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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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sich oft rasch heraus, daß die sogenannte Faktenlage keine ist.
    Unsere Quellen sind - neben eigener Recherche - Vorträge, Fachzeitschriften und Sachbücher, aber häufig auch die ganz normale Tageszeitung. Dieses Buch ist keine wissenschaftliche Abhandlung. Alle Fakten und Argumente, die wir zusammengetragen haben, sind allgemein zugänglich und standen häufig schlicht in der Zeitung. Dort prangten sie freilich nicht auf den Titelseiten, sondern fanden sich weiter hinten, versteckt unter »Wissenschaft« oder »Vermischtes«. Wenn als Quellen des öfteren Tages- oder Wochenzeitungen genannt werden, so stehen dahinter dennoch zumeist zitierte Erstveröffentlichungen aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften wie »nature« oder »Science«.
    Es geht uns nicht darum, einen Anspruch auf endgültige und allein selig machende Wahrheiten zu erheben. Es geht uns darum, aus den vereinzelten skeptischen Stimmen ein Gegenbild zusammenzufügen, das den Leser stimuliert, sich anschließend selbst eine Meinung zu bilden.
    Dieser Flickenteppich besteht mitunter aus ganz harmlosen Dingen, wie der berühmten Kiwi-Frucht, die seit Jahren als Symbol für unsere zu Fruchtfleisch gewordene Energieverschwendung herhalten muß - weil sie angeblich mit dem Flugzeug aus Neuseeland zu uns transportiert wird. Eine simple Nachfrage ergibt: Die meisten Kiwis kommen aus Italien - und diejenigen, die aus Neuseeland zu uns gelangen, werden mit dem Schiff transportiert. Kiwis sind kein ökologisches Problem. Doch die Fakten können dem Mythos schon lange nichts mehr anhaben.
    Während die Kiwi eher zu den amüsanten Irrtümern zählt, hört woanders der Spaß auf. So wird seit Jahren (unter anderem in den ARD-Tagesthemen) eine Zahl von 125000 durch den Reaktorunfall von Tschernobyl verursachten Todesfällen kolportiert. Inzwischen wissen wir: Die Zahl stammt vom ukrainischen Gesundheitsminister. Sie hat allerdings nichts mit Tschernobyl zu tun. Der Minister nannte vielmehr die Gesamtzahl aller in der Ukraine zwischen 1986 und 1995 verstorbenen, meist älteren Menschen (und wurde dabei bewußt oder unbewußt mißverstanden). Tatsächlich erlagen bislang etwa 50 Rettungshelfer den Strahlenfolgen, und die Mediziner zählen zirka 1500 zusätzliche Fälle von Schilddrüsenkrebs, der zum Glück meist geheilt werden kann.
    Ist das nicht Leid genug? Muß gebetsmühlenhaft eine aberwitzige Tschernobyl-Opferzahl beschworen werden? Wem soll das nutzen? Den Menschen in der Ukraine wird damit jedenfalls nicht geholfen. Dabei genügen die tatsächlichen Verhältnisse doch völlig für die Aussage: So etwas wie Tschernobyl darf nie wieder passieren. Wir glauben: Jeder, der sich für die Umwelt einsetzt, sollte bei der Wahrheit bleiben. Alles andere wird sich bitter rächen. »Das Dumme ist, daß die Reaktion der Leute, wenn man sie belügt, dann um so heftiger ist, wenn die Wahrheit durchsickert, was sie meist tut«, schrieb George Orwell.
    Dies ist kein Anti-Umweltschutz-Buch. Wir wollen das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Tschernobyl hat stattgefunden. Umweltverschmutzung und ökologischer Frevel sind keine Fata Morgana - und sie dauern an. Es gibt genügend echte Probleme auf der Welt:
      
    › Die Meere werden überfischt.
    › Die Regenwaldgebiete schrumpfen weiterhin (wenn auch langsamer und aus anderen Gründen, als uns manche weismachen wollen).
    › In den Ballungszentren vieler Entwicklungsländer sind Trinkwasser und Atemluft verseucht.
    › Die staatlich subventionierte Landwirtschaft in den Industrieländern verschmutzt die Umwelt und quält die Nutztiere.
    › Der internationale Boom der Naturmedizin (besonders in Asien) gefährdet den Bestand seltener Pflanzen und Tiere.
    › Die Massenmobilität bringt neue Umweltschäden hervor.
    › Und schließlich das größte globale Problem: die Armut. Millionen Menschen sind aus nackter Not gezwungen, die Natur zu plündern und die Umwelt zu verschmutzen.
      
    Unsere Korrektur von Irrtümern soll nicht die ökologische Herausforderung als solche in Frage stellen. Sie ist auch keine Aufforderung, die
    Hände in den Schoß zu legen. Wir wollen jedoch zeigen, daß es höchste Zeit wird, sich von Vorurteilen, ideologischen Blockaden und Halbwahrheiten zu verabschieden. Denn die permanente Übertreibung und Schwarzmalerei stumpft Leser und Zuschauer ab, macht sie langfristig taub für wirklich wichtige Umweltanliegen.
    Unter dem zugegebenermaßen holzschnittartigen Begriff »Öko-Irrtümer« haben
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