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Liebe auf den letzten Blick

Liebe auf den letzten Blick

Titel: Liebe auf den letzten Blick
Autoren: L Beck
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Hausbesitzer spioniert, weshalb ich extrem vorsichtig bin und nicht möchte, dass Irma in dem zur Wohnung gehörenden Garten ihre »Tomaten« züchtet. Meinetwegen könnte sie auch Fliegenpilze züchten. In unserer WG leben weder Hunde noch Katzen und schon gar keine Kinder, die sich vergiften könnten. Aber wenn das Cengiz mitbekommt, könnte es Ärger bedeuten.
    »Wie dem auch sei«, wechsle ich das Thema. »Ich wäre euch dankbar, wenn wir einfach so tun könnten, als sei morgen ein ganz normaler Tag.« Ich schaue fragend über meine Brille, ernte aber von meinen Mitbewohnern nur verständnislose Blicke.
    »Und was ist mit dem Sieben-Tage-Jubiläum unserer WG?« Amelie lässt nicht locker. »Sieben ist eine magische Zahl. Esoterisch gesehen ist es also ein superwichtiger Tag. Außerdem haben wir zunehmenden Mond. Wir
müssen
eine Zeremonie abhalten, das verscheucht die bösen Geister, bringt Glück und lässt einen guten Stern über unserer Wohngemeinschaft aufgehen.«
    Ich hätte es wissen müssen. Amelie lässt keine Gelegenheitaus, um auf den Putz zu hauen. Notfalls bemüht sie eben den Mond, sämtliche Himmelskörper oder sonstige Magie.
    »Ich fände es auch schade, zu tun, als wäre nix«, unterstützt Gustl sie. »Das Leben braucht Höhepunkte. Und die Tatsache, dass wir diese traumhafte Fünf-Zimmer-Wohnung in Friedhofsnähe gefunden haben, ist ein echter Glücksfall und muss gebührend gefeiert werden.«
    »Sag ich doch.« Amelie nickt eifrig. »Nicht zu vergessen die Adresse: Nachtigalstraße! Bei der Besichtigung habe ich sofort die positiven Schwingungen gespürt und gewusst: Das ist unsere Wohnung, sie hat auf uns gewartet! Gemütliche Küche, zwei Bäder, Terrasse und Garten. Erinnert ihr euch, wie der Makler gegrinst hat, als er hörte, dass ich Specht heiße?«
    »Das ausschlaggebende Argument bei der Wohnungsvergabe«, bestätige ich. »Amelie Specht, Nachtigalstraße, klingt aber auch zu schön. Jeder Brief an dich wird der Postbotin ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Viel erstaunlicher finde ich jedoch, dass wir es schon sooo lange miteinander aushalten.« Ich gebe Irma einen freundschaftlichen Schubs.
    »Stimmt.« Irma grinst verschmitzt, während sie mit dem Finger ein Herz aus den Brotbröseln formt – statt sie zusammenzuwischen. »Sieben Tage sind ’ne Ewigkeit für uns zwei … ähm … grundverschiedene Schrullen. Psychologische Analysen verkneife ich mir jetzt mal.«
    Schweigend nicke ich. Niemand würde uns als Traumquartett bezeichnen. Müsste man jeden von uns mit wenigen Worten charakterisieren, könnte sich das ungefähr so anhören:
    Amelie, die esoterische Naive.
    Irma, die chaotische Kreative.
    Gustl, der liebevolle Ruhepol.
    Und ich, die akkurate Rationale.
    Ich bin diejenige, die für Ordnung sorgt und den finanziellenÜberblick behält. Ein ziemlich mieser und selten anerkannter Job, aber einer muss ihn ja machen.
    Irma und ich haben am wenigsten gemeinsam. Zugegeben, ich bin extrem ordentlich, und Irma ist eher das Gegenteil, um nicht zu sagen: schlampig. Sie bezeichnet sich als Sammlernatur und mich als Pedantin. Worüber man streiten kann. Aufräumen heißt bei Irma, alles in einen Raum werfen, Tür zu, fertig. In der Abstellkammer, die gemeinschaftlich als Garderoben- und Schuhschrank benutzt wird, würde man keinen einzigen Schuh finden, wenn wir anderen nicht Ordnung hielten.
    Die Idee, dass wir vier gemeinsam eine WG gründen, kam natürlich von Amelie, unserem Hippie, die schon vor Jahren in einer Kommune gelebt hat. Eine TV-Dokumentation über fünf Oldies war die Initialzündung. Das sei im Moment der Mega-Trend, berichtete sie, und nur eine Wohngemeinschaft könne uns vor Vereinsamung oder Seniorenheim retten. Wer von uns würde das schon wollen? In völlig überteuerten Verwahranstalten vor sich hinvegetieren, in denen man Frühstück um sechs, Mittagessen um zehn Uhr und Abendessen um vier serviert. Wo man keine Partys feiern darf, Tee aus Schnabeltassen und Alkohol nur in flüssiger Medizin bekommt. Auch Irma hatte in den Flower-Power-Jahren einige Monate in einer Kommune verbracht und war begeistert. Ich hingegen hielt das Ganze für eine Schnapsidee. Im Gegensatz zu meinen Freunden dachte ich nämlich auch an die Nachteile. Als Erstes fielen mir meine nächtlichen Toilettengänge ein. Von Irma wusste ich, dass auch sie nachts ein, zwei Mal raus muss. Da entsteht schnell mal peinliches Gedränge. Doch dann fanden wir diese Wohnung mit einem zusätzlichen
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