Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
Autoren: Susan Cooper
Vom Netzwerk:
das Knie fallen und beugte den Kopf. »Madam«, sagte er, und seine Stimme klang so warm vor Lebensfreude wie damals, als Will sie zum ersten Mal gehört hatte, »Euer Bootsführer erwartet Euch.«
    Will summte es in den Ohren vor Erstaunen und er spürte die verwirrte Scheu der drei Drews neben ihm.
    Die Alte Dame ging zum Boot und legte die Hand grüßend auf Arthurs Arm mit der zwanglosen Vertrautheit jener, die zur selben Familie gehören. »Es ist geschafft«, sagte sie. Plötzlich lag eine tiefe Müdigkeit in der Musik ihrer Stimme, die von ihrem hohen Alter sprach, trotz der ruhigen, alterslosen Schönheit ihres fein geschnittenen Gesichts. »Unsere Aufgabe ist vollbracht, und wir können die letzte und längste Aufgabe jenen überlassen, die diese Welt und all ihre gefährliche Schönheit übernehmen.«
    Sie blickte zu ihnen allen zurück und wie zum Abschied lächelte sie Barney an, dann Simon, und bei Jane verweilte ihr Blick etwas länger. Dann sah sie John Rowlands an, der steif und mit leeren Augen neben der dicken Eiche stand und sie schritt rasch hinüber zu ihm und ergriff seine beiden Hände.
    Rowlands sah sie an, sein dunkles walisisches Gesicht von tiefen Furchen um Nase und Mund durchzogen, die noch nie zuvor so ausgeprägt gewesen zu sein schienen.
    »John«, sagte die Alte Dame leise, »in dieser ganzen großen Sache haben Sie mehr für Ihre Welt getan als irgendeiner von uns — schon vor dem Mut, den Sie am Ende bewiesen haben —, denn Sie hätten sich in ein nichts wahrnehmendes, persönliches Glück zurückziehen können — und doch verzichteten Sie darauf.
    Sie sind ein guter und aufrechter Mann und eine Zeit lang werden Sie jetzt unglücklich sein. Aber — es ist nur eine Zeit lang.« Sie ließ seine Hände los, sah ihm aber immer noch gebieterisch in die Augen und John Rowlands erwiderte den Blick ohne Scheu oder Unterwürfigkeit und zuckte mit den Schultern. Er sagte nichts.
    »Sie haben den härteren Weg gewählt«, sagte die Alte Dame, »und so den Rhythmus Ihres Lebens verloren. Ich kann Ihnen Ihre Blodwen nicht zurückgeben, die Frau, die über ihren Ehrgeiz gestürzt ist. Aber ich kann Ihnen eine andere Möglichkeit anbieten, eine weniger harte. Sehr bald werden Sie in Ihre eigene Welt und Zeit zurückkehren, und dort werden Sie erfahren, dass die ... Erscheinung Ihrer Frau einem tragischen Unfall zum Opfer gefallen ist. Sie können entscheiden, ob Sie sich in diesem Augenblick noch an all das erinnern möchten, was geschehen ist. Es steht Ihnen frei, die harte Wahrheit über das Licht und die Finsternis und über die wahre Natur Ihrer Frau im Gedächtnis zu behalten.«
    John Rowlands sagte ausdruckslos, mehr zu sich selbst: »Etwas war sehr merkwürdig; sie wollte mir nie sagen, wo oder wann sie geboren wurde.«
    Die Alte Dame streckte voller Mitgefühl eine Hand aus und ließ sie wieder fallen. »Oder«, sagte sie sanft, »Sie können vergessen. Wenn Sie es wünschen, können Sie alles vergessen, was Sie je über die Herren der Finsternis und des Lichts gehört haben, und obwohl Ihr Kummer über den Verlust Ihrer Frau dann vielleicht tiefer ist, werden Sie um sie trauern und an sie als die Frau denken, die Sie kannten und liebten.«
    »Das würde bedeuten, mit einer Lüge zu leben«, sagte John. »Nein«, sagte Merriman hinter ihm mit kraftvoller, tiefer Stimme. »Nein, John, denn Sie haben sie geliebt und jede Liebe hat einen hohen Wert. Jeder Mensch, der einen anderen Menschen liebt, liebt auch Unvollkommenheit, weil es kein vollkommenes Wesen auf dieser Erde gibt — eine so einfache Lösung gibt es nicht.«
    »Es ist Ihre Entscheidung«, sagte die Alte Dame. Sie schritt zum Boot und blieb davor stehen, schaute zu ihm zurück.
    John Rowlands sah sie alle an, immer noch ohne sichtbare Gemütsbewegung. Dann wandte er seine dunklen Augen der Alten Dame zu und ein Ausdruck der Wärme trat in sein Gesicht. »Diesmal kann ich mich nicht entscheiden«, sagte er mit einem gequälten Lächeln. »Nicht bei einer solchen Entscheidung. Würdet Ihr in Eurer Güte für mich entscheiden?«
    »Gut«, sagte die Alte Dame. Sie hob einen Arm und zeigte in eine Richtung. »Gehen Sie fort von mir, John Rowlands, und wenn Sie sich umdrehen, werden Sie vor sich einen Pfad sehen. Folgen Sie ihm. Im gleichen Augenblick, da Sie an dem Baum dort vorbeigegangen sind, werden Sie uns verlassen haben und sich auf einem anderen Pfad in Ihrem eigenen Tal wiederfinden, den Sie sehr viel besser als diesen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher