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Liebe mit beschrankter Haftung

Liebe mit beschrankter Haftung

Titel: Liebe mit beschrankter Haftung
Autoren: Voosen Jana
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aussehen, frage ich mich an diesem Nachmittag, während ich vor meinem Laptop sitze und eigentlich eine Kolumne zum Thema Facebook schreiben soll. Doch ich kann mich nicht wirklich auf die Arbeit konzentrieren. Mein Leben ist dermaßen verfahren, dass vermutlich sogar Rosamunde Pilcher Probleme damit hätte, all dies zu einem glücklichen Ende zu bringen. Wie denn auch? Mit einem Kindsvater zwei Häuser weiter, seiner ebenfalls schwangeren Freundin, dem ehemals besten, jetzt nicht mehr interessierten Freund und der schwangeren und emotional vollkommen verwirrten Protagonistin. Das kann doch nicht gutgehen. Ob ich Daniel einen Brief schreiben soll? Und was würde da drinstehen?
    Lieber Daniel, es tut mir leid, dass ich dich tief verletzt und mich von einem anderen habe schwängern lassen, aber offensichtlich passte dessen genetisches Material einfach viel besser zu meinem. Mittlerweile bin ich aber rettungslos in dich verliebt und würde am liebsten mein Baby mit dir gemeinsam aufziehen. Ich hoffe, es stört dich nicht allzu sehr, dass jeder, der auch nur ein bisschen Ahnung von der Mendel’schen Vererbungslehre hat, sofort erkennen wird, dass das Kind mit den stahlblauen Augen nicht von dir ist. Dafür wird es ein tolles Immunsystem haben, das heißt, du musst vielleicht ein bisschen seltener mit ihm zum Kinderarzt. Tröstet dich das?
    In Liebe, Schneewittchen
    Das ist also definitiv keine Lösung. Überhaupt, Schneewittchen, so hat er mich seit Ewigkeiten nicht mehr genannt. Er sagt jetzt immer Mia, was ja wohl ein eindeutiger Beweis dafür ist, dass er nicht mehr in mich verliebt ist. Was ja auch besser für ihn ist. Ich als seine beste Freundin würde ihn jedenfalls davor warnen, eine dermaßen komplizierte Beziehung einzugehen. Mit einer wankelmütigen Frau wie mir. Mit Kind. Und allem.
    Sicher, vielleicht würde Frau Pilcher es sogar irgendwie hinbekommen, dass die zwei doch noch zueinanderfinden. Schließlich ist sie bestens geübt darin, Liebende auch aus den ausweglosesten Konflikten zu befreien. Irgendwo würden sie sich zufällig treffen, bei einem Spaziergang an der englischen Küste, das Meer gepeitscht vom Wind – die Haare zerzaust und die Wangen gerötet stehen sie da und sinken einander ohne viele Worte in die Arme. Ein inniger Kuss, Schwenk auf die wogenden Wellen im Sonnenuntergang, Abspann, Ende. Alle sind glücklich und niemand muss dem peinlichen Moment im Bett der beiden beiwohnen, in dem ihm klar wird, dass er in ihrem Zustand nicht so wirklich Lust auf Sex mit ihr hat.
    Ein Klopfen an der Tür reißt mich aus meinen Gedanken und zwei Sekunden später steht Daniel vor mir.
    »Was machst du denn hier? Und warum machst du so ein Gesicht? Bist du sauer?« Tatsächlich wirkt er zumindest sehr angespannt, wie er so dasteht, die Lippen fest aufeinandergepresst und mit pochender Halsschlagader.
    »Mia«, sagt er und ich bin richtig erschrocken über seinen ernsten Tonfall.
    »Was ist denn passiert?«, frage ich besorgt, stehe von meinem Schreibtisch auf und gehe auf ihn zu.
    »Bist du verliebt in mich?«
    »Wie bitte?« Von diesem Frontalangriff bin ich so erschrocken, dass mir das Blut in die Füße sackt.
    »Du hast mich schon verstanden.«
    »Äh. Wie kommst du denn darauf?«
    »Ich habe gerade diese merkwürdige SMS von Kati bekommen.« Er hält mir sein Handy unter die Nase.
    MIA IST IN DICH VERLIEBT.
    KOMM HER UND MACH
    DEN SACK ENDLICH ZU.
    KATI.
    Mein Blut rast in Sekundenschnelle von den Füßen durch meinen ganzen Körper in Richtung Kopf und ich klammere mich am Fußende meines Bettes fest, um nicht umzukippen.
    »Oh.«
    »Stimmt das? Bist du verliebt in mich? Ausgerechnet jetzt?« Ich könnte Kati den Hals umdrehen, aber das kann ich der kleinen Luna nun wirklich nicht antun. Auch wenn ihre schreckliche Mutter das mehr als verdient hätte. Warum mischt sie sich da ein? Was soll ich tun? Alles abstreiten? Daniel tritt noch einen Schritt auf mich zu. »Ich will jetzt eine Antwort haben«, sagt er so leise, dass ich ihn kaum verstehe. Ein angespannter Zug liegt um seinen Mund und plötzlich wird mir klar, dass wir das Genre gewechselt haben. Mein Leben ist kein Liebesfilm. Die Frage ist nur, was für ein Film wird hier gespielt? Wenn ich in Daniels ernste braune Augen sehe, befürchte ich fast, dass es ein Drama sein wird: »Es ist zu spät, Mia. Ich verlasse die Stadt. Versuche nicht, mich zu finden. Du wirst mich nie wiedersehen.« Und die Heldin, also ich, von Gram gebeugt bis ans Ende
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