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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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Dritten Welt mehr saubere Dienstleistungen angeboten werden als hierzulande und »ausgerechnet der Schrott hierbleibt«. Im Bereich der Entwicklung und Wartung von Computersoftware beispielsweise hat Indien seinen Exportumsatz in den letzten zehn Jahren verachtzigfacht (!), gleichwohl gibt es in Indien nach wie vor noch unglaublich viel schmutzige Industrie.
    Gerhard Ott vom Deutschen Nationalen Komitee des »World Energy Council« hat ein überraschendes Beispiel dafür parat, welche unerwarteten Nebenwirkungen die Globalisierung mitunter mit sich bringen kann. So trägt das via Satellit bis in die abgelegensten Winkel der Erde verbreitete Fernsehen offensichtlich ebenso zur unabdingbaren Senkung der Geburtenraten bei wie Anti-Baby-Pillen und Familienplanungsprogramme. Seifenopern treten in zeitliche Konkurrenz mit der schönsten Sache der Welt. Aber das kennen wir ja.
      
    1 R. Bailey, Eco-Scam, 1993. 2 R. Baileyjhe True State of the Planet, 1995. 3 BUND, Argumente: Umwelt contra Wirtschaft?, Juli 1994.

»Umweltschutz kostet Arbeitsplätze«
      
    Hier lohnt sich ein Blick auf die Nationen, die ihre Arbeitslosenquote gesenkt haben. In Staaten wie den Niederlanden, Dänemark, aber auch Neuseeland konnten die Arbeitslosenzahlen seit 1993 um ein Drittel verringert werden. Und das Sensationelle daran: Zugleich spielen diese Länder umweltpolitisch eine Vorreiterrolle. Auch in Schweden geht die Arbeitslosenquote zurück - wie insgesamt in den skandinavischen Ländern. »Die nordischen Länder haben neben anderen Umweltabgaben eine CO 2 -Steuer eingeführt und inzwischen sogar noch verschärft«, sagt der Berliner Wirtschaftswissenschaftler Martin Jänicke und fügt hinzu: »Umweltschutz ist also kein Hindernis, um im globalen Wettbewerb zu bestehen, vielmehr wird eine vernünftige Umweltpolitik zum Schlüsselindikator für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes.« 1 So wundert es denn auch nicht, daß Länder mit hohen Energiepreisen, wie Japan oder Deutschland, auf den Weltmärkten erfolgreicher agieren, als Länder mit viel niedrigeren Energiepreisen.
    Die Schweizer Bank Sarasin & Cie untersuchte gemeinsam mit dem wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum der Universität Basel den Zusammenhang zwischen den Umweltschutzmaßnahmen und ihrem Börsenwert. 2 Die Analysen kommen zu dem Schluß, daß Umweltschutz die sogenannten Werttreiber stärkt. Materialarme Technik erhöht den Unternehmenswert an der Börse- und rechnet sich meist schon heute (vergleiche »Die Industrie verbraucht immer mehr natürliche Ressourcen«, Seite 461). Ebenso wird das Vordringen in »grüne« Märkte als Zukunftskapital betrachtet. Ganz oben auf der Positivliste steht auch das Vermeiden von Risiken. Dazu zählen aus unternehmerischer Sicht durchaus auch höhere Energiepreise oder eine CO 2 -Steuer (was auf dasselbe hinausläuft). Beim Chemie-Giganten Sandoz wurden zum Zeitpunkt der Erhebung pro Tonne CO 2 10 000 Mark Gewinn gemacht, bei Hoechst hingegen nur 451 Mark. Im Krisenfall stünde Sandoz also sehr viel besser da. Hohe Umweltstandards sind für Unternehmen somit ebensoviel wert wie eine finanzielle Rücklage.
    In Deutschland werden mittlerweile etwa eine Million Arbeitsplätze dem Umweltschutz zugerechnet - etwa soviel wie der Automobilindustrie. Die Palette der grünen Arbeitsplätze gleicht dabei einer bunten Mischung: Gärtner und Schornsteinfeger, Straßenkehrer und Müllmann, Anlagenbauer und Schrotthändler, Professor und Verwaltungsangestellter. Nicht jeder dieser Arbeitsplätze wurde also neu geschaffen, und nicht jeder trägt sich. Die Wertschöpfung dürfte insgesamt unter der der Automobilindustrie liegen.
    Entscheidender sind deshalb die Arbeitsplätze, die nicht direkt dem Umweltschutz zugerechnet werden, aber dennoch davon profitieren. Und hierzu zählt gerade die Automobilindustrie. Neue, strengere Abgasgesetze bescherten ihr einen Nachfrageboom. Fahrzeuge ohne oder mit veraltetem Katalysator werden steuerlich inzwischen hoch belastet. Obwohl die Fahrzeuge durchaus noch einige Jahre brauchbar wären, werden sie von ihren Besitzern abgestoßen. VW-Chef Ferdinand Piech, gewiß kein Grüner, konstatiert zufrieden: »Autos altern heute politisch.«
    Eine ähnliche Entwicklung könnte beispielsweise auf dem Bausektor eintreten. Eine strengere Wärmeschutzverordnung würde nach einem Gutachten des Worldwide Fund for Nature (WWF) und des Deutschen Instituts für Wirtschaffsforschung (DIW) bis zu 80000 zusätzliche Jobs
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