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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit
Autoren: Kerstin Rachfahl
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helfen. Sie legte ein paar Holzscheite ins Feuer und wärmte sich an den Flammen, bevor sie zu Bett ging.
     
    Die Nacht hatte ihr keine Lösung gezeigt, dafür hatte sich zumindest ihre Angst gelegt. Sie würde dem, was geschah, ins Auge sehen. Lady Tibanas Zofe kam und richtete ihr aus, dass diese sie im Garten erwarte.
    Hinter der Burg, im Süden gelegen, befand sich mit hohen Mauern umgeben der Garten der Hausherrin. Der Duft der Blumen und das leise Plätschern der angelegten Bachläufe beruhigten Levardas Geist. Selbst Heilkräuter gab es hier. In den letzten Monaten war sie mehrmals eingeladen worden, sich an der Bearbeitung und Pflege der Pflanzen zu beteiligen. Sie zeigte kein Geschick darin. In der Wildnis besaß sie einen außergewöhnlichen Instinkt, Wildkräuter aufzuspüren. Beim Erkennen der Bedürfnisse einer kultivierten Pflanze versagte sie.
    Gemeinsam mit der Hausherrin wanderte sie die Wege entlang. Ab und an beugte sich Lady Tibana herab und zupfte ein paar Halme oder ein komplettes Gewächs aus der Erde.
    »Es war gestern überaus ungeschickt von Euch, Lord Otis zu beleidigen.«
    Levarda hob zu einer Entschuldigung an, doch ihre Tante gebot ihr mit einer Handbewegung, zu schweigen.
    »Egal, was Euch abgelenkt hat – Ihr könnt Euch solch ein Verhalten nicht leisten. Ihr vergesst, wie mächtig Lord Otis ist. Sollte er entscheiden, dass Ihr für den Hof des hohen Lords nicht geeignet seid, wird es ein Machtkampf für uns werden, Euch diese Stellung zu ermöglichen.«
    Levarda neigte den Kopf. Sie wusste, es hatte keinen Zweck, ihrer Tante zu widersprechen. Sie war selbstbewusst, manipulativ, und entschied in Wahrheit über die Geschicke des Landes im Machtbereich von Lord Blourred. Sie wusste, wie das Leben in dieser Gesellschaft funktionierte und Levarda bewunderte sie dafür.
    »Ihr wisst, dass ich gegen Euch war«, sagte Lady Tibana jetzt, »und meine Meinung darüber hat sich in den letzten Monaten nicht geändert. Mir wäre es lieber gewesen, dass meine Schwester ihre Nichte begleitet. Kaja besitzt so viel Erfahrung in der Heilung von Krankheiten. Den einzigen Vorteil versprach ich mir bei Euch von Eurer Jugend und Eurem äußeren Erscheinungsbild. Ich dachte, damit könntet Ihr das Interesse von Lord Otis wecken.«
    Levarda blieb abrupt stehen und Lady Tibana runzelte unwirsch die Stirn. »Seht Ihr, genau das meine ich. Eine Frau mit mehr Erfahrung würde es nicht stören, ihren Charme im Sinne ihres Volkes einzusetzen.«
    »Ich hoffe, Ihr erinnert Euch, dass ich nicht die Absicht habe, mir einen Ehemann zu nehmen.«
    Lady Tibana lachte freudlos auf. »Ich bin nicht so vermessen zu glauben, dass Lord Otis Euch zu seiner Gemahlin wählt. Euer Äußeres ist ansprechend, aber Ihr seid nicht attraktiv, und seine Auswahl ist wahrhaft unerschöpflich. Mit ein wenig geschickter Verführung könntet Ihr es allerdings in sein Bett schaffen.«
    Levardas Züge verhärteten sich. In ihrem Land konnten sich Frauen und Männer frei entscheiden, ob sie eine geschlechtliche Verbindung eingingen, ohne dafür eine Zeremonie zu brauchen. Dies geschah immer aus Liebe und in gegenseitigem Einvernehmen, niemals in manipulativer Absicht.
    »Nun, wenn ich mich recht erinnere, so zeigte Lord Otis Interesse an Lady Eila. Vielleicht liegt hier der nötige Vorteil, den Ihr im Blick habt«, gab sie kühl zurück.
    »In der Tat wäre das interessant. Zu meinem Bedauern verteilte er seine Aufmerksamkeit recht gleichmäßig an dem Abend, was Euch entgangen sein wird. Ihr zogt es ja vor, in Eure Gemächer zu verschwinden.«
    Levarda verbiss sich eine Erwiderung. Dass sie für einen Ausweg aus der peinlichen Verletzung des Protokolls gesorgt hatte, schien Lady Tibana zu vergessen.
    »Ihr werdet Euch heute Abend bemühen, den Fehler von gestern wiedergutzumachen. Lord Otis ist ein Führer, dem die Männer mit Liebe und Treue durch jede kriegerische Auseinandersetzung folgen. Manch einer behauptet sogar, dass er den hohen Lord Gregorius jederzeit stürzen könnte, wenn er es wollte. Ihr seht also, welch einen mächtigen Verbündeten oder auch Feind er abgibt, je nachdem.«
    Levarda nickte ergeben.
    Zum ersten Mal wurde Levarda ihre Abhängigkeit von der Gunst dieses Mannes ganz bewusst. Dass sie Lady Smira begleiten wollte und dafür auch bereit war, ihr Leben zu lassen, spielte keine Rolle. Auch nicht die Tatsache, dass sie ihre Entscheidung gegen den Wunsch des Ältestenrats von Mintra getroffen hatte.
    »Ich hoffe, Euer
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