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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer
Autoren: Brigitte Riebe
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Betrachtung nichts anderes als ein Haufen wüster Krieger, die ihresgleichen erbarmungslos niedermetzelten, damit der König neues Land als Lehen verteilen konnte.
    Es ist an der Zeit, von dieser Einseitigkeit der Geschichtsbetrachtung abzurücken, die auch von gewissen historischen Romanen nach wie vor festgeschrieben wird, und die Dinge so darzustellen, wie sie vermutlich waren: eine Auseinandersetzung um Macht und Land, geführt von einer rücksichtslosen Kriegerkaste, die kaum Erbarmen kannte.
    Aber das war bei weitem nicht alles. Um die neuen Herrschaftszentren aufzuwerten, religiös wie auch wirtschaftlich, brauchten die neuen Herrn in Sachsen noch etwas, was der Westen in Fülle besaß: Reliquien.
RELIQUIEN UND HEILIGENVEREHRUNG – UND KEIN ENDE
    Es mag uns modernen Menschen manchmal schwer fallen, den immensen Stellenwert zu begreifen, den Reliquien im frühen und hohen Mittelalter für die Bevölkerung besaßen. Heiligenreliquien zählten in jener Zeit zu den begehrtesten Kleinodien und wertvollsten Geschenken. Von der feierlichen Ausstattung großer Kirchen bis hin zum privaten Amulett bildeten sie einen integralen Bestandteil der christlichen Kultur. Ja, sie waren die Voraussetzung, dass überhaupt eine Kirche gebaut und geweiht werden konnte.
    Zugleich förderte die verstärkte Propagierung des Heiligenkultes den Wert der Reliquien als Handelsware, Diebesgut und mehr oder weniger freiwilliges Geschenk. Sie waren also unabdingbar für die neuen Kloster- und Stiftsgründungen und versprachen nicht zuletzt eine gewisse Kompensation für das christliche Traditionsdefizit, das die junge sächsische Kirche gegenüber ihren Nachbarn verspüren mochte.
    Vergessen wir eines dabei nicht: Keine Epoche hat so genial wie hemmungslos gefälscht wie das Mittelalter! Mit Heiligenreliquien ließ sich Geld verdienen, viel Geld, und es gab natürlich auch im 10. Jahrhundert gerissene Leute, die das wussten.
DAS WAR DER »WILDE OSTEN« …
    In diesem Spannungsfeld ist mein Roman Liebe ist ein Kleid aus Feuer angesiedelt: in einem Raum, in dem sich langsam das konstituiert und ausbildet, was wir später einmal als »Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation« kennen werden. Geführt von einem König (später Kaiser) Otto I., der die Krönung in Rom durch den Papst braucht, um seine Herrschaft zu legitimieren – auch wenn es sich bei diesem »Heiligen Vater« um den vermutlich promiskuitivsten Papst aller Zeiten, Johannes XII., gehandelt hat, auch papa puer genannt, weil er mit ganzen sechzehn Jahren innerhalb eines einzigen Tages alle notwendigen Würden erhielt.
    Otto I. blieb keine Zeit, von einer befestigten Hauptstadt aus genüsslich das Reich zu regieren. Nicht nur die Feinde von außen, sondern auch die Ansprüche seiner eigenen Verwandten wie der anderen Adeligen zwangen ihn jahrelang, ständig auf Achse zu sein: Er musste unter einfachsten
    Bedingungen von Pfalz zu Pfalz reiten – Reisekönigtum genannt -, um seinen Herrschaftsanspruch körperlich zu manifestieren. Denn drehte er einem angeblichen Verbündeten nur kurz den Rücken, fiel dieser (oder fielen andere) sofort über ihn her. Um sich zu verteidigen, brauchte er seine Ritter, die man sich am ehesten wie einen Haufen wild gewordener Cowboys vorstellen kann. Meist bildungslos, des Lesens und Schreibens nicht mächtig, verbrachten sie ihre Tage zusammen. Daheim warteten ihre Frauen, auf denen die gesamte Last der Kindererziehung und der Bildung lag. Die adeligen von ihnen waren ihren Männern oft heillos überlegen, und manchmal frage ich mich, wie unter diesen so unterschiedlichen Extremen eine Beziehung zwischen ihnen überhaupt ausgesehen haben mag.
    Aber nicht für alle Mädchen aus adeligem Hause war die Ehe das Ziel: Im Kontext der frommen Erziehung strebten auch viele ein Stift oder ein Kloster an, um dort ein Leben zu führen, das allein Gott geweiht war. Daneben dienten diese Stifte und Klöster als Grenzmarken der Sicherung der neu eroberten Gebiete.
HROTSVITH ODER DER STARKE KLANG
    In einem dieser Stifte, in Gandersheim (heute Bad Gandersheim), erhebt sich seit circa 952 nun die Stimme einer jungen Dichterin, von der uns heute zwar ein Großteil der Werke, aber sonst nicht viel mehr als der Name bekannt ist. Und nicht einmal, ob dieser Name echt oder ein später angenommener »Künstlername« war, können wir sagen, denn »Hrotsvith« bedeutet »starker Klang«. Und auch ihr genaues Geburtsdatum kennen wir nicht. Aus einer Widmung an die
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