gewässer versank – der Alarm des Mercedes los; ein lächerlicher Ruf in die Nacht, den man noch eine Weile unter dem Wasser hören konnte, wie eine mit dem Tode ringende elektronische Kröte, ehe sie mit einem letzten schrillen Pfeifen im Schlamm erstickt.
    Sie kehrten zu Fuß nach Hause zurück und waren beinahe fröhlich.
    Im Osten ging die Sonne auf. Maria wartete auf Pedro.
    »Tut mir leid, Liebling! Aber ich muss wieder weg, es hat ein kleines Problem gegeben.«
    José belud den De Soto mit Jutesäcken und Bananen. Pedro holte seine Reiseapotheke, Wasser und Rum und das große Bündel Dollarnoten, das Jo ihm gegeben hatte.
    »Man kann nie wissen, vielleicht brauchen wir’s noch.«
    Unterdessen tranken sie einen Kaffee, den die beunruhigte Aurora gekocht hatte. Es war besser, am Morgen zu fahren, wenn der Verkehr wieder losging, um keinen Verdacht zu erregen. Seltsamerweise schwiegen die Papageien an diesem Morgen. Als fühlten sie, dass im Haus irgendetwas in der Luft lag.
     
    ––– ¤ –––
     
    Gegen Mittag waren sie an Fidels Schuppen.
    Das Bett war leer.
    Pedro drehte eine Runde um den Schuppen.
    »Jo? Bist du da?«
    Aber er bekam keine Antwort.
    José war es, der Jos Nachricht auf dem Kopfkissen fand. Eine kurze Nachricht, auf einen alten Umschlag des Riviera gekritzelt:
     
    Papa,
    ich habe dich in die Scheiße geritten und das tut mir sehr weh. Ich will versuchen, nach Florida überzusetzen. Ich kenne einen Typen am Hafen, der ein Schnellboot für mich klarmachen kann. Das nötige Geld habe ich. In ein paar Stunden bin ich in Miami im Krankenhaus. Meine Wunde blutet jedenfalls nicht mehr. Eine kleine Schramme wird mir als Andenken bleiben.
    Ich werde ein paar Tage wegbleiben, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Ruf bei der A.O.M. an und sag ihnen, dass ich einen Durchhänger hatte und wegmusste, sie sollen mir eine Vertretung suchen, bis ich wieder da bin. Mach dir keine Sorgen, ich hab dich lieb!
     
    PS: Sollte mir, was sehr unwahrscheinlich ist, irgendetwas zustoßen, sage Anne, dass ich sie gern wiedergesehen hätte und dass ich glaube, dass ich immer noch verliebt in sie bin.
     
    Dein bescheuerter Sohn, der dich liebt.
     
    ––– ¤ –––
     
    Puerto Esperanza lag friedlich da und schlummerte in der drückenden Hitze.
    Der Fischer mit dem Kautabak stand an der Bar, genauso wie an dem Tag, an dem der alte Fidel abgefahren war.
    »Und, amigo?«, fragte José. »Es ist ruhig heute!«
    »Das sieht nur so aus. In Puerto Esperanza ist manchmal ganz schön was los! Gestern Abend zum Beispiel hat es sogar eine Schießerei gegeben!«
    »Ach wirklich?«, fragte José gespielt naiv. »Und weshalb? Ein Eifersuchtsdrama unter Liebenden?«
    »So kann man’s auch sagen, unter Liebenden des weißen Pulvers. Man hat heute Morgen sogar einen Toten gefunden, hinten, im Schuppen.«
    »Einen Toten?«, fragte Pedro, der bei dem Wort zusammengezuckt war, als hätte ihm jemand in den Magen geschlagen.
    »Ja, ein Kollege von mir, ein Fischer, der mit seinem Boot da draußen die Ware einsammeln wollte, da, wo das Sportflugzeug, das man gestern Abend gegen sechs hören konnte, sie abgeworfen hat. Er wollte das Dope gerade hinter dem Schuppen einem Gringo geben, der mit einem Mercedes aus Havanna gekommen war, als zufällig eine Patrouille vorbeikam. Na ja, zufällig? Ich weiß nicht. Jedenfalls waren das ganz schöne Hunde, die Bullen. Den alten Luis haben sie getötet und angeblich haben sie den Gringo verletzt, aber der hat sich schnell verdrückt. Natürlich haben sie versucht, ihn zu kriegen, aber ihr könnt’s euch ja vorstellen, die mit ihrem vergammelten Lada gegen einen Mercedes 500.«
    »Und heute?«, fragte Pedro. »Es ist ziemlich ruhig, für einen Tag nach einer Schießerei.«
    »Aber mein Guter, hier in Puerto Esperanza ist immer gerade der Tag nach einer Schießerei und es ist immer ruhig. Die Bullen haben aufgegeben, es ist ein zu ungleicher Kampf zwischen ihnen und den Drogendealern aus Miami. Und außerdem«, er kratzte sich am Bart, ehe er fortfuhr, »wer sagt dir, dass die Bullen nicht mit denen unter einer Decke stecken?«
    Sie spendierten dem Alten ein Glas Rum.
    »Und heute? Keine lancha?«, fragte Pedro vorsichtig, während er
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