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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Stelle der begehrenswerten Kandidaten, wegen seiner Macht und seines Einflusses bei der Garde und bei Hofe, und er wurde von vier Offizieren begleitet, die bis auf einen ebenfalls alle potenzielle Heiratskandidaten waren, wie gemunkelt wurde.
    Den Gesprächen der Hofdamen zu folgen, war für Levarda eine Herausforderung gewesen. Fast so sehr, wie das Erlernen der Tanzregeln. Es widerstrebte ihr, aber sie musste sich eingestehen, dass dies in Zukunft ihre einzige Informationsquelle wäre. Es ging um Schmuck, Aussehen, Stoffe, Schuhe und darum, welcher Mann was zu wem gesagt hatte. Auf Letzteres sollte sie laut Lady Tibana besonders achten.
    Levarda fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. Sie hatten den Saal erreicht. Die rechte Seite der Tafel war den Männern vorbehalten, die Frauen saßen links. Vor Kopf neben dem Lord und seiner Gemahlin fanden die verheirateten Paare Platz, soviel hatte Levarda schon erfahren. Einzig Lord Otis als Ehrengast und Lady Smira als die zukünftige Gemahlin des hohen Lords saßen mit am oberen Ende der Tafel.
    Levarda hörte, wie um sie herum das Getuschel losging. Zu ihrer Erleichterung fand sie sich am oberen Ende der Frauenreihe untergebracht, so brauchte sie, als sie Platz nahm, nicht zu befürchten, den Gesprächsfluss der anderen Damen zu behindern.
    Lady Eila neben ihr flüsterte: »Ist das Lemar, der mit dem Pferdekopf auf seinem Gewand?«
    »Ja. Habt Ihr bemerkt, wie groß er neben dem jungen Timbor wirkt?«, wisperte Lady Sophia kichernd zurück.
    »Oh, diese blonden Haarwellen! Sie sehen ganz weich aus, da möchte man hinlangen und sie streicheln.«
    Wieder kicherte Lady Sophia und senkte hastig den Kopf, als sie merkte, dass sie die Aufmerksamkeit der männlichen Seite auf sich zogen. Sie wartete etwas, bevor sie Lady Eila antwortete. »Also, mir gefallen seine vollen Lippen noch mehr, und die Grübchen in seinen Wangen, seht nur, wenn er lacht«, piepste sie. Sie hatte noch einen Blick riskiert, bevor sie wieder auf ihren Teller schaute.
    »Ihr solltet vorsichtig bei Lemar sein«, mischte sich eine weitere Hofdame in das Gespräch ein. »Sein Charme hat schon mancher Lady nicht nur das Herz gebrochen, sondern ihre Ehre in Gefahr gebracht.«
    Levarda erhaschte ebenfalls einen kurzen Blick auf Lemar, als die Diener den nächsten Gang servierten. Er hatte feine Gesichtszüge, aber vor allem seine hellblauen Augen fesselten sie. Eben lachte er laut, hob seinen Kopf und zwinkerte Levarda zu.
    Hastig richtete sie ihre Aufmerksamkeit zurück auf ihren Teller. Er flirtete mit ihr!
    Lady Smira saß mit geröteten Wangen zwischen ihrer Mutter und Lord Blourreds Schwester und machte ihr aufgeregt Zeichen. Levarda war gerührt, wie sie sich über die Ehre, die ihr zuteilwurde, freute.
    Lady Smira war erst achtzehn, zwei Jahre jünger als Levarda, aber sie beide trennten Welten. Verträumt, lebensfroh, in allem nur das Gute sehend, schien Smira sich blind in ihr Schicksal zu fügen. Sie schritt mit einer Leichtigkeit durch ihr Leben, ohne Verantwortung dafür zu tragen oder Entscheidungen zu treffen, die Levarda an die Mintraner erinnerte, die dem Element Luft unterlagen. Nicht im Geringsten schien ihrer Cousine bewusst zu sein, dass die Axt des Henkers über ihr schwebte, seit der hohe Lord sie zu seiner Gemahlin ausgewählt hatte. Sie lächelte Lady Smira zu und neigte kurz den Kopf.
    Lord Blourred stand auf, und Ruhe kehrte in die Gesellschaft ein.
    »Lord Otis«, sprach er den Gesandten an, »seid willkommen an meinem Hof. Ihr seid hier, um meine Tochter, Lady Smira«, er drehte sich voller Stolz zu seiner schönen Tochter hin, »an den Hof des hohen Lords Gregorius ...«, alle erhoben ihre Becher und tranken einen Schluck, »... zu begleiten, auf dem Weg zu ihrem hohen Gemahl. So schmerzlich der Fortgang meiner Tochter für mich ist –«, er machte eine Pause, bis er sich gesammelt hatte, »es ist das Los eines jeden Vaters, dass er seine Kinder ziehen lassen muss. So lasst uns mit einem rauschenden Fest den Schmerz und die Traurigkeit dieses Abschieds bannen. Hoch lebe die zukünftige Gemahlin des hohen Lords.« Lord Blourred erhob erneut seinen Becher, und diesmal standen alle auf, prosteten ihm zu und tranken.
    Als man sich gesetzt hatte, erhob sich Lord Otis würdevoll. Im Saal wurde es still. Selbst die Diener rührten sich nicht.
    Bisher hatte Lord Blourred Levardas Sicht auf Lord Otis verdeckt. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, weil sie befürchtete, er
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