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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt
Autoren: Paul Walz
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Sie das, bevor Sie zu Müller gehen. Es wäre wohl besser, wir lassen alles, wie es ist bis Ende September.«
    Marx zögerte einen kurzen Augenblick, seine Augen flackerten ein wenig, dann ging er hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Willkommen zurück. Scheiße.« Lichthaus hatte es nur gemurmelt, doch die Kollegen hörten ihn, als sie wortlos den Raum verließen.
    Eva Schneider erwachte ruckartig und stöhnte vor Schmerzen, als sich die Fesseln tiefer in ihre Handgelenke schnitten. Ein Geräusch hatte sie aus ihrem unruhigen Halbschlaf gerissen, in den sie nun immer häufiger fiel, wenn er sie in Ruhe ließ.
    Schon sickerte die Angst in ihr Hirn und füllte es bis zum Bersten aus. Angst vor ihm. Nicht mehr diffus, sondern so real, so furchtbar real, dass allein der Gedanke an ihn sie dazu brachte, sich in ihren Fesseln zu winden wie ein Wurm am Haken. Draußen auf der Treppe bewegte er sich, der Teufel kam herunter in den Keller. Schwere Schritte auf den Stiegen.
    Evas Körper verkrampfte sich, doch er verschonte sie diesmal, schien nur im Raum nebenan zu arbeiten. Sie hörte, wie er herumhantierte und irgendetwas metallisch gegeneinander krachte. Sie entspannte sich ein wenig und lauschte wieder in die Dunkelheit.
    Sie wusste nicht, wie lange sie schon hier war, hatte jegliches Gefühl für Zeit und Raum verloren. Nichts war in ihr außer Angst, die unbezähmbare Angst eines Tiers in der Falle. Der Tod kam ihr nicht mehr so schlimm vor, nur der Weg dorthin.
    Anfangs war sie kaum zu sich gekommen. Ihr Kopf hatte gedröhnt. Die Zunge hatte trocken am Gaumen geklebt. Die Erinnerung war nur langsam zurückgekehrt. Immer wieder fielen ihre Augen zu. Es war vollkommene Dunkelheit um sie herum. Lebte sie überhaupt noch oder war sie bereits tot?
    Nach einer Weile hatte sich der Nebel des Betäubungsmittels gelichtet. Ihre Augen waren mit einem festen Band zugeklebt. Sie lag auf einem Bett, nackt und an Händen und Füßen gefesselt. Da ihr nicht kalt war, schien der Raum gut geheizt zu sein. Es roch nach leichtem Moder. Beim ersten Erwachen war sie in Panik geraten, hatte in diesem Vakuum nach Luft geschnappt und wie wild an den Fesseln gezerrt. Minutenlang hatte sie sich dagegen gewehrt und geschrien, so laut sie konnte, aber nichts hatte geholfen. Dann hatte sie geweint und gebetet. Lange und intensiv hatte sie zu Gott gefleht, damit er ihr einen Ausweg aus dieser Dunkelheit zeigte.
    Später, als sie ruhiger geworden war, versuchte sie erneut, die Fesseln zu lösen. Ohne Erfolg. Weder mit den Händen noch den Zähnen bekam sie etwas zu fassen. Letztendlich blieb ihr nur das Warten. Halb irre in dieser undurchdringlichen Schwärze redete sie gegen die Stille an und versuchte, sich Mut zu machen.
    Irgendwann war er gekommen. Sie hörte zuerst die Schritte auf der Treppe. Dieses so alltägliche Geräusch brachte sie ins Leben zurück. Einen winzigen Augenblick lang war sie glücklich. Dann aber griff die Angst mit eiskalten Fingern nach ihr. Eine lächerliche Angst. Kindisch, noch nicht wissend, was richtige Angst war. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, und die Tür wurde geöffnet. Sie knarrte leise in den Scharnieren. Ein Lichtschalter knackte, er trat ein und kam zu ihr herüber. Seine Schritte waren langsam, und sie spürte förmlich, wie er sie anstarrte. Seine Nähe war körperlich zu fassen, blind und hilflos fühlte sie sich dem ausgeliefert, was jetzt kommen würde. Gegen ihren Willen begann sie zu schluchzen.
    Sie flehte ihn an, ihr nichts zu tun, schwor, dass ihr Vater jedes Lösegeld zahlen würde, weinte. Doch er blieb eine bewegungslose, stumme Statue in der Dunkelheit. Plötzlich berührte er ihre Brüste, grob und gierig. Eva erstarrte, bis der Schmerz kam. Der Anfang der Hölle. Er vergewaltigte sie, drang hart in sie ein, ein Fremdkörper, wie kaltes Eisen. Dann die Folter. Eva schrie, bis ihre Stimme versagte. Anschließend hatte sie nur noch wimmern können. Seitdem wusste sie, dass das Unerträgliche noch steigerbar war. Und seitdem war sie da, die wirkliche Angst, die alles verdrängte.
    Die Geräusche aus dem Nebenraum waren verstummt, er stieg wieder nach oben und ließ sie zurück. Allein mit ihrer Angst.
    Mittlerweile kämpfte sie nicht mehr, dämmerte nur apathisch vor sich hin, solange der Teufel nicht da war. Ihre Persönlichkeit begann sich aufzulösen, und zurück blieben nur das Grauen vor den nächsten Stunden und die verzweifelte Hoffnung auf ein Ende. Sie sehnte sich nach
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