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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts
Autoren: Kathleen MacMahon
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legte den Kopf in den Nacken und hielt Ausschau nach dem Mond, doch es fehlte jede Spur von ihm.
    Er suchte etwas da oben. Er suchte eine Antwort.
    »Da oben ist ein Mann«, hatte sein Vater zu ihm gesagt.
    Vor vierzig Jahren. Es musste inzwischen fast vierzig Jahre her sein. Sein Vater hatte ihn geweckt und war mit ihm hinaus in den Garten gegangen. Eine schwülwarme Sommernacht. Bruno weiß noch, wie er sich auf den Rücken ins feuchte Gras gelegt hat. Er spürt noch den massigen Körper seines Vaters dicht neben sich.
    »Schau«, meinte sein Vater und deutete auf den Mond. »Heute ist zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte ein Mann dort oben.«
    Und Bruno hatte versucht, sich das vorzustellen, aber vergeblich. Er erinnert sich, wie er im Gras lag und sich wirklich Mühe gab. Doch es klappte einfach nicht.
     
    Die Zeit schien sich dahinzuschleppen.
    So als wenn man sich einen Film ansieht und dabei wieder und wieder einschläft. Und jedes Mal, wenn man die Augen aufmacht, hat man dieselbe Szene vor sich.
    Hugh saß noch immer in einem Sessel neben ihr, das Buch aufgeschlagen auf dem Schoß, die Hand zwischen den Seiten. Die Tür stand einen Spalt weit offen, das Licht auf dem Flur war ein gelber Fleck. Sie hörte Stimmen. Im nächsten Moment entfernten sie sich.
    Hugh sprach mit ihr. Seine Stimme wehte durch die Luft.
    »Es tut mir leid, Addie«, sagte er. »Es tut mir so schrecklich leid.«
    Sie war verwirrt und verstand nicht, wofür er sich entschuldigte.
    Addie wusste, dass sie ihn danach fragen musste. Aber sie konnte es nicht. Sie fühlte sich wie in einem Traum und brachte kein Wort heraus, ganz gleich, wie sehr sie es auch versuchte.
     
    Als Della und die Mädchen eintrafen, lag Bruno auf dem Balkonboden und starrte zum Himmel hinauf.
    »Herrje, Bruno, fehlt dir etwas?«
    Brunos Kopf fuhr hoch. Della und die vier Mädchen standen in einer Reihe in der Tür und betrachteten ihn erstaunt.
    »Schnell«, erwiderte er, »sonst verpasst ihr es.« Er legte den Kopf wieder auf den Boden.
    Die Mädchen liefen auf den Balkon und schauten hinauf zum Himmel.
    Ein gespenstisch grüner Lichtstrahl durchdrang die Dunkelheit und beschrieb am Himmel einen weiten Bogen.
    »Wow!«
    »Oh, mein Gott!«
    »Wahnsinn!«
    Brunos Stimme hallte vom Boden zu ihnen hinauf und klang seltsam gedämpft.
    »Von hier unten seht ihr es besser.«
    Alle legten sich hastig hin. Da der Balkon nicht sehr groß war, mussten sie sich zusammendrängen wie die Ölsardinen.
    »Komm, Della, versuch es auch.«
    »Ich sehe von hier aus genug.«
    »Los, Mum, es ist spitze.«
    Also legte sich Della ebenfalls auf den Boden, zwängte sich neben Tess und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
    »Gütiger Himmel!«, rief sie aus. »Wirklich phantastisch.«
    »Was ist das?«
    »Irgendeine Lightshow«, antwortete Della. »Offenbar kommt sie vom Theater.«
    »Aber wofür?«
    »Für gar nichts, Liebes. Nur, damit wir uns daran erfreuen.«
    Und so lagen sie sechs nebeneinander auf dem Holzboden des Balkons wie die Beute eines Anglers. Durch die Ritzen zwischen den Bohlen konnten sie das ruhige, dunkle Wasser des Hafenbeckens erkennen. Über ihnen brodelten zuckende grüne Lichter im Himmel. Ihr Zauber spiegelte sich in ihren Augen.
     
    Addie konnte ihre Stimmen deutlich vor dem Fenster hören.
    Nordlichter, verkündete jemand. Es war eines der Mädchen, offenbar Stella. Also war es das, was sie beobachteten. Die Nordlichter. Addie war so froh, dass Brunos Wunsch doch noch in Erfüllung gegangen war.
    Es war still im Raum, aber sie wusste, dass Hugh hier war. Er saß zwischen ihr und dem Fenster. Es war so dunkel, dass sie ihn nicht sehen konnte. Doch sie spürte seine Gegenwart.
    Sie hörte Lola atmen und war sicher, dass sie neben dem Bett auf dem Boden lag. Sie hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, um sie zu berühren. Allerdings war das nicht nötig. Denn wie sie wusste, wusste Lola ebenfalls, dass sie da war.
    Ein Lied wollte ihr nicht aus dem Kopf, und sie fand es interessant, dass es eines war, das sie nie gemocht hatte. Sie hatte den Text vergessen. Nur eine Zeile war noch da, die ablief wie auf Endlosschleife.
    »Brother Louie, Louie, Louie.«
    An den Rest konnte sie sich nicht erinnern.
    Eine Disco auf Mallorca. Espadrilles mit Hanfsohlen auf der harten Tanzfläche. Sonnenverbrannte Schultern.
    »Brother Louie, Louie, Louie.«
    Ein albernes Lied. Sie wollte nicht dieses Lied im Kopf haben. Stattdessen versuchte sie wieder, den Geräuschen im
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