Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtlos 1 (German Edition)

Lichtlos 1 (German Edition)

Titel: Lichtlos 1 (German Edition)
Autoren: Dean Koontz
Vom Netzwerk:
die Magenschleimhaut auf .«
    Ich lege meinen Kopf zurück und trinke in großen Zügen die pappsüße Limonade.
    Als ich die leere Dose in einen nahen Abfalleimer fallen lasse, sagt Donny: »Wie heißt du, Junge ?«
    Die Stimme ist dieselbe, aber der Tonfall ist verändert. Seine Leutseligkeit ist verschwunden. Als ich ihm in die Augen sehe, sind sie immer noch blau, aber sie haben etwas Stahlhartes, was ich vorher nicht dort gesehen habe, eine Direktheit, die nicht da war.
    Manchmal kann eine unwahrscheinliche Geschichte zu unwahrscheinlich erscheinen, um eine Lüge zu sein, und daher zerstreut sie jeden Argwohn. Daher entscheide ich mich für: »Potter. Harry Potter .«
    Sein Blick ist so scharf wie die Nadel eines Lügendetektors. »Das klingt so wahr, wie wenn du gesagt hättest: ›Bond. James Bond .‹«
    »Tja, Sir, das ist nun mal der Name, den ich habe. Er hat mir immer gefallen, bis die Bücher und die Filme rauskamen. Als mich etwa zum tausendsten Mal jemand gefragt hat, ob ich wirklich ein Zauberer bin, habe ich angefangen, mir zu wünschen, ich hätte irgendeinen anderen Namen wie Lex Luthor oder so .«
    Donnys Freundlichkeit und seine umgängliche Art haben Harmony Corner für einen Moment fast so harmlos erscheinen lassen wie Pooh’s Corner im Hundertmorgenwald. Aber jetzt riecht die Luft weniger nach salzigem Meer als nach vermoderndem Seetang, der Lichtschein der Zapfsäuleninseln erscheint so grell wie die Lichter im Verhörraum eines Polizeireviers, und als ich zum Himmel aufblicke, kann ich weder Kassiopeia noch irgendein anderes Sternbild finden, das ich kenne, als hätte sich die Erde von allem abgewandt, was vertraut und tröstlich ist.
    »Wenn du nicht der Zauberer bist, Harry, in welcher Branche behauptest du dann, beruflich tätig zu sein ?«
    Nicht nur sein Tonfall hat sich verändert, sondern auch seine Ausdrucksweise und seine Wortwahl. Und er scheint ein Problem mit dem Kurzzeitgedächtnis entwickelt zu haben.
    Vielleicht bemerkt er mein Erstaunen und zieht korrekte Rückschlüsse auf dessen Ursache, denn er sagt: »Ja, ich weiß, was du gesagt hast, aber ich habe den Verdacht, das ist bei Weitem nicht alles .«
    »Tut mir leid, aber ich bin nur Grillkoch, Sir. Ich bin niemand, der viele Begabungen hat .«
    Er kneift argwöhnisch die Augen zusammen. »Eier – hack sie und streck sie. Infarktschindeln .«
    Ich übersetze, wie schon vorhin. »Zu den üblichen zwei Eiern ein drittes dazutun – das ist strecken. Hacken heißt, sie zu Rührei verquirlen. Infarktschindeln sind Toastscheiben mit einer Extraportion Butter .«
    Als seine Augen nur noch schmale Schlitze sind, erinnert Donny mich an Clint Eastwood, wenn Clint Eastwood zwanzig Zentimeter kleiner und fünfzehn Kilo schwerer wäre, weniger gut aussähe, eine Halbglatze hätte und schlimm vernarbt wäre.
    Er trifft eine simple Feststellung und lässt sie wie eine Drohung klingen: »Harmony Corner braucht keinen zweiten Grillkoch .«
    »Ich wollte mich hier nicht um einen Job bewerben, Sir .«
    »Was hast du hier zu suchen, Harry Potter ?«
    »Ich suche den Sinn meines Lebens .«
    »Vielleicht hat dein Leben gar keinen Sinn .«
    »Doch, da bin ich mir ziemlich sicher .«
    »Das Leben ist sinnlos. Jedes Leben .«
    »Vielleicht bewährt sich das für Sie. Für mich bewährt es sich nicht .«
    Er räuspert sich mit einem Geräusch, bei dem sich mir die Frage aufdrängt, ob er bei seiner Körperpflege ungewöhnliche Praktiken anwendet und jetzt ein Haarball in seiner Speiseröhre steckt. Als er ausspuckt, klatscht ein widerlicher Klumpen Schleim auf das Pflaster, fünf Zentimeter von meinem rechten Schuh entfernt, der zweifellos das beabsichtigte Ziel war.
    »Das Leben ist sinnlos, außer in deinem Fall. Ist es das, Harry? Du bist wohl was Besseres als der Rest von uns, wie ?«
    Unerklärliche Wut verzerrt sein Gesicht. Der sanftmütige, rührselige Donny hat sich in Donny den Hunnen verwandelt, einen Abkömmling von Attila, und er scheint jetzt zu jäher, blindwütiger Gewalttätigkeit fähig zu sein.
    »Nicht besser, Sir. Wahrscheinlich schlechter als viele Leute. Aber es geht ohnehin nicht um besser oder schlechter. Ich bin einfach nur anders. Gewissermaßen wie ein Tümmler, der aussieht wie ein Fisch und schwimmt wie ein Fisch, aber kein Fisch ist, weil er ein Säugetier ist. Und weil ihn keiner mit einer Portion Fritten dazu verspeisen will. Oder vielleicht wie ein Präriehund, den jeder einen Hund nennt, der aber in Wirklichkeit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher