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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna
Autoren: Jérômel Savary
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sich eine Puro ansteckte.
    »Bitte? Und ob! Wir sind schon beim zweiten Schnellboot. Das erste um sieben ist ohne Probleme gestartet, mit acht Kunden. Durchschnittlich fünftausend Dollar pro balsero, das bringt den Schleppern ganz schön was ein, puta! «
    »Und das zweite?«
    »Das zweite ist gegen Mittag los, und das war nicht ganz so einfach, es hatte gleich eine MiG am Arsch kleben.«
    »Eine MiG?«, fragte Pedro ungläubig.
    »Ja, eine MiG, so ‘n russisches Flugzeug, weißt du, mit Düsen. Die schießen natürlich nicht, aber manchmal destabilisieren sie die Boote mit ihrem Luftsog. Es ist ein gefährliches Spiel, für die einen wie für die anderen, aber was soll man machen, die Soldaten haben die Schnauze voll davon, dass man sie jeden Tag an der Nase rumführt.«
    »Und wie ist es heute Morgen ausgegangen?«, fragte Pedro.
    »Keine Ahnung, es war zu weit draußen. Ich hab gehört, dass sie diesmal sogar geschossen haben. Der Pilot muss wirklich genervt gewesen sein.«
    »Was ist bloß mit diesen ganzen Schwachköpfen los? Was wollen die alle in Florida?«, rief José gespielt entrüstet. »Geht’s uns nicht gut hier in Kuba? Hier können wir wenigstens immer ein Gläschen Rum trinken.«
    »Du sagst es, Alter!«, entgegnete der Fischer prosaisch und spie eine Ladung Spucke aus.

 
     
     
    12
     
    D AS G LÜCK
     
     
     
    »In zwei Wochen höre ich an der Schule auf!«, sagte Maria. »Ich fühle mich schwer, mein Bauch wird riesengroß.«
    »Du bist schön und ich liebe dich«, entgegnete Pedro und streichelte den runden Bauch seiner Frau.
    Wie ein altes Ehepaar saßen sie beide in ihren Schaukelstühlen, auf der Veranda ihres neuen Liebesnestes.
    Pedro lief förmlich über vor Glück. Dank einer Ultraschallaufnahme drei Tage zuvor in Havanna, wusste er, dass es ein Mädchen werden würde. Sie sollte Laura heißen, wie Pedro es sich geschworen hatte, als er das schöne gleichnamige Lied auf der Terrasse des Hotel Inglaterra gehört hatte.
    Er hatte beschlossen, dass das Kind in Kuba erzogen werden sollte. Zunächst sollte es in Marias Schule gehen. Danach würden sie weitersehen.
    Maria wohnte nicht mehr in ihrer Mansarde über der Schule. Pedro brachte sie jeden Morgen mit dem Lastwagen zur Arbeit. NatürHch hätte sie aufhören können zu arbeiten, ihr Gehalt von fünf Dollar im Monat war lächerlich im Vergleich zu Pedros Ersparnissen. Aber sie liebte die Vorstellung, ihr Kind selbst zu unterrichten. So könnten sie in der Illusion völliger Autarkie leben.
    Pedro und José hatten die Schule renoviert, die mit ihren hübschen Farben nun aussah wie ein Puppenhaus.
    Neben dem Haupthaus hatten sie moderne Toiletten und Duschen gebaut, mit fließendem Wasser, das über ein ausgetüfteltes System mit Solarpumpen direkt vom Wasserfall herübergeleitet wurde. In der alten Mansarde hatten sie einen Schlafsaal eingerichtet. Offiziell für die Kleinen, in Wirklichkeit aber für Laura.
    Dank des Stroms, den der Generator am Wasserfall produzierte – er war identisch mit dem hinter Pedros Haus –, konnten die Kinder Musik hören und im Fernsehen Lehrsendungen sehen.
    Sie hatten sogar einen Computer, ein Geschenk von Jo, der ihn von der A.O.M. »geliehen« hatte.
    Mit einem Wort, diese kleine Landschule war ein wahres Pilotprojekt geworden.
    Um Eifersüchteleien und unangenehme Fragen zu seiner überraschenden Großzügigkeit gar nicht erst aufkommen zu lassen, hatte Pedro eine Gesellschaft nach französischem Recht, Typ 1901, gegründet: Franco-Kubanische Freundschaftsgesellschaft mit La Palma. Tatsächlich war Pedro – abgesehen von Jo, der die Rolle des Schatzmeisters innehatte – ganz allein die Gesellschaft. Doch das erlaubte ihm, den Nachbarn zu helfen, ohne damit Verlegenheit hervorzurufen, denn offiziell war es die Gesellschaft, die zahlte.
    So konnte er auch der Poliklinik von La Palma eine bedeutende Spende zukommen lassen, ohne dass die Partei die Stirn runzelte.
    Die Poliklinik, das einzige Krankenhaus der Region, verfügte über hervorragende Ärzte und Pflegepersonal, doch es fehlte an allem anderen, was für die Gesundheit der Bevölkerung ein unhaltbarer Zustand war. Also hatte Pedro seinen Freund Gilbert, den Arzt der Künstler, aus Frankreich kommen lassen, der eine genaue Liste mit allem Nötigen erstellt hatte.
    Und die Gesellschaft hatte den Scheck unterschrieben. Laura sollte also im modernsten Landkrankenhaus Kubas zur Welt kommen.
    Natürlich waren Pedros Spenden nicht ganz
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