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Liebe kommt auf sanften Pfoten

Liebe kommt auf sanften Pfoten

Titel: Liebe kommt auf sanften Pfoten
Autoren: Dillon Lucy
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von Ben anhafteten. Und jetzt hing es zerfetzt und mit Sabber bedeckt aus Mintons Maul.
    »O nein!« Ihr stockte der Atem. Und nachdem sie den Blick durch das Zimmer hatte schweifen lassen, wurde ihr das ganze Ausmaß dessen bewusst, was Minton angestellt hatte.
    Als sie ihre Sachen im Kleiderschrank verstaut hatte, musste sie die Tür wohl offen gelassen haben, weil Minton die Kiste mit Bens Habseligkeiten aufbekommen hatte und sich wie ein durchgedrehter Schlussverkaufsjunkie durch die Sachen gearbeitet hatte – angetrieben vom Geruch seines Herrchens. Der Rasierpinsel, den Juliet Ben zu Weihnachten geschenkt hatte, war angekaut. Dann hatte er sich über Bens letztes Paar Socken hergemacht. Auch Bens Portemonnaie war von Hundezähnen durchlöchert. Aber das Polo-Shirt war der größte und schmerzlichste Verlust.
    Ich werde mich nie wieder an das Shirt kuscheln können, wenn ich Ben nahe sein will, dachte Juliet. Bei diesem Gedanken wurde ihr ganz schlecht.
    Vom Bett aus sah Minton zu ihr auf. Sein Blick war schuldbewusst, doch er wollte das Polo-Shirt einfach nicht hergeben.
    »Aus!«, schrie Juliet schrill.
    Doch Minton reagierte nicht. Es war, als könne er Bens Geruch einfach nicht loslassen, nachdem er ihn nach so langer Zeit endlich wiedergefunden hatte. Langsam wich er auf dem Bett zurück, das Shirt zwischen den Zähnen, Juliet stets fest im Blick. Dies war sein Zeichen für Beschämung.
    Fetzen des Shirts waren bereits überall auf dem Bettüberwurf verteilt. Ein Knopf lag auf dem Boden, wo Minton darauf herumgekaut und ihn dann wieder ausgespuckt hatte.
    »Minton, aus! Aus! Lass das sofort los! Sofort!«, schrie Juliet Furcht einflößend. Selbst in ihren Ohren klang sie zu hart, und Minton starrte sie erschrocken an.
    »Gib das her!« Juliet wusste nicht mehr, was sie tat, so groß war die Wut, die in ihr hochkochte. Sie schnappte nach dem Shirt und zerrte so heftig daran, dass der kleine Terrier vom Bett heruntergerissen wurde. Durch den Schwung verlor auch sie das Gleichgewicht und taumelte nach hinten, fiel in die Kommode und knallte seitlich mit dem Kopf dagegen.
    Ihr kamen die Tränen, als die erste Schmerzwelle sie durchzuckte, gefolgt von dem Schmerz wegen Bens zerstörten Habseligkeiten. Juliet fuhr sich mit den Händen durch die Haare und betete, dass sie nicht bluten würde.
    Sie schloss die Augen und hörte, wie Minton aus dem Schlafzimmer stürzte und so schnell die Treppe hinunterlief, wie er nur konnte. Schneller, als gut für ihn war.
    Er läuft vor mir weg, dachte sie, und vor Scham wurde ihr ganz schlecht. Ich habe Minton wehgetan.
    Dann wanderte ihr Blick jedoch zu dem zerrissenen Shirt, das so zerfetzt und kaputt war, dass man es nicht mehr reparieren konnte. Gegen ihren Willen musste sie weinen. Schon wieder , dachte sie. Wann höre ich endlich mit dem verdammten Weinen auf?
    Die Tränen strömten ihr über die Wangen, und irgendwann zwischen ihren Schluchzern wurde Juliet klar, dass dieses Weinen durchaus damit zu vergleichen war, sich zu übergeben oder in Ohnmacht zu fallen. Nicht sie reagierte hier, sondern ihr Körper. Die Tränen vergoss sie deshalb, weil sie ihrem Hund wehgetan hatte, weil sie ihre Mum und ihren Dad vermisste, weil sie nach Weihnachten ohnehin ein flaues Gefühl hatte und sie obendrein auch noch Silvester und Neujahr allein verbringen musste, obwohl sie sich gerade erst so richtig daran gewöhnt hatte, dass nebenan Freunde wohnten. Es ging um weitaus mehr als nur um Bens blödes Polo-Shirt. In ihrem Leben gab es so viele Möglichkeiten, sich über mehr aufzuregen als nur über Ben. Was im Grunde genommen eigentlich fast ein gutes Zeichen war.
    Du hast andere Hemden, die dich an Ben erinnern, ertönte eine Stimme in ihrem Hinterkopf. Das hier ist doch nicht wichtiger als der arme Minton !
    Juliet schluchzte, bis sie keine Tränen mehr hatte und das Zimmer komplett in Dunkelheit getaucht war. Sie fühlte sich ruhiger und geläutert, doch die Traurigkeit steckte immer noch tief in ihr. Es war Silvester, und sie war allein.
    Minton war nicht nach oben gekommen, um sie zu suchen. Auch die anderen beiden Hunde hatten sich nicht blicken lassen.
    Wahrscheinlich versteckten sie sich in einem Kleiderschrank, dachte sie schuldbewusst. Dort waren sie vor ihrer bösen Hundesitterin und deren unerklärlicher Wut in Deckung gegangen.
    Sie drehte den Wecker um, der auf der Kommode stand, und sah, dass es Viertel vor neun war.
    Letztes Jahr um diese Zeit … ging es Juliet
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