Liebe mit beschrankter Haftung
gefunden habe. Ein Mitbewohner. Ja, sicher, bestimmt reißen sich die Leute förmlich darum, mit einer Mutter und ihrem Neugeborenen die Behausung zu teilen. Das Bad stinkt nach Babykacke und nachts kriegt man wegen des ewigen Geschreis kein Auge zu. Ebenso wie die der potenziellen Mitbewohner wird sich aber wohl auch die Begeisterung eines Vermieters in Grenzen halten. Alleinerziehend, freiberuflich, ja, ich bin der Traumbewerber für jede Wohnung. Das habe ich Marko aber nicht gesagt. Ich habe nur genickt und dann die Tür hinter ihm geschlossen. Jetzt sitze ich auf der Couch und kraule Idefix den Bauch. Was soll ich bloß tun? Wie zur Antwort klingelt es an der Haustür. Marko, ist mein erster Gedanke und obwohl ich weiß, dass das absolut lächerlich ist, rappele ich mich vom Sofa auf und schleppe mich durch den Flur. Wahrscheinlich hat er etwas vergessen. Mach dir bloß keine Hoffnungen, ermahne ich mich selbst, während ich den Türöffner drücke. Dann trete ich in den Hausflur und beuge mich über das Treppengeländer. Es ist nicht Marko. Ich sehe einen Bauch, in bunten, geblümten Stoff gehüllt, der sich schwerfällig die Treppe hinaufschiebt, gefolgt von meiner Freundin Kati. Sofort fühle ich mich ein kleines bisschen besser. Wahrscheinlich hat sie gespürt, dass etwas Furchtbares passiert ist und hat sich sofort auf den Weg gemacht, um mir zur Seite zu stehen. Ungeachtet der Hitze, des Babybauches oder der geschwollenen Knöchel. Augenblicke später steht sie vor mir. Wie sieht die denn aus? Die Wassereinlagerungen haben sich offensichtlich mittlerweile bis hoch in ihr Gesicht gestaut, denn ihre Augen sehen ganz verquollen aus. Und in jeder Hand trägt sie einen Koffer.
»Kati, was ist denn los?« Ohne mir zu antworten, schiebt sie sich mit ihrem Gepäck an mir vorbei und lässt es mit einem Ächzen auf den Holzboden knallen. »Du solltest nicht so schwer tragen.«
»Sind nur halb voll«, sagt sie knapp.
»Was ist denn passiert?« Ich folge ihr ins Wohnzimmer, wo sie sich auf die Couch fallen lässt.
»Das mit Paul und mir … Es funktioniert einfach nicht. Wir haben uns getrennt.« Entsetzt starre ich sie an. Haben wir zurzeit eine besonders ungünstige Mondkonstellation oder warum bricht gerade alles auseinander? Ich muss mich verhört haben.
»Was?«
»Hier könntest du auch mal lüften.« Ich öffne das Fenster.
»Warum habt ihr euch getrennt?«
»Das weißt du doch selber. Wir passen einfach nicht zueinander. Das Ganze war von Anfang an eine Schnapsidee.« Wütend zwirbelt sie die Kordeln ihres Blumenkleides.
»Aber du warst doch so verliebt in ihn.«
»Eben. Blind vor Liebe bin ich gewesen. Sonst hätte ich mich doch nie auf die ganze Sache eingelassen. Eine gemeinsame Wohnung. Jede Nacht in einem Bett. Ich war schon nach ein paar Wochen völlig runter mit den Nerven.«
»Ja, du warst ziemlich angespannt«, gebe ich zu.
»Vielleicht hätte ich mich damit sogar arrangieren können, aber jetzt will Paul mich zu einer braven Bankdirektorsfrau machen. Kannst du dir das vorstellen?«
»Nein«, sage ich ehrlich.
»Ich mir auch nicht.«
»Aber wie kommst du denn bloß darauf? Paul liebt dich so, wie du bist.«
»Tut er nicht.« Nach und nach bekomme ich aus ihr heraus, was vorgefallen ist. Alles fing mit einem läppischen Geschäftsessen an, zu dem Paul und Kati heute Abend gehen wollten. Und offenbar passte ihm ihr Outfit nicht.
»Zu schrill, zu auffällig, hat er gesagt«, regt sich Kati auf. »Und dabei kann ich doch sowieso nur noch Zelte tragen. Der sollte mal sehen, was ich zu so einem dämlichen Essen anziehen würde, wenn ich nicht schwanger wäre. Da würden sie aber gucken, die Spießer!« Bei dem Gedanken muss ich wider Willen grinsen. Das würden sie vermutlich tatsächlich. Und Paul auch. »Er will mich ummodeln. Pass auf, das Beste kommt erst noch. Er hatte ein Umstandskleid für mich dabei. So ein total konservatives Teil. In Grau. Und zwar nur in Grau. Keine einzige andere Farbe. Bloß grau.«
»Uni nennt man das«, werfe ich ein und ziehe den Kopf ein, als Kati mir einen bösen Blick zuwirft.
»Weißt du, was das bedeutet? Er hatte schon damit gerechnet, dass ich mich nicht ordentlich anziehen würde, wie er das nennt. Also bringt er mir so einen Spießerfummel mit. Der spinnt doch wohl total.« Ich finde ja eigentlich, dass man dem Partner zuliebe ruhig für einen Abend ein Kleid anziehen könnte, das man sich sonst vielleicht eher nicht aussuchen würde. Wenn er
Weitere Kostenlose Bücher