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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit
Autoren: Kerstin Rachfahl
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besprachen, und zu gerne hätte sie erfahren, worum es dabei ging.
    Mit seinen breiten Schultern und den schmalen Hüften hatte Egris die Blicke der Frauen schon zuvor auf sich gezogen. Das war Levarda nicht entgangen, allerdings ebenso wenig die Tatsache, dass er nicht mehr zur Auswahl stand, da er vermählt war.
    Egris war es schließlich, der Levarda zum Tanz aufforderte. Als er vor ihr stand, sah sie fasziniert in seine hellbraunen Augen, die sie an das Harz der Bäume ihrer Heimat erinnerte. Sein dunkelbraunes, glattes Haar hielt er mit einem Band zurück. Der Zopf war schulterlang. Ein Löwenkopf zierte seine Uniform.
    Levarda blieb keine andere Wahl, als sich ihrem Schicksal zu ergeben, und sie bemühte sich, ihn nicht mit ihrer Ungeschicklichkeit zu blamieren. Überraschenderweise fruchteten offenbar ihre Bemühungen des heutigen Tages mit Lady Eila. Allerdings konnte sie von Egris nichts in Erfahrung bringen, denn anstatt von sich zu erzählen, wie es Männer meist taten, stellte er ihr seinerseits beharrlich Fragen.
    Angeblich war er nach Lord Otis am längsten bei der Garde. Levarda beschränkte sich daher lieber darauf, seine Fragen schlicht und höflich zu beantworten, ohne zu viele Informationen preiszugeben. Ihre Tante hatte ihren Lebenslauf bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Dabei entsprach er wenigstens in allen maßgeblichen Fakten der Wahrheit, denn lügen könnte Levarda niemals, das musste auch Lady Tibana akzeptieren.
    Das Geschick bestand darin, immer nur das Notwendigste zu sagen und ihr Gegenüber den Rest wie zufällig selbst schlussfolgern zu lassen. Sie musste sich mitunter auf die Lippen beißen, um nicht ihrerseits Fragen zu stellen. Wenn Egris etwas von sich erzählte, um sie aus der Reserve zu locken, hörte sie umso genauer zu.
    Ab jetzt gab es kein Verstecken mehr. Die Männer der Garde hatten sie für sich entdeckt. Nach und nach tanzte jeder Offizier mit ihr.
    Ihr Misstrauen erwachte. War dies ein Trick von Lord Otis, um mehr über sie zu erfahren? Sie blieb auf der Hut, überlegte, was sie in ihren Gesprächen mit den Offizieren erwähnen durfte.
    In den Tanzpausen hörte sie den Damen zu, wenn sie von ihren Tanzpartnern erzählten. So ergab sich bald ein klareres Bild von den Anführern der Garde.
    Timbor war der Jüngste von ihnen. Das silberne Schlangenwappen auf seiner Uniform passte gut zu seinem schmalen Körperbau. Mit den kurzen, blauschwarzen Haaren, kräftig und voller Wirbel, erweckte er den Eindruck, sich ständig die Haare zu raufen, was ihm etwas Jungenhaftes verlieh, zumal alle Männer ihn überragten. Während sie tanzten, sah Levarda seine grünen Augen stetig in Bewegung. Sie stellten sich beide gleich ungeschickt an und tanzten daher nicht allzu lange.
    Lemar stahl sich als Erster ein Lächeln von Levarda. Charmant hatte er sich bei ihr dafür entschuldigt, dass er sich nicht in der Lage sah, ihrem eigenwilligen Tanzstil zu folgen. Seine hellblauen Augen blinzelten sie dabei vergnügt an.
    »Was bedeutet das Pferd auf Eurer Uniform?«, fragte Levarda mutig.
    »Dass ich der beste Reiter der Garde bin.«
    Levarda musste lachen. Gerne hätte sie sich einem Wettkampf mit ihm gestellt. Sie sah, wie er seinen anderen Tanzpartnerinnen mit seinem Charme den Kopf verdrehte.
    Von Lemar erfuhr sie, dass die Wachleute, die ihr beim Stall begegnet waren, zur Strafe die Boxen hatten ausmisten und jedes Pferd auf Hochglanz putzen müssen. Eine Frau erwähnte er in diesem Zusammenhang nicht, sang nur sein eigenes Loblied auf Umbra, den Hengst seines Herrn.
    Beim Tanz mit Sendad hatte Levarda das Adleremblem auf seiner Brust vor Augen, so hoch ragte der Offizier vor ihr auf. Während er schweigsam seine Runde mit ihr drehte, fragte sie sich verwirrt, weshalb er sie trotz seiner Zurückhaltung überhaupt aufgefordert hatte. Anscheinend war sie die Einzige, mit der er bisher getanzt hatte. Er weckte jedoch ihr Interesse mit seiner ruhigen Art.
     
    Der ganze Abend war für Levarda ohne einen Zwischenfall verlaufen. Sie hatte sich am Abend rechtzeitig vom Fest zurückgezogen. Während die letzten Hartnäckigen in den frühen Morgenstunden den Tanzsaal verließen, stand Levarda in ihrem Reitkleid vor dem Stall. Die Zeit des Sonnenaufgangs gehörte ihr.
    Der Stall wurde Tag und Nacht abwechselnd von den Soldaten aus Lemars Regiment bewacht. Jetzt, wo Levarda wusste, dass sie auf die Wachen achten musste, war es ein Leichtes für sie, diese zu meiden. Jeder Mensch besaß eine
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