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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts
Autoren: Kathleen MacMahon
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Textlücken, aber das macht nichts. Das Singen fühlt sich einfach so gut an. In den Stücken, die sie kennt, gibt es viele Wiederholungen.
    »I know that my redeemer liveth …«
    Beim Singen legt sie den Kopf in den Nacken und schließt die Augen. Hier hört sie ja niemand, und außerdem wäre es ihr auch egal. Den Hund kümmert der Gesang nicht. Er ist daran gewöhnt.
    Nun geht Addie zurück zum Ufer. Der kleine Hund wimmelt um ihre Beine herum. Der Himmel hinter ihr ist schwarz und zornig. Bald wird es zu regnen anfangen. Ein klobiger Frachter unterbricht die Linie des Horizonts. Er verharrt einfach auf der Stelle und versperrt die Sicht. Seine Schornsteine pusten noch Rauch in die Luft, der sich blass vom dunklen Himmel abhebt. Immer wieder blinken die Flugzeug-Warnleuchten auf.
    Draußen über Howth Head erscheint das nächste Flugzeug aus den Wolken und setzt zum sanften Landeanflug auf den Flughafen von Dublin an.
     
    Als Bruno an der Passkontrolle stand, fühlte er sich plötzlich zu alt für so ein Unterfangen.
    Er war so lange nicht mehr verreist, dass er ganz vergessen hatte, wie körperlich anstrengend es war. Die weichen Knie, die ausgedörrte Kehle, das Rumpeln in seinem Darm.
    »Grund Ihres Besuchs?«
    »Politisches Asyl«, erwiderte Bruno in einer Anwandlung von Wahnwitz.
    Der Mann zog die Augenbrauen hoch und blickte ihn an. Er konnte doch unmöglich schon alt genug sein, um bei der Polizei zu arbeiten; er sah aus wie ein Schuljunge. Außerdem hatte er leuchtend karottenrotes Haar. Also war es doch kein Klischee.
    Bruno kam wieder zur Vernunft.
    »War nur ein Scherz«, sagte er. Er bemühte sich um eine charmante Miene und beugte sich verschwörerisch über den Schalter. Inzwischen bemerkte er, dass sich hinter ihm eine Schlange gebildet hatte.
    »Da wollte ich wohl wieder besonders witzig sein«, fuhr er fort. »Eigentlich möchte ich hier Urlaub machen, bis die Wahl vorbei ist. Schauen Sie, bis zum 5 . November.«
    Er hielt den Ausdruck seines Tickets hoch, doch der Mann würdigte es keines Blickes, sondern musterte stattdessen Brunos Gesicht.
    »Nachvollziehbar«, erwiderte er.
    Er hob den Stempel, ließ ihn mit einem leisen Plopp auf die Seite niedersausen, klappte den Pass zu und reichte ihn Bruno so gemächlich, als habe er alle Zeit der Welt.
    »Ich sag Ihnen was«, meinte er. »Falls diese Brüder nach der Wahl noch immer an der Macht sind, melden Sie sich bei mir. Dann kriegen Sie von uns Asyl.«
    Bruno traute seinen Ohren nicht.
    »Nehmen Sie es nicht persönlich«, fügte der junge Polizist hinzu, plötzlich besorgt, zu weit gegangen zu sein.
    »Kein Problem.«
    Bruno war versucht, noch etwas nachzulegen, verkniff es sich aber. Er steckte den Pass in die Jackentasche, nahm seine Tasche und trollte sich.
    Während er am Gepäckband wartete, schmunzelte er noch immer in sich hinein. Nicht zu fassen, dachte er. Zu Hause hätte es wahrscheinlich üble Folgen gehabt, einen Grenzpolizisten auf den Arm zu nehmen.
    Außerdem hatte ihn der Mann auf einen Gedanken gebracht. Als er seine Tasche entdeckte, die sich langsam auf ihn zubewegte, hatte er einen Entschluss gefasst.
    Wenn die Republikaner gewinnen, kehre ich nicht zurück.
     
    Der Regen setzte ein, als sie gerade den Schlüssel in der Kellertür umdrehte. Ein plötzlicher, kräftiger Schauer. Sie hastete hinein und schlug eilends die Tür hinter sich zu. Dem Hund gelang es gerade noch, durch den Türspalt zu schlüpfen.
    »Knapp geschafft, Lola. Sonst wären wir klatschnass geworden!«
    In letzter Zeit spricht sie immer häufiger mit dem Hund und ertappt sich manchmal sogar bei richtiggehenden Unterhaltungen. Das ist bestimmt kein gutes Zeichen.
    Lola verharrte vor dem leeren Wassernapf und wedelte auffordernd mit dem Schwanz. Nachdem Addie den Napf am Wasserhahn gefüllt hatte, trank Lola schlürfend und hatte ihn innerhalb von Sekunden geleert.
    Dann ließ Addie Wasser in den Teekessel laufen, schaltete ihn ein, lehnte sich an die Arbeitsfläche und wartete, bis es kochte.
    Ein Blick auf die Wanduhr verriet ihr, dass es erst kurz vor zehn war. Also hatte sie noch den ganzen Tag vor sich, den ganzen Vormittag und den ganzen Nachmittag und danach den Abend. Plötzlich konnte sie die Vorstellung nicht ertragen. Sie hatte beim besten Willen keine Ahnung, wie sie das durchhalten sollte.
    Während sie weiter an der Arbeitsfläche stand, keimte ein Funke Zuversicht in ihr auf. Sie spielte mit dem Gedanken, Della zu besuchen. Am besten war
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