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Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Titel: Liebe Isländer: Roman (German Edition)
Autoren: Huldar Breiðfjörð
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erleben.«
    »Du wirst überhaupt nichts erleben. Es reicht, wenn du nach Þorlákshöfn fährst und dort ein Wochenende verbringst. Dann hast du das Leben in der Provinz erlebt. Du kommst geschädigt zurück, ich garantier es dir.«
    »Warum sagst du so was?«
    »Bist du schon mal in Bolungarvík gewesen?«
    »Nein.«
    »Nein? Dann fahr dorthin.«
    »Ich werde nach Bolungarvík fahren.«
    »Ja, tu das. Ich war schon mal da. Ist die Hölle. Das Einzige, was dieses Pack beschäftigt, sind neue Autos und britischer Fußball. So ist das überall draußen auf dem Land.«
    »Kann schon sein. Aber ich muss es trotzdem probieren.«
    »Okay, okay, ich meine, wenn du die Tour wirklich machen willst, dann eben … du weißt schon, dann viel Glück.«
    »Stebbi, ich glaube, du regst dich deshalb darüber auf, weil du weißt, dass du, während ich die nächsten beiden Monate damit verbringe, mir das Land anzuschauen, acht Wochenenden lang im Kaffibarinn sitzen und zwischendurch mit einem Scheißbrummschädel in die Glotze schauen wirst.«
    »Wenn du in die Provinz fährst, Huldar, wirst du zuerst den Hirntod erleben.«
    Andere zuckten nur mit den Schultern und sagten: »Okay.« Was eigentlich noch schlimmer war. Entweder wussten sie, dass es auf dem Land trostlos wäre, wollten mir aber nicht den Gefallen tun, mich darüber zu informieren, oder sie fanden gar nichts Besonderes daran, was am schlimmsten wog. Ich begann tatsächlich, an meiner Idee zu zweifeln. Es war ja nicht so, als plante ich, den Mount Everest zu besteigen. Was war so bemerkenswert daran, in zwei Monaten den Ring um Island zu fahren? Siebzigjährige Frauen konnten sich in ihr kleines, niedliches japanisches Auto setzen und diese Strecke in zwei Tagen abdüsen. Alle Straßen sind asphaltiert und garantiert sofort geräumt,sobald die erste Schneeflocke zu sehen ist. Doch trotzdem: Es sollte bei dieser Reise nicht um Gefahren gehen, und als die Freunde begannen, mit scheinheiligem Unterton zu fragen, ob sich »Ómar Breiðfjörð«, unser nationaler Reisejournalist, umentschieden hätte, war ich wieder umso fester entschlossen zu fahren.
    Und dann fand ich ein Auto. Ein Freund erzählte mir, sein Schwager hätte einen Volvo Lappländer, den er verkaufen wolle – sofern er einen »guten Käufer« fände. Obwohl mich Lappländer-Jeeps immer an einen amerikanischen, auf einer Sackkarre liegenden Kühlschrank erinnerten, der unkontrolliert vorwärtsrollt, war etwas dran an dieser Forderung nach einem guten Käufer, und ich meldete mich sofort bei diesem Mann. Ich hatte schon von Haustierbesitzern gehört, die nach guten Haltern suchten, und von Wohnungseigentümern, die nach guten Mietern Ausschau hielten, aber noch nie von einem Jeep-Typen, der etwas anderes suchte als das beste Gebot. Auf dem Weg gen Süden nach Hafnarfjörður, wo der Schwager wohnte, gab ich mich dem Traum hin, endlich den Menschen zu treffen, dem Geld egal ist. Den Mann, dem ich so sympathisch wäre, dass er mir den verdammten Jeep schenkte.
     
    Er stand dort, unter eine Mauer geduckt, schien gleichzeitig vor Langeweile einzugehen und vor angestauter Kraft zu explodieren. Blau, massiv und verwegen, auf großen, groben Reifen, mit schwarzer Gummileiste an den Seiten, Fenstern ringsum, ein winziges bisschen verbeult, vorn etwas geduckt und irgendwie einfach charming. Er wirkte wie eine Mischung aus einem lebenserfahrenen Mann und einem Kind, das noch viel zu lernen hätte. Und als ob er eben genau auf diese Lektionen warte. Und auf die Gelegenheit, sich zu beweisen. Er schien etwas ruhelos und seine Seele die eines Vagabunden. Als ob er den Sinn von all dem nicht ganz sähe und nur den einen Wunsch hätte, zu fahren und zu vergessen und zu fahren und sich zu vergessen. Beinah so, als hätte er schon aufgegeben. Ein wenig, als wäre ihm alles egal, und doch wieder nicht. Ich sage nicht, dass es Liebe auf den erstenBlick war. Ich kam erst später dahinter, dass es möglich ist, ein Auto zu lieben, aber angefixt war ich sofort. Ich
verstand
diesen Wagen.
    »Das ist keine Schrottkiste.« Der Schwager, ein ganz gewöhnlicher Typ um die vierzig, stand vielsagend neben mir auf dem Parkplatz und schien mich mit dem Auto zu vermessen. »Sie sollten eigentlich nach Libyen, die Lappen, die hier in Island sind, aber als die Amis Gaddafi angriffen, wurden sie nach Island geschickt.«
    »Darf ich fragen, warum du ihn verkaufst?«, erkundigte ich mich und versuchte, sowohl an den Qualitäten des Wagens
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