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Lewitscharoff, Sibylle

Lewitscharoff, Sibylle

Titel: Lewitscharoff, Sibylle
Autoren: Apostoloff
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Schlachthäusern
von Chicago, lesende Hunde. Ein sprechender Kugelblitz. Balkanverwicklungen der
amüsantesten Sorte.
    Kugelblitz
- gibt es nicht, erklärte der Energiewirt kategorisch. Sein Gesicht, ebenfalls
vom Alkohol gerötet, ruhte wie ein Euter auf seiner Brust.
    Und
ob! rief Tabakoff. Ganz Florida ist voll davon. Ich habe selbst einen am Strand
gesehen. Tolle Sache!
    Funktioniert,
sagte meine Schwester. Funktioniert, weil der Kugelblitz Skip heißt. Den Namen
des Kerls, der mit ihm spricht, habe ich vergessen.
    Sie
nahm einen tüchtigen Schluck Cognac und strahlte, obwohl ihr in die Welt der
amerikanischen Romane niemand folgen wollte.
    Wolfi
erzählte, er habe reichlich Kugelblitzartiges in der Nationalen Gemäldegalerie
gesehen. Solange die Bulgaren sich damit begnügt hätten, den französischen
Impressionismus zu kopieren, sei alles leidlich gut gegangen, aber dann!
    Explodierende
Erdbeermarmelade überm Weizenfeld. Iris rührte bei der Beschreibung eines
Bildes mit beiden Händen in der Luft herum.
    Die
grundvernünftige Frau des Rosenzüchters schaltete sich ein und bekundete
Mitleid mit den vielen armen Leuten in den Straßen. Wir sollten nicht so viel
schwätzen, sondern etwas tun.
    Das
wiederum brachte Tabakoff in Rage, den noch die harmloseste sozialfürsorgliche
Bemerkung an die Diktatur der Roten erinnerte: Mein Leben lang habe ich
versucht, meinen Landsleuten beizubringen, wie man Geschäfte macht, krähte er,
diesen Idioten habe ich meine besten Jahre gewidmet! Alles umsonst. Ist das
etwa kein Dienst an der Gesellschaft? Was?
    Alexander
lenkte das Gespräch ins unbedenklichere Fahrwasser der Kunst zurück: Diese
bulgarischen Künstler haben eine unheilvolle Manie mit Auroren, rotgelben Auroren.
Ich weiß nicht, wer ihnen das beigebracht hat. Die Futuristen?
    Stefan
schlug vor, den Bulgaren Pinsel und Farben wegzunehmen. Für hundert Jahre
mindestens.
    Moment
mal, sagte Wolfi und brachte mit der aufgehobenen Hand alle zum Schweigen: Die
Portraits aus dem achtzehnten Jahrhundert, noch nach den Gesetzen der
Ikonenmalerei verfertigt und doch völlig anders und völlig neu, sind absolut
bezaubernd.
    Wolfi
beugte sich vor und stellte behutsam sein Glas ab. Er verfüge nicht über die
Worte, um präzise zu beschreiben, was daran anders sei, aber er sei sich
sicher, dass es sich um außerordentliche Malerei handele, um berückend schöne
(er sagte tatsächlich berückend schöne und
setzte mich damit nicht zum ersten Mal in Verwunderung).
    Sie
sollen ein erstaunliches Gemälde in ihrem Depot verwahren, behauptete meine
Schwester: Hundert bulgarische Ammen reichen Stalin die
Brust. Da hatte sie bereits den dritten Cognac intus.
    Urteilen
wir nicht zu schnell, ermahnte uns Wolfi und hatte damit die Ehre der
Nationalen Gemäldegalerie erfolgreich verteidigt.
    Gegen
zwei schlug ich die Bettdecke zurück. Beim sanftmütigen Schein der
Nachttischlampe schaute ich noch eine Weile auf die dunkle Fensterfront.
Geduldige Stille. Wenn man ihn nicht jeden Tag genießt, hat Luxus etwas
ungemein Beruhigendes.
    Frühmorgens
wachte ich auf, weil Regen gegen die Scheiben geweht wurde. Ich spürte eine
leichte Reizung im Hals, und als eingefleischter Hypochonder, der jeden Vorwand
begrüßt, um im Bett zu bleiben, zumal in einem erzbequemen Paradebett,
beschloß ich, den Tag darin zu verbringen. Wozu in einer Stadt herumlaufen,
die man nicht leiden kann? Vielleicht war an dem Kratzen im Hals das Herannahen
des Tages schuld, an dem die Reste des Vaters zur Ruhe kommen sollten.
    Ich
will ein leeres Blatt werden, sagte der Vater, mich nicht länger hinter
Vorhängen und Wolken verstecken.
    Wer's
glaubt, wird selig, dachte ich. Mir würde genügen, wenn du mit dem blöden
Seiltrick aufhören könntest.
    Ich
mochte die hauseigenen Pantoffeln an meinen Füßen. Das Do-Not-Disturb-Schild
war rasch an den Türknauf gehängt. Ich beschloß, für alles Weitere nicht mehr
in Frage zu kommen, und schlief unter der warmen Decke alsbald wieder ein.
     
    Alles
Weitere bleibt geheim
     
    Der
Freitag war ein strahlend schöner Tag. Der Regen hatte den Schmutz von den
Scheiben gewaschen. Draußen glänzte alles wie frisch geputzt. Weil ich so lange
im Bett gelegen hatte, kam ich mir vor wie verholzt.
    Die
meisten von uns erschienen dunkel gekleidet zum Frühstück. Wir waren erregt und
zugleich gehemmt, versuchten der Gärung der Gemüter durch frivole Sprüche Herr
zu werden, aber an der Umständlichkeit, mit der wir uns winzige
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