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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer
Autoren: Brigitte Riebe
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Jungen mit dem störrischen Kinn und den schmalen Lippen vor Augen. »Was könnte ich ausgerechnet einem wie ihm beibringen?«
    »Die Beize. Wie man ein Ritter wird und seinem König treu dient. Lehr ihn das, was ein erfahrener Falkner weiterzugeben hat, bevor er die eigenen Söhne unterweisen kann. Alles, was du auch Liudolf beibringen konntest.« Ein Schatten zog über Raymonds Gesicht, aber Otto schien es nicht zu bemerken. »Du musst nichts überstürzen, Raimund! Erledige meinen Auftrag in Tilleda und besorg danach in Ruhe deine häuslichen Angelegenheiten! Wir sprechen uns wieder beim Osterfest in Quedlinburg, wenn du mit deinen Leuten zurück bist. Sigmar läuft dir inzwischen nicht davon. Dafür werde ich schon sorgen.«
    Verhaltenes, dann lautes Klopfen; schließlich ging die Tür auf.
    »Es geht um die Totenfeier, mein König«, sagte der schlanke Mann in der Benediktinerkutte. »Ich möchte dich nicht stören« – ein knapper Blick zu Raymond, den dieser ebenso frostig erwiderte -, »aber wichtige Entscheidungen stehen noch aus. Soll ich besser später wiederkommen?« Die Stimme war freundlich, die Worte hatten trotzdem einen scharfen Klang.
    »Nein, bleib! Es ist ohnehin alles gesagt.«
    Raymond verneigte sich und verließ den Raum. Er hatte den Mann mit dem Fuchshaar und den gesprenkelten Augen schon nicht leiden können, als er noch Leif von Langenstein hieß. Seitdem er sich aber Pater Johannes nannte und als hoch geschätztes Mitglied der Hofkapelle Ottos angehörte, war aus Raymonds früherer Abneigung gegen Odas Verwandten stiller Hass geworden.

JANUAR 946
BURG SCHARZFELS
    Als sie schließlich zusammen im Bett lagen, war für Eila an Schlaf nicht zu denken. Zu aufregend war diese unerhoffte Begegnung gewesen, und noch jetzt hallten die Worte der kleinen Fremden in ihr nach.
    »Wie heißt du?«, hatte das Mädchen sie als Erstes gefragt.
    »Eila. Und du?« Die Kleine hatte mitten im Reden gehustet; nur deshalb hatte Eila sie falsch verstanden. »Rose«, wiederholte sie. »Rose. Was für ein schöner Name!«
    Wenn das fremde Mädchen lächelte, verlor ihr Gesicht alles Angestrengte. »Nein, Roswitha ist mein Name. So hat mein Vater es bestimmt. Aber du kannst mich ruhig Rose nennen, wenn du willst«, bot sie gönnerhaft an.
    Es kann nicht schaden, ihr eins zu versetzen, dachte Eila. Sie ist schließlich kleiner als ich und soll am besten gleich von Anfang an lernen, wer hier zu bestimmen hat.
    »Was ist mit deinen Haaren passiert?«, sagte sie ohne Umschweife.
    »Läuse. Und mit deinen? Du siehst aus wie eine Flamme.«
    Eila war sofort verstummt. Der Schopf zu rot, die Haut zu blass, dazu noch diese hässlichen Sprenkel überall, im Gesicht, auf der Brust, sogar auf Armen und Beinen. Sie wusste selber, dass sie weder der Eiskönigin glich, noch die kräftigen Farben Raymonds geerbt hatte. Da konnte die andere gut reden, mit ihren Haaren, dunkel wie Rauch, den ebenmäßigen Zügen und Augen, die so grün waren wie das Wasser der Rhume.
    Zu ihrer Überraschung hatte Rose die Hand ausgestreckt und ihre Wange berührt.
    »Wie die Sterne am Himmel«, sagte sie mit ihrer hellen, ernsten Kinderstimme. »In klaren Winternächten sieht man sie am besten. Und das hier unter deinem linken Auge könnte der Große Bär sein. Du trägst die Himmelszeichen in deinem Gesicht.«
    »Woher weißt du das?«
    »Von meiner Mutter. Die hat alles gewusst.«
    »Wieso bist du dann nicht bei ihr?«
    Das Lächeln war abrupt erloschen. Dann hatte Rose kehrt gemacht und war diesem widerlichen Mann hinterhergelaufen, dessen Stimme wie gesprungen klang. Niemals zuvor hatte Eila jemanden wie ihn gesehen. So groß, so dürr, so kahl und mit einer Angst einflößenden Narbe um den Hals, die aussah, als schnüre sie ihm die Luft ab.
    »Hübsches Andenken, nicht wahr, kleines Fräulein?« Sein Lachen war scheppernd. »Und ungeheuer praktisch! Der Strick, so nennt man mich seitdem. Das kann sich jedes Kind merken.«
    Eila streckte im Bett vorsichtig ein Bein aus. Der schmale Rücken vor ihr hob und senkte sich, aber nicht gleichmäßig genug, um sie zu täuschen. Rose schlief ebenso wenig wie sie, das verriet ihr die flackernde Öllampe neben dem Bett.
    Eila hörte sie seufzen, dann klang es plötzlich wie Weinen. Sie zögerte, schließlich legte sie ihre warme Hand zwischen die knochigen Schulterblätter. Ein Zittern ging durch den kleinen Körper, dann schien er sich zu entspannen.
    »Wie alt bist du eigentlich?«, hörte Eila das
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